Heeres-Sportskanone und Kampagnenschmied – Jürgen Fischer, Oberstleutnant und Marathonläufer

Im Strausberger Kommando Heer ist Oberstleutnant Jürgen Fischer für die Strategische Kommunikation der deutschen Landstreitkräfte zuständig. „WIR SIND DAS HEER – WIR KÖNNEN KÄMPFEN“, schallt es seit einiger Zeit quasi unüberhörbar aus der Von-Hardenberg-Kaserne, dem Dienstsitz wie der Wirkungsstätte des engagierten 50-Plus-Langstreckenläufers. Nachlesen kann man die Heeres-Botschaft längst auch auf zahlreichen Plakaten, Imageflyern und im Internetauftritt des Deutschen Heeres. Das Heeres-Leitbild, für das Jürgen Fischer als Spirtus Rector zeichnet, dient dabei als Identifikation und Richtschur – versinnbildlicht neben der hochprofessioneller und stringent einsatznah gestrickter militärischer Kernkompetenz vor allem die Menschen, die für die Glaubhaftigkeit dieser streitbaren Botschaften einstehen.

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Zudem soll das neue Format für alle Heeressoldaten eine jeden einzelnen Kämpfer verbindende Klammer bilden. Mit der frisch initiierten Heeres-Kampagne ist der Stabsoffizier nicht nur dienstlich sondern auch höchst empathisch verwoben. Stets für jedermann sichtbar trägt Jürgen Fischer das Heeres-Label auf dem Laufsportdress. So wie beim BIG25, wo er inmitten Tausender für offizielle Wahrnehmung sorgte. Und natürlich warb die wehrhafte Losung der Landstreitkräfte unter Laufsportlern wie Zuschauern auch dafür, dass das Heer dem Schutz Deutschlands und seiner Bürger dient. Der Berliner Sportjournalist Volker Schubert interviewte den laufaffinen Stabsoffizier zu seiner sportlichen Vita aber auch zu den Botschaften, die Jürgen Fischer mit der Kampagne wie mit seinem persönlichen Einsatz regelmäßig in die interne und die externe Öffentlichkeit trägt.

Bundeswehr Sportmagazin: Jürgen, Ausdauersport, wie Laufen oder Triathlon, sind zwar einerseits ungebrochen im Trend, aber andererseits, vor allem was die Leistungsorientierung betrifft, in Deutschland wirklich nicht jedermanns Sache. Mittlerweile hast du den Marathon mit einer Zeit von unter drei Stunden absolviert und eine 37-iger Zeit über die zehn Kilometer zu stehen. Das sind, bezogen auf dein Alter, überaus respektable, ja weit überdurchschnittliche Leistungen. Über welche sportlichen Stationen bist du zum Langstreckenlauf gekommen und was war die Initialzündung für den Einstieg in die leichtathletische Kerndisziplin Marathonlauf?

Jürgen Fischer: Sport gehörte für mich schon immer dazu. Allerdings war ich nie ein Läufer, schon gar kein Langstreckenläufer. Zum Laufen und speziell zum Marathon bin ich recht spät gekommen, so mit Ende 20. Irgendwann wechselte ich dann zum Triathlon. Das große Ziel in der Ferne war natürlich die Teilnahme beim Ironman auf Hawaii. In 2003 und 2004 hatte ich mich dann auch für das Rennen auf dem pazifischen Lavabrocken im qualifiziert. Ein tolles Erlebnis.

Irgendwann bekam ich jedoch Knieprobleme und musste für zwei Jahre komplett aussetzen. Seit 2013 vollends kuriert, bin ich nun wieder beim einen oder anderen Wettkampf am Start.

Bundeswehr Sportmagazin: Ein exzellenter Marathonlauf verlangt neben hoher psychischer Fokussierung vor allem einen gut abgestimmten Mix von ausdauerintensiven wie von schnelligkeitsakzentuierten Laufeinheiten. Der BIG25 war für dich, allen Sturmböen zum Trotze, deshalb ein sehr erfolgreicher Test für deinen Jahreshöhepunkt, den Strausberg-Marathon. Wie hast du dich über die Monate hinweg für das Ziel, nahe deiner Kasernenmauern erneut klar unter drei Stunden zu laufen, vorbreitet?

Jürgen Fischer: Ich habe über den Winter einige Crossläufe gemacht, und als ich mich im Februar für den Strausberg-Marathon anmeldete, habe ich mich natürlich daran gesetzt und einen seriösen Trainingsplan ausgearbeitet. Seit Mitte April arbeite ich den nun auch eisern ab. Man bekommt ja bekanntlich nur das wieder raus, was man vorher eingezahlt hat.

Bundeswehr Sportmagazin: Work-Life-Balance wird auch in den Streitkräften immer mehr zum Thema, wie die Attraktivitätsagenda aktuell postuliert. Dahinter verbirgt sich die Ausgewogenheit von beruflichem Engagement und individueller Lebensgestaltung. Wie verträgt sich das alles mit deinem ganz persönlichen Lebensstil, deinem Familienleben und deinen Sportambitionen, denn das Marathontraining ist ja auch sehr zeitaufwendig und verlangt ebenso nach belastungskompensierenden Regenerationsphasen?

Jürgen Fischer: Will nicht behaupten, dass ich laufabhängig bin, aber Ausdauersport hilft mir schon sehr gut, die berufliche Spitzenbelastungen besser zu kompensieren. Es hilft einfach, wenn man mal für eine Stunde an die frische Luft geht und sich bewegt. Man bringt eben mehr Leistung, wenn man ausgeglichen ist. Die Zeit investiere ich gern, weil ich weiß, dass ich mich durch das Laufen einfach besser fühle.

Bundeswehr Sportmagazin: Der US-General und frühere ISAF-Kommandeur David Petraeus war am Hindukusch als asketisch-zäher Morgenläufer und Fitnesssportler bekannt; einer der sich mit großer Disziplin und mit dem durchaus gesunden Quäntchen Eitelkeit regelmäßig mit Ausdauersport und „unendlichen“ Liegestützserien fit hielt. Deutsche Stabsoffiziere und Generale älteren Semesters gelten in der Truppe gemeinhin ja nicht gerade als fleißige Athleten. Junge Mannschaftsoldaten und Feldwebel hingeben scheinen ihre Fitness tendenziell wohl eher über Oberarmumfänge zu definieren – Leichtathletik rangiert da nicht gerade ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Sind das alles Fehlwahrnehmungen? Wie fit ist die Heerestruppe nach deiner Einschätzung wirklich und wo hapert es gewaltig? Und wie sollte ein militärsportliches Training, das über alle Dienstgradgruppen hinweg verbindet – zudem alters- und einsatzgerecht gestaltet – konzipiert sein?

Jürgen Fischer: Laufen allein macht es jedenfalls nicht aus. Im Grunde genommen glaube ich, dass es erstmal egal ist, welchen Sport der Soldat treibt. Ich bin sicher, egal was man macht, Kraftsport, Fußball oder auch Nordick-Walking, die Hauptsache ist, die Leute bewegen sich. Jeder muss für sich eine geeignete Möglichkeit finden, seinen Körper fit zu halten. Im Grunde ist da auch jeder selbst für verantwortlich.

Manch einer braucht eben länger bis er merkt, dass sportliche Aktivität nicht für die Bundeswehr, sondern vor allem auch für sein eigenes Wohlbefinden wichtig ist. Ich bin überzeugt, dass die, die regelmäßig Sport treiben und sich vernünftig ernähren, mehr vom Leben haben.

Bundeswehr Sportmagazin: Offiziell steht körperliche Fitness besonders bei den Landstreitkräften hoch im Kurs. Trotz aller Technik, Heeressoldaten kämpfen „Boots on the Ground“, sind immer mittendrin, wenn es gefährlich wird und wie ja auch die Verluste unter den Kampftruppen bei der ISAF-Mission zeigte. Welche Rolle spielt deiner Meinung nach der Ausdauersport, speziell der Langstreckenlauf, für die militärische Fitness aber auch die psychische Robustheit?

Jürgen Fischer: Für mich persönlich hat das Training einen hohen Stellenwert. Ich wollte beispielsweise im Einsatz nie anderen zur Last fallen. Das allein war schon Grund genug, etwas für die Fitness zu tun. Und ich weiß, dass viele meiner Kameraden ebenso denken.

Bundeswehr Sportmagazin: Beim Kommando Heer befindet sich das Gesundheitsmanagement derzeit in der Implementierungsphase. Neben dem fürsorglichen Aspekt der Prävention, geht von der Initiative auch eine generelle gesundheitspolitische Signalwirkung aus. Das ist zuvorderst natürlich eine strategische Botschaft von streitkräftegemeinsamer Bedeutung. Sind hierin auch spezielle Belange erkennbar, die nach heeresspezifischen  Ableitungen verlangen, Stichwort körperlich fordernde Ausbildungs- und Einsatzbelastungen Fallschirmjägerdienst versus IT-Soldatentätigkeit in der Streitkräftebasis, die nun mal mehr Sitzfleisch am PC verlangt?

Jürgen Fischer: Robustheit und Durchhaltefähigkeit sind klassische Anforderungen an uns Soldaten. Und bekanntlich steckt in einem gesunden Körper ja auch ein gesunder Geist. Damit das aber keine Floskeln bleiben, bereitet eine Arbeitsgruppe bei uns derzeit die gesamte Thematik auf. Wichtig ist aber, das bei allen Soldaten – Vorgesetzen und Untergebenen gleichermaßen – die Erkenntnis reift, dass Sport dazu beitragen kann, dass man sich besser fühlt und die Leistungsfähigkeit insgesamt steigern kann.

Bundeswehr Sportmagazin: Paul Schmidt, der in der Sportmedizin der Berliner Charité arbeitende Arzt, der beim BIG25 schnellster Europäer war, will zum Ende des Jahres Sanitätsreserveoffiziere werden und sich im Gesundheitsmanagement der Truppe engagieren. Der Sportmediziner strebt zudem an, die sportwissenschaftliche Expertise seiner Medizinfakultät stärker mit der Bundeswehr vernetzen zu helfen. Neben lebenslangem Lernen, argumentiert Schmidt auch für die Idee des lebenslangen Sporttreibens. Sein Untersuchungsfeld sind dabei auch die leitungssportlichen Ambitionen von Senioren. Wie wichtig sind solche zivilmedizinischen und sanitätsdienstlichen Initiativen einzuschätzen? Könnte dabei auch eine unmittelbare Wertschöpfung für den Sportbetrieb in der (Heeres-) Truppe entstehen?    

Jürgen Fischer: Davon bin ich überzeugt. Betriebliches Gesundheitsmanagement ist bei uns gerade ein großes Thema. Ich finde es gut, wenn diese Sache mit wissenschaftlicher Unterstützung vorangetrieben wird. Vielleicht gelingt es ja, Paul Schmidt für das Projekt zu gewinnen. Ich würde mich jedenfalls freuen.

Bundeswehr Sportmagazin: Jürgen, danke für das Gespräch und toi, toi, toi für deine Strausberger Ambitionen.

Interview und Fotos: Volker Schubert

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  1. Thomas peters sagt:

    Hallo Sportfreunde, kleiner Hinweis: Strausberg wird nicht mit „ß“ geschrieben. Viele Grüße Thomas

    „Im Straußberger Kommando Heer ist Oberstleutnant Jürgen Fischer für die Strategische Kommunikation der deutschen Landstreitkräfte zuständig.“

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