Lizenzverlängerung des „Trainer-C-Breitensport Mountainbikeguide“

„Willkommen am schönsten Standort Deutschlands…“ begrüßte uns der Sportlehrer. Uns, die 18 freiwilligen Lizenzverlängerer des „Trainer-C-Breitensport Mountainbike-Guide“. Uns, die wir wieder einmal hier sein dürfen. Hier, wo die meisten Menschen Urlaub machen. In der Welt von König Ludwig dem II., dem Märchenkönig. In Füssen, in einer Traumwelt in den Bergen.
Als einer der verantwortlichen Sportlehrer für die Mountainbike-Ausbildung der Bundeswehr hat DiplSpL Andras Jansen die Aufgabe, technische Fähigkeiten sowie die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit der Guides alle 3 Jahre zu überprüfen. Nach einer kurzen Begrüßung und einer spontanen Vergabe von Ausbildungsthemen im Nebensatz erläuterte der drahtige Sportler den weiteren Ablauf. „Jetzt ist es 10:30 Uhr, die meisten müssten ja jetzt ihre Stubenschlüssel haben“, beendete er seine Begrüßung. „Um 11 Uhr ist Mittagessen und um 12 Uhr treffen wir uns vor dem Gebäude.“ fuhr er weiter fort. “ Dann machen wir eine kleine Verdauungstour, so 15 Kilometer recht flach bis zur Kappler Alm. Da geht’s dann schon bisschen hoch.“
Da die meisten Teilnehmer bereits den Vorbereitungs- und den Durchführungskurs am schönsten Standort Deutschlands absolvieren durften, sollte die Beschreibungen „flach“ und „bisschen hoch“ bei jedem die Alarmglocken klingen lassen. Eine Wahl hatten wir allerdings nicht.

Montag, 12 Uhr, Antreteplatz inmitten der Allgäukaserne, 800 Meter über NN

Bikecheck: Luftdruck, Speichenspannung, Lagerzustand,… Worauf muss ich achten, was ist gefährlich? Der vom Militärkraftfahrer bekannte „Technische Dienst vor der Benutzung“ findet sich auch hier wieder, in Form einer Wiederholungsausbildung. Denn für eine Tour gibt es wenig Nervigeres, als auf dem Weg Dinge reparieren zu müssen, oder einen Totalausfall zu registrieren. Zudem liegt die Materialüberprüfung in der Pflicht des Fachsportleiters bei der Durchführung dieses Dienstsportes..

12:15 Uhr, Abfahrt

Die Verdauungsfahrt ging durch eine Märchenwelt zum Träumen. Mit einem Schnitt von 22 km/h, 18 Grad und Sonnenschein durch eine wundervolle Welt aus Schlössern, Seen und Bergen. Selbst das Wetter machte uns, bis auf den eisigen Wind, wirklich Freude. Bis zum ersten Sammelpunkt. 900 Meter über NN.

12:45 Uhr, Sammelpunkt

„Jetzt einfach nur geradeaus, wir treffen uns an der Kappler Alm, …“ definierte Andre die anschließende Etappe. „Hinauf auf 1.350 Höhenmeter einfach nur gerade aus, den Weg entlang“. Einfach nur hoch und am Ende eine Alm. Einfach nur hoch, eigentlich nichts Besonderes, außer man war auf die sportliche Steigung nicht vorbereitet.

13:15 Uhr – 13:30 Uhr, Kappler Alm

Irgendwann waren alle oben, die einen in 30 Minuten, die anderen in 50 Minuten. Oben – an der Kappler Alm. Eigentlich ist eine Alm nichts Besonderes. Nach so einem Ritt allerdings hat vor allem diese Alm, im Sinne einer Pause, schon einen erheblichen Stellenwert. 20 Minuten später endete hier mit „Bisschen technisch geht´s jetzt weiter…“, der wunderschöne erholsame Moment. Und nicht nur das. Denn diese lockere Definition beinhaltete zusammengefasst: Trails mit sportlichen Steigungen in losem Geröll, keine Fahrspur, eben einfach nur hoch.

Als Krönung fanden wir uns teilweise in kleineren Tragepassagen durch Schneefelder wieder. Hoch, bis auf 1.580 Meter über NN. Pause machten wir keine. Dafür führte die anschließende, recht anspruchsvolle Abfahrt von gut 2 Kilometer durch eine Welt, die in Abschnitten an Mittelerde erinnerte. Verschlungene Bäume, sich über dem Boden windende Wurzeln und unübersichtliche Absätze. Eine Fahrt wie durch einen Tunnel von Bäumen und Sträuchern. Bis zum nächsten Anstieg. Hin zur nächsten Rast: 16:10 Uhr; 1.284 Meter über NN – Die Stubental Alm.

16:30 Uhr, Stubental

Die abschließende, rasante Abfahrt durchs Tal verlor im gesamten Zusammenhang eher an Bedeutung. Was blieb, war die Essenz des ersten Tages: insgesamt 1.060 Höhenmeter, 55 Kilometer, einfach nur hoch!

Dienstag, 8 Uhr, Aggensteinzimmer, UHG , 805 Meter über NN

Einweisung in Tourenplanung. „Wer hat GPS?“ Einige Teilnehmer melden sich. „OK. Manni und Albert, euer Job; führt Ihr die erste Teilstrecke“

8:45 ExPlatz (800 Meter über NN)

„Jeder hat sein Thema, auf dann.“ Kurz und knapp machte sich Jansen bemerkbar und schon startete die noch recht verschlafene Gruppe zum Ausbildungsgebiet Bad Faulenbach – MTB Technik Lernpark Mittersee. Ein kurzer Radweg und 100 Höhenmeter später waren wir da. Ein Tal, ein See, eine Wiese, und ein in die Jahre gekommenes Café, eher ein Erholungsgebiet als ein Ausbildungsplatz.
„Wer fängt an?“ Motivierte der Veranstaltungsleiter. Eine klare militärische drei Alpha war nicht wirklich zu erkennen. Dennoch wussten wir, was zu tun war. Kurze Sortierpause – und los ging’s. Hinterrad versetzen, BunnyHop, Wheeli, Stehversuch freihändig. Erweitertes Techniktraining definierte der Dienstplan diesen Ausbildungsabschnitt. Es ging darum, erweiterte Grundlagen zu vermitteln. Vormachen, erklären, nachmachen und üben. Militärische Grundsätze in eher nicht militärischem Umfeld. Oder um es mit Jansens Worten zu beschreiben: „Diese Weiterbildung soll uns schon weiterbringen…“ Unter diesem Aspekt fand sich jeder, samt Fahrrad, nur teilweise oder auch ganz ohne Bodenkontakt der Reifen wieder.

11 Uhr, Mittersee

Nachdem jeder mindestens einmal abgehoben war und damit seine persönlichen Grenzen wieder einmal vor Augen geführt bekommen hatte, erklang ein neues Kommando:
“ Manni, Du weißt, wo wir hin wollen. Fragen? Los geht’s.“ Der nächste Ausbildungsabschnitt: Touren führen – eine wesentliche Fähigkeit, die ein Guide beherrschen sollte. „Jetzt geht’s 300 Höhenmeter leicht bergauf – bei 905 Höhenmetern rechts weg.“ Informierte Manni zwischenzeitlich den, eher monotonen Anspruch, der ambitionierten Radfahrer. Treten, treten, treten. Ein Anstieg, Ein Tal, ein Fluss, eine Weide und wieder ein Anstieg. Wir radelten hier durch eine bayerische Ferienregion. Durch eine Welt scheinbar ohne jegliche Zivilisation. Leider nicht in einem entspannten Tempo, sonst hätte man die Situation ja wirklich genießen können. Irgendwann und irgendwo hielten wir an.

12:15 Uhr, Irgendwo im Nirgendwo

Albert übernahm und damit änderte sich einiges. Technisch anspruchsvoll führte der Weg über kleine Brückchen, durch verschlafene Täler, über steilere Forstwege bis hin zu traumhaften Pfaden. Die Hände schmerzen, die Oberschenkel brennen. Hätte man Zeit zum lauschen gehabt, hätte man mit Sicherheit die Schlümpfe gesehen. Ging aber nicht, denn die verblockten Trails forderten volle Aufmerksamkeit. Absätze, Kehren, Drops, Rampen über loses Geröll, und eine Vielzahl von Wurzeln… bis hin zu nicht mehr fahrbaren Passagen.
600 Höhenmeter und 2:10 Stunden später auf 1.142 Meter das Ziel: Der 11 Seenblick, die Buchenbergalm. Ein Blick, der seines Gleichen sucht, ein wahrer Traum. Aber auch dafür sind wir leider nicht hier. Ein kurzes Erfrischungsgetränk später ging es weiter.

14:30 Uhr, Buchenbergalm

Eine schwindelige Waldautobahn, auf losem Schotter, mit steilen unübersichtlichen Kurven führte vorbei an zahlreichen Touristen, hin zu kurzen Schnappern über Neuschwanstein und Co. Ein abschließendes Spitzkehren-Eldorado, dem Fischersteig, leitet das Ende dieses Tages ein.

16 Uhr. Zielgerade

Der zügige Zieleinlauf endete in die Allgäu-Kaserne bei Starkregen. Gott sei Dank erst jetzt. Ausbeute des zweiten Tages: technisch anspruchsvolle 900 Höhenmeter auf 60 Kilometer.

Mittwoch,  8 Uhr, UHG, 805 Meter über NN

Wieder begrüßt Jansen seine Lehrlinge. Gibt`s Probleme? Fragen? Kurzes Geplauder.

8:30, Exerzierplatz

Nach einer kurzen Erläuterung des Ablaufes pedalliert der Meister des Radsportes mit breitem Grinsen los. Langsam merkt man die vergangenen Tage, Ziegelwies, Alpenrosenweg, Kobelwege, Hahnenkopfweg, 2 Seenblick, Alatsee und Endstation Salober Alm. Für die meisten Teilnehmer gleichte die Beschreibung eher Böhmischen Dörfern als einer Mountainbike-Tour. Hinter diesen Hieroglyphen versteckte sich allerdings eine Tour, die alle Ausbildungsthemen vereinte. Steile Anstiege, verblockte Absätze, Wurzel, Spitzkehren,…, ein Traum.

11:30 Uhr, Salober Alm

Nach 2:16 Stunden reiner Fahrzeit, 30 Kilometer und exakt 734 Höhenmeter endete leider die letzte, technisch sehr anspruchsvolle Tour – dafür ohne Schäden und Verletzungen.
Damit war es geschafft. Die angetretenen Teilnehmer haben ihr Ziel erreicht. Jansen verteilt die Zeugnisse. Ein wirklich schönes Gefühl und irgendwie auch eine Bestätigung. Eine Bestätigung die uns befähigt, weiterhin im Rahmen des Dienstsportes alle Arten von Radtouren und Ausbildungen anzubieten.
Diese Befähigung ist die einzige Qualifikation, den Radsport als Dienstsport betreiben zu dürfen.
Dazu kommt, dass diese Ausbildung und die entsprechenden Weiterbildungen offiziell von allen DOSB-Organisationen anerkannt wird – leider nur 3 Jahre lang.

Text: Hauptfeldwebel Malte Egenolf

Fotos:  Egenolf/Bundeswehr; Neubauer/Bundeswehr

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  1. Ronny Setzepfandt sagt:

    Bomben Bericht Malte.
    Hätte noch das Video der Abfahrt;-)

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