Deutsche Rekord-EM im Tischtennis: Fünfmal Edelmetall für Sportsoldaten

Doppel Solja-Winter-F-EM13-1232_SnapseedViermal Gold, zweimal Silber, zweimal Bronze; insgesamt acht Medaillen in sechs Wettbewerben haben die Asse des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) bei den 32. Europameisterschaften in Schwechat (Österreich) geholt – Rekord in der 55-jährigen EM-Historie. Nach den zwei Titelgewinnen mit der Herren- und Damen-Mannschaft bestiegen auch Dimitrij Ovtcharov und das Doppel Sabine Winter/Petrissa Solja Europas Thron. Zudem gewann Shan Xiaona Silber im Damen-Einzel, Bastian Steger wiederholte seine Bronzemedaille von 2012. Auch Han Ying darf sich über Einzel-Bronze freuen, ebenso wie das Doppel Shan Xiaona/Zhenqi Barthel im Doppel über Silber. Insgesamt fünf Athleten von der Bundeswehr heimsten in Österreich Edelmetall ein.

Schwechat. Zuerst legte er ungläubig die Hände auf den Kopf, dann stieg er auf den Tisch, um sich feiern zu lassen und lief im Anschluss zu seiner Verlobten Jenny Mellström auf die Tribüne, um sich den verdienten Sieger-Kuss abzuholen. Der Einzel-Europameister 2013 heißt Dimitrij Ovtcharov. „Ich kann das gar nicht richtig fassen. Das ist nach Olympia der größte Erfolg in meiner Karriere“, sagte der 25-Jährige. Ovtcharov ist erst der dritte Deutsche nach Jörg Roßkopf (1992) und Timo Boll (2002, 2007, 2008, 2010-2012), der sich Europas Krone aufgesetzt hat. Im Finale besiegte der zweifache Olympia-Dritte von London 2012 den dreifachen Einzel-Europameister Vladimir Samsonov glatt in vier Sätzen. 2007 in Belgrad hatte Ovtcharov schon einmal Einzel-Bronze gewonnen. Er tritt die Nachfolge von Timo Boll an, der bereits sechsmal Einzel-Europameister wurde und in Schwechat krankheitsbedingt fehlte.

Ovtcharov-F-EM13_0223„Seine Zeit war reif“
Beim russischen Verein und Champions-League-Sieger Fakel Gazprom Orenburg sind sie erfolgreiche Teamkollegen, bei der EM standen sie sich in einem großen Finale gegenüber. „Das ist ein sehr ergreifender Moment für mich. Vladi war schon das Idol meiner Kindheit. Mit ihm spiele ich seit vier Jahren in der Mannschaft, er ist ein guter Freund. Wir kennen uns in- und auswendig. Heute lief einfach alles wie aus einem Guss“, sagte Ovtcharov. Nur im dritten Satz, als es nach einer 7:1-Führung plötzlich 8:10 stand, habe er etwas Sorge gehabt. Ansonsten dominierte der Deutsche die Partie klar.

„Seine Zeit war einfach reif. Dima ist ungeschlagen geblieben, er hat bei diesem Turnier in einer anderen Liga gespielt“, sagte Bundestrainer Jörg Roßkopf. In der Tat war es eine Demonstration der Stärke des Weltranglisten-Sechsten, der im Einzel-Wettbewerb in sechs Spielen gerade einmal drei Sätze abgab. „Es war klar, dass er bei diesem Turnier nur aus dem eigenen Lager gestoppt werden kann. Der einzige Spieler, der gegen Dima eine Chance hatte, war Basti (Bastian Steger)“, betonte Roßkopf.

Im Halbfinale war Ovtcharov gegen Nationalmannschaftskollege Bastian Steger mit 4:2 siegreich geblieben. Den ersten Satz gewann Steger sicher, im zweiten Durchgang stand es 8:7 für Steger, Ovtcharov nahm eine Auszeit und holte sich den Durchgang mit 11:9. „Wenn ich den Satz hole, glaube ich, dass ich gewinne. Dima war anfangs sehr nervös. Das war eine gute Chance, in das EM-Finale einzuziehen. Ich ärgere mich schon darüber. Aber dass ich hier Bronze gewinne, haben vorher die wenigsten gedacht. Das war ein gutes Turnier für mich“, sagte Steger. „Basti hat ein anderes Niveau als die anderen Gegner in den Runden zuvor. Er kennt mich sehr gut, spielt sehr schlau. Das war sehr hart“, hob Ovtcharov hervor.

Sie hat zwar zwei Finals verloren, aber bei ihrem EM-Debüt drei Medaillen gewonnen. Was die Zahl des Edelmetalls angeht, ist Shan Xiaona mit drei Medaillen die erfolgreichste deutsche Teilnehmerin bei den diesjährigen Titelkämpfen: Gold mit der Mannschaft, Silber im Doppel (mit Zhenqi Barthel) und Silber im Einzel. Viel zur goldenen fehlte nicht. Im Finale unterlag die amtierende deutsche Einzelmeisterin Li Fen (Schweden) in sechs Sätzen. Shan war nach dem Endspiel untröstlich. „Ich bin sehr traurig. Ich hatte meine Chance.“
Im internen Halbfinale hatte sie zuvor die bis dato während der EM ungeschlagenen Han Ying mit 4:1 die Oberhand behalten. „Sie kennt mich so gut, wir trainieren fast täglich. Sie kennt meine Schnittwechsel und kann mit ihren kurzen Noppen gut agieren“, erklärte Han. „Für mich ist das eine Motivation, noch mehr zu trainieren und besser zu werden. Ich bin aber glücklich über das, was ich hier erreicht habe.“

 

Doppel Solja-Winter-F-EM13-1237
Winter/Solja: German-Open-Sieger, Deutsche Meister und jetzt auch Europameister
German-Open-Sieger 2012, Deutsche Meister 2013 und nun auch Europameister – Hauptgefreite Sabine Winter und Petrissa Solja waren in Schwechat nicht zu schlagen und sind nun auf dem Kontinent die Nummer eins. Im ersten deutschen Damen-Doppel-Finale bei einer EM überhaupt bezwang das junge Duo seine Nationalteamkolleginnen Shan Xiaona/Zhenqi Barthel in sechs Sätzen – und nach einem 0:2-Rückstand. „Das toppt einfach alles“, sagte eine strahlende Sabine Winter. „Wir wussten, dass es schwer wird, haben aber an unsere Chance geglaubt.“ Für Petrissa Solja, die bei Linz AG Froschberg spielt und in Linz wohnt, war die EM fast ein Heimspiel. „Es ist schön, gerade hier den Titel gewonnen zu haben“, sagte Solja.

Für die Beteiligten war das Endspiel eine Art Déjà-vu-Erlebnis. Die Partie hatte es im März im Finale der Deutschen Meisterschaften schon einmal gegeben, damals hatten Shan/Barthel mit 2:0 geführt, ehe Winter/Solja die Partie drehten. Im Multiversum spielten sich ähnliche Szenen ab. Shan/Barthel erarbeiteten sich einen 2:0-Vorsprung, doch dann drehten Winter/Solja auf, fighteten sich zurück in das Match und lagen sich nach dem Matchball in den Armen. „Das war wie in Bamberg, wir haben nicht den besten Start erwischt, lagen 0:2 und 3:6 hinten. Wir sind aber ruhig geblieben und haben an unsere Stärken geglaubt“, sagte Winter. Schon im Halbfinale gegen Dvorak/Shen (Spanien) hatten die 19-jährige Solja und die 20-jährige Winter einen 1:3-Rückstand in einen 4:3-Sieg umgemünzt und keine Nerven gezeigt. „Sabine und Peti haben ganz toll gespielt, wenn der Ballwechsel einmal lief, hatten wir eigentlich keine Chance“, erkannte Shan Xiaona neidlos an. Für Shans Doppelpartnerin, die deutsche Einzel-Meisterin von 2011 und 2006, Zhenqi Barthel, war es nach Bronze 2009 in Stuttgart die zweite EM-Medaille im Doppel.

Bereits ein paar Tage zuvor hatten die beiden deutschen Mannschaften im Team-Wettbewerb erstmals in der EM-Geschichte beide Goldmedaillen gewonnen. Die Herren mit Dimitrij Ovtcharov, Patrick Baum (Stabsunteroffizier), Bastian Steger, Patrick Franziska und Ruwen Filus (Stabsunteroffizier) schlugen im Finale das Überraschungsteam Griechenland mit 3:1, die Damen mit Kristin Silbereisen (Oberfeldwebel), Han Ying, Shan Xiaona, Petrissa Solja, Wu Jiaduo (Unteroffizier) bezwangen in einem dramatischen und hochklassigen Match Rumänien ebenfalls mit 3:1.

„Wir haben EM-Geschichte geschrieben“

Nach zehn Tagen Europameisterschaften in Schwechat, acht Medaillen und davon viermal Gold in sechs Wettbewerben fiel das Fazit des DTTB-Sportdirektors entsprechend aus: „Wir haben Rekorde aufgestellt und EM-Geschichte geschrieben. Der Erfolg ist aber kein Zufall“, erklärte Dirk Schimmelpfennig. „Die überragende EM bestärkt uns beim Angriff auf die Konkurrenz aus China und Asien. Die Resultate geben uns auch einen Schub Richtung Olympia in Rio“, sagte Schimmelpfennig.

Text & Bilder: Deutscher Tischtennis-Bund

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