Minentaucher feiern 50-jähriges Jubiläum

Der PACK POD_ein ferngesteuertes Fahrtzeug mit angebautem Wassergewehr dem RICHMOND vor einem Minentaucher im Bombenschutzanzug 9A_SnapseedWenn Minentaucher ein Jubiläum feiern, dann kann man sicher sein, dass ihr Motto „nec aspera terrent“- „Widrigkeiten schrecken nicht“ gelebt wird. Trotz eher herbstlichen Wetters mit Sonne, Regen und Wind im munteren Wechselspiel, ließen sich die Jubilare nicht abschrecken und zeigten der Öffentlichkeit einen Querschnitt Ihrer Fähigkeiten.
Das Wasser ist unruhig und durch den böigen Wind werden dichte Regenwolken über den Kranzfelder Hafen in Eckernförde getrieben. Schnell nähert sich ein Schlauchboot einem im Wasser treibenden kugelförmigen Objekt mit Dornen, einer Treibmine. In sicherer Entfernung stoppt das Boot, ein Minentaucher geht zu Wasser und nähert sich der Übungsmine, die keinen Sprengstoff enthält.

„Normalerweise sind in solchen Minen ca. 40 Kg Sprengstoff und sie befinden sich 3-4m unter der Wasseroberfläche“, erklärt Stabsbootsmann Willy H. (51) den Hintergrund für das Szenario. „Aber es kann immer vorkommen, dass sich der Kopf von der Verankerung löst, auftaucht und durch Wind und Strömungen unberechenbar umhergetrieben wird“, beschreibt der Minentaucher die Gefahr, die von einer solchen Mine ausgehen kann.
Das Anbringen der sogenannten Vernichtungsladung ist für den Minentaucher Obermaat Marcel L. bei dem Wetter und dem Wellengang gar nicht so einfach. Mit vorsichtigen Bewegungen und hochkonzentriert versucht er die Auslöser der Mine nicht zu berühren. Nachdem er zwei Sprengsätze angebracht hat und wieder zum wartenden Schlauchboot zurückgekehrt ist, erfolgt die Zündung per Funk. Statt einer Wasserfontaine und eines lauten Knalles steigt diesmal brauner Rauch an der Mine auf um deren Zerstörung darzustellen. Was von den zahlreichen Besuchern mit spontanen und lauten Applaus quittiert wurde.

Ein Schuss mit dem Richmond_der Wasserkanone des Pack Pod zersört das verdächtige ObjektSzenenwechsel
An einem Wohnblock wurde ein verdächtiges Paket entdeckt aus dem Kabel herausragen. Um die Situation richtig einzuschätzen und keine Soldaten zu gefährden, kommt jetzt der „Pack Pod“, ein ferngesteuerter Roboter, zum Einsatz. Mithilfe einer eingebauten Videokamera kann der Soldat so den Gegenstand aus sicherer Entfernung untersuchen. Schnell wird die Entscheidung gefällt, dass das verdächtige Objekt mit dem „Richmond“, dem Wassergewehr, unschädlich gemacht werden soll.
Nachdem das Gewehr mit Wasser befüllt und die Zündvorrichtung angebracht ist fährt der Minentaucher den Roboter zur Fundstelle. Per Joystick wird der Arbeitsarm mit dem angebauten Gewehr in die richtige Position gebracht und der Schuss gezündet. Was nun folgt ist ein lauter Knall gefolgt von einer Rauch- und Dreckwolke. „Durch die Geschwindigkeit und den Druck des Wassers hat ein Zünder keine Chance auszulösen“, erklärt der Kompaniechef der Minentaucherkompanie, Kapitänleutnant Dennis Leukert. Trotz aller Technik kommt es am Ende immer noch auf den Menschen und seine Fähigkeiten an. Auch in diesem Fall muss ein Minentaucher den knapp 40 Kg schweren Bombenschutzanzug anlegen und die Situation vor Ort beurteilen.
Auch wenn sich unter den Zuschauern viele aktive und ehemalige Minentaucher mit ihren Familien befunden haben, waren diese von den Übungen und Fähigkeiten sichtlich beeindruckt. Auch Klaus Müller, Minentaucher der ersten Generation, sprach lobende Worte gegenüber seiner ehemaligen Kompanie aus. „Alles was wir damals aufgebaut haben, hat heute noch seinen Bestand und seinen Wert“, resümiert der ehemalige Kapitänleutnant.

Taucher klar_Minentaucher sind Elite
Seit der Gründung der Minentaucherkompanie am 1. Oktober 1964 haben es nicht einmal 1.000 Soldaten geschafft, das begehrte Minentaucherabzeichen zu erlangen. Derzeit sind rund 30 aktive Minentaucher in der Kompanie und etwa 20 weitere innerhalb der Flotte eingesetzt „Unsere Aufgaben- und Einsatzbereiche haben sich in den letzten fünf Dekaden immer wieder gewandelt“, so der Chef der Minentaucherkompanie Dennis Leukert. „Daher werden wir das Jubiläum nach den Vorführungen durch einen großen Ball am Abend mit etwa 500 Gästen und einem anschließendem Feuerwerk gebührend feiern“, freut sich der gebürtige Berliner.
Minentaucher wurden anfangs ausschließlich in deutschen Hoheitsgewässern zur Räumung von Seeminen aus dem 2. Weltkrieg eingesetzt. Bald kamen weitere Einsatzgebiete und Aufgabenbereiche hinzu. Im Rahmen mandatierter Landeinsätze z.B. auf dem Balkan, im Irak oder auch in Afghanistan beseitigten sie Kampfmittel oder waren in ihrem „klassischen“ Element am Horn von Afrika oder vor der Küste des Libanon tätig. Aufgrund der intensiven Ausbildung und der damit verbundenen Befähigung bis zu einer Tiefe von 50 Metern tauchen zu dürfen, werden die Spezialisten aus Eckernförde auch von zivilen Stellen hinzugezogen. Im Rahmen der sogenannten Amtshilfe unterstützen sie beispielsweise die Landesräumkommandos bei der Suche nach Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee.

„Minentaucher zu sein ist etwas für Menschen, die eine geistig und körperlich anspruchsvolle Tätigkeit erleben wollen“, so Fregattenkapitän Arne Björn Krüger, Kommandeur des Seebataillons. „Minentaucher werden nicht nur auf seegehenden Einheiten der Marine, sondern auch an Land eingesetzt“, erzählt Fregattenkapitän Krüger, der selbst auch das begehrte Minentaucherabzeichen trägt.

Die Geschichte der Minentaucher
Die Minentaucherkompanie war viele Jahre eine selbständige Einheit. 1991 wurde sie gemeinsam mit der Kampfschwimmerkompanie zur Waffentauchergruppe umgegliedert. 2001 ging aus der Waffentauchergruppe dann das Bataillon Spezialisierter Kräfte hervor. 2003 formierten sich die Spezialisierten Einsatzkräfte Marine (SEK M). Die SEK M gliederten sich in die Kampfschwimmerkompanie, die Minentaucherkompanie, die Boardingkompanie und eine Ausbildungsinspektion sowie weitere Unterstützungselemente. Am ersten April diesen Jahres formierte sich im Zuge der Umstrukturierung der Marine das Seebataillon, dem die Minentaucherkompanie angehört. Das Seebataillon ist mit seinen 800 Soldaten der größte „grüne“ Verband der Marine.
Die Aufgaben der Marine sind weltweit gewachsen. Es gilt Seewege zu schützen, Terroranschläge abzuwehren, Rettungs- und Evakuierungseinsätze durchzuführen oder Piraterie zu verhindern. Dazu kommen die Bekämpfung von Kampfmitteln unter Wasser und an Land. Unter dem Motto „Vom Land zum Meer – Vom Meer zum Land“ decken die Soldaten des Seebataillons mit ihrem außergewöhnlichen und umfassenden Fähigkeitsspektrum die Bereiche Marineinfanterie, Aufklärung, Kampfmittelbeseitigung und Boarding ab.

Text : Thomas Lerdo / Hauptbootsmann / PIZ Marine ASt Eckernförde
Fotos : Thomas Lerdo / Hauptbootsmann / PIZ Marine ASt Eckernförde

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