Bundeswehr-Angehörige erwerben AFF-Lehrberechtigung

Der Deutsche Fallschirmsportverband (DFV) bietet für interessierte Sprunglehrer/-innen in jedem Jahr drei Prüfungslehrgänge für den Erwerb der sog. AFF-Lehrberechtigung an. AFF steht für „Accelerated Free-Fall“ und hat mittlerweile als effektivste Ausbildungsmethode um „Fußgänger“ zu Freifall-Springern auszubilden, der sog. „konventionellen“ Ausbildung (mit automatischen Sprüngen und danach zum Solo-Freifall) längst den Rang abgelaufen.

Bei der AFF-Methode ist der Ausbildungsgang des Sprungschülers in sieben (7) sog. „Level“ gestuft und es wird nach 2 – 3 Tagen intensiver Boden-Vorbereitungsausbildung in Theorie und Praxis, direkt beim allerersten Sprung des „Fußgänger“-Sprungschülers aus 4.000 m Höhe gesprungen, begleitet und festgehalten von zwei Lehrern mit dieser speziellen AFF-Lehrbefähigung. Aus dieser „Ultra-Kurzbeschreibung“ geht m. E. auch für Laien schon hervor, welch hohe Qualifikation an die Freifall-Fertigkeiten und das Verantwortungsbewusstsein der AFF-Sprunglehrer zu stellen ist, zumal ab Level 4 nur noch ein AFF-Sprunglehrer den Sprungschüler im Freifall begleitet.

Nach erfolgreichem Absolvieren und Erfüllen der jeweiligen Anforderungen dieser 7 Level (im optimalen Fall = 7 Sprünge) kann der Schüler ab dem 8ten Sprung seine restlichen Ausbildungssprünge „SOLO“ absolvieren und wird nur noch vom Boden bzw. durch Freifall-Video betreut. Mit insgesamt mind. 25 Freifallsprüngen und nach Bestehen einer theoretischen und praktischen Prüfung, wird dem Sprungschüler dann der Luftfahrerschein (auch einfach LIZENZ genannt) ausgehändigt.

Diese Ausführungen sollen die sehr hohen Anforderungen an die AFF-Lehreranwärter und den herausragenden Stellenwert dieser besonderen Form der Lehrberechtigung verdeutlichen. Als Grundvoraussetzungen für die Teilnahme an der Prüfung sind übrigens mind. 500 Freifall-Sprünge mit mind. 5 Std. addierter Freifallzeit gefordert.

Der erste Inlands-Lehrgang 2015 (einer findet immer in den Wintermonaten im Ausland statt) wurde Ende April im FALLSCHIRMSPORTZENTRUM (FSZ) SAAR am Sprungplatz in Wallerfangen-DÜREN (Saarland) durchgeführt.

Insgesamt 12 Sprunglehrer und 5 Sprunglehrerinnen stellten sich der sehr schwierigen Aufgabe und den Anforderungen und Bewertungen der acht (8) Prüfer (intern auch EXAMINER genannt) und starteten nach einer dreitägigen speziellen Vorbereitungsphase am Montag, 27.04.2015, mit den „echten“ Prüfungssprüngen.

Dabei gilt es, neben den notwendigen Punktzahlen für die bewerteten Sprungvorbereitungs- und Nachbereitungs-Briefings, bei sechs (6) maximal möglichen Wertungssprüngen die notwendige Mindestzahl von 12 Punkten zu erzielen. Wer diese 12 Punkte bei 6 Sprüngen nicht erreicht, hat die Prüfung nicht bestanden.

Die einzelnen Wertungssprünge werden dabei per Luft-Video aufgezeichnet, um ggf. eine objektivere Kontrolle der Bewertung und Punktevergabe des Examiners sicherstellen zu können.

Mit von dieser „Prüfungs-Partie“ waren auch fünf (5) Bundeswehrangehörige, wovon zwei, nämlich SFw Uwe BERENS und SFw Ralf KOHR, aus den Reihen des Fallschirmjägerregiments 26 und mit OFw Elischa WEBER, Fw Daniel BORN und Fw Evangelina „Evi“ WARICH drei Sportsoldaten aus der Sportfördergruppe Fallschirmspringen in Altenstadt kamen.

Für den Bereich der „alten Troupiers“ zieht nachfolgend SFw Ralf Kohr seine persönliche Bilanz und für die „jungen Berufsspringer“ der Sportsoldaten schildert die Sportsoldatin Fw Evangelina „Evi“ Warich ihre Motive und Eindrücke der erfolgreichen Lehrgangsteilnahme.

StFw Ralf Kohr, 49 Jahre alt und Soldat seit 1986 ist Nachprüfer für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät, Ausbildungsleiter für militärisches Gleitfallschirmspringen und Spezialist für Sauerstoffversorgung im Fallschirmgleiteinsatz. Seine zivile Lehrberechtigung für konventionelle Sprungausbildung, erworben im März 2012, wollte er jetzt mit der AFF-Lehrbefähigung „krönen“.  Hier sein Bericht:

Motivation:

Als hoch qualifizierter und gut ausgebildeter Soldat in der Fallschirmtechnik mit dem persönlichen Ehrgeiz der Wissens und Erfahrungsweitergabe, konnte das im Bereich des Freifallspringens noch nicht alles gewesen sein.

Trotz großer Erfahrung und hoher Sprungzahl musste ich für diese Aufgabe allerdings quasi nochmals neu beginnen.

Vorbereitung und Prüfungsablauf:

Warum tust du dir das noch an?? Die Frage stellte ich mir zwischendurch öfter, aber es ging immer weiter. Windtunnel, Theorie, Körper, Kopf, Aua.

Dank der tatkräftigen Unterstützung von Thomas Schneider und seinem extrem starken Nervenkostüm im Windtunnel, habe ich mich durch die individuelle Vorbereitung „geboxt“ und stand tatsächlich im offiziellen Vorbereitungskurs der vom 23.04 – 26.04.15 im FSZ Saar in Düren stattfand.

Jetzt galt es bei den Probesprüngen alles umzusetzen, was man im Windtunnel erlernt hatte. Horizontal-Drehungen der „Schüler“ stoppen mit verschiedenen Techniken, Umdreh-Technik bei auf dem Rücken liegenden Schülern; während des Sprungs geistig in „Echtzeit“ mithalten, inklusive der exakten Einhaltung verschiedener Sicherheitshöhen; im Debriefing Wiedergabe des Sprungablaufs und Besprechen eventueller Verbesserung für den nächsten Sprung, usw. usw…..

Wegen Rückenschmerzen zwei Tage selbst auferlegte Sprungabstinenz, heißt: Verschenken von Vorbereitungszeit und -sprüngen.

Und wieder der Kopf:“Schaffst du das noch oder wirfst du doch hin“? Dank der „Motivations-Schubser“ durch meinen „Buddy“ Uwe Berens, mit dem es schon bei den Probesprüngen und –briefings gut im Team geklappt hat, war es dann doch soweit: Prüfungsbeginn.

Die Briefings als Team: Ok. War doch gar nicht so schlecht. Also, reiß‘ Dich zusammen.

Meine persönliche Zielsetzung: aus dem ersten Prüfungs-Sprungtag gehst du mit 5 Punkten raus. Es wurden 6 Punkte !!…..

Das gab mir Selbstvertrauen und frischen Mut, das funktioniert, das kannst du. Nochmal alle Sinne zusammen und in den zweiten Sprungtag.

… Es hat geklappt!

Ich kann das Gefühl nach Erreichen der geforderten Punktzahl nicht wiedergeben und habe selbst lange gebraucht, mich zu sammeln und die jüngsten Erfahrungen Revue passieren zu lassen.

Ich wollte es immer noch nicht glauben: ich hatte es mir und meinem „inneren Schweinehund“ tatsächlich gezeigt.

Bei den beiden letzten noch benötigten Briefings half natürlich die Routine von 29 Dienstjahren in der militärischen Ausbildung. Etwas Erfindungsreichtum in der Methodik und in der Didaktik, gemischt mit einem Schuss Improvisation haben auch hier zum Erfolg geführt.

Ich bin sicher, keiner meiner Kurs-Mitstreiter war mehr stolz auf sich selbst als ich.

Fazit:

Ich habe die „höchste Weihe“ in der Freifallausbildung erhalten. Aus- und Weiterbilden, vor allem aber die Weitergabe von Erfahrenem wird mein Anspruch in der Zukunft sein.

Aber eines steht für mich fest: ich habe in meinem Leben 17 Marathon- und 23 Halbmarathonläufe absolviert; keiner davon hat mich mental so gefordert, wie diese Ausbildung zum AFF-Sprunglehrer.

Danke dafür an das gesamte Organisations-Team, die Examiner-Crew unter der Führung von Lehrgangsleiter Thomas Schneider, besonders aber an meinen „Buddy“ Uwe.

 

Fw Evangelina Warich, Jahrgang 1989, (zivile) Springerin seit 2006, hat die Sprunglehrberechtigung seit 2009, mittlerweile mehr als 2.600 Freifallsprünge, ist eine von (nur) 14 aktiven weiblichen Tandem-Springern in Deutschland und seit Februar 2011 Sportsoldatin in der Sportfördergruppe Fallschirmspringen in Altenstadt/Obb., wo sie als Wettkämpferin zahlreiche Medaillen und Erfolge bei nationalen und internationalen Meisterschaften erringen konnte. Ihr größter Erfolg war der dreifache Goldmedaillen-Gewinn bei den Juniorinnen anlässlich der Militär-Weltmeisterschaft (CISM) im Fallschirmspringen in 2013.

Nachfolgend ihre Eindrücke vom Erwerb der AFF-Lehrbefähigung:

Ich springe seit ich 16 Jahre alt bin und war von Anfang an Wettkampf orientiert; 2009- 2012 Mitgründerin und Teammitglied des 4er Frauen-Freifall-Formations-Teams SCHMETTERDING.

Seit 2011 bin ich hauptberufliche Fallschirmspringerin bei der Sportfördergruppe und trainiere jeden Tag. Somit konnte ich in kurzer Zeit sehr viele Sprünge machen und viel Erfahrung sammeln.

Seit 2009 bin ich Sprunglehrerin für konventionelle Ausbildung. Ich suchte jetzt eine neue Herausforderung und somit machte ich erst die Ausbildung zur Tandem-Pilotin (= Springen mit Gast) und kurz darauf den Prüfungslehrgang als AFF-Sprunglehrerin beim FSZ Saar.

Diese beiden Lehrgänge waren tatsächlich wieder eine ganz neue Herausforderung und Erfahrung. Durch meinen aktuellen Beruf fühlte ich mich auf den Lehrgang dennoch sehr gut vorbereitet und hatte mit Elischa Weber einen perfekten Partner an meiner Seite.

Wir sind schon ein eingespieltes Team und hatten gegenseitiges Vertrauen, welches uns sowohl bei der Theorieprüfung als auch bei den praktischen Prüfungssprüngen sehr geholfen hat.

Dennoch war auch für uns so ein anspruchsvoller Prüfungs-Lehrgang kein „Spaziergang“. Obwohl wir tagtäglich damit zu tun haben, waren die Arbeitstage sehr lang und anstrengend, da es viel neuen Input gab, der verarbeitet werden musste.

Das Team von FSZ Saar ermöglichte perfekte Rahmenbedingungen und unterstütze uns tatkräftig in allen Belangen. Das Examiner-Team war ebenfalls sehr erfolgreich darin, uns für die anstehenden Aufgaben vorzubereiten.

Als sehr positiv und hilfreich empfand ich auch, dass alle Anwärter sehr schnell ein Team waren und sich gegenseitig unterstützt haben.

Fazit:

Eine anstrengende, aber schöne und lehrreiche Woche mit vielen neuen und netten Springern, bei einem klasse Team des FSZ Saar, guten Rahmenbedingungen, super Infrastruktur und:

eine bestandene Prüfung und eine neue Verantwortung…..!!

Nach meinen ersten „scharfen“ Ausbildungssprüngen mit echten AFF Schülern fühle ich mich noch mehr bestätigt und kann aus Überzeugung sagen: es hat sich wirklich gelohnt.

Es macht so viel Spaß und mich unglaublich stolz und glücklich, wenn mich „meine“ Schüler im Freifall anlachen und happy und sicher wieder am Boden ankommen, regelrecht fasziniert und infiziert von diesem unglaublichen Sport. Gleiches gilt auch für meine Tandemgäste.

 

Abschließend bleibt für die Statistik noch festzuhalten, dass von den 17 Anwärtern/Anwärterinnen, die zur Prüfung angetreten sind, 13 die Prüfungen bestanden haben und den begehrten Eintrag „Sprunglehrer MIT AFF-Befähigung“ in ihre Lizenz erhalten haben.

Helmut Bastuck/DFV

AFF-Lehrgang_01

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