Gesa Felicitas Krause – Deutsche Vizemeisterin 1.500 Meter Lauf – „Gewillt, die Bundeswehr bestmöglich öffentlich zu repräsentieren“

Sie ist eine Botschafterin ohne Diplomatenstatus, Deutschlands „Hohe Leichtathletik-Repräsentantin“, die sich der technisch anspruchsvollen wie sportmotorisch hochkomplexen Spezialdisziplin des 3.000 Meter Hindernislaufs verschrieben hat: Mit großem Erfolg, denn Felicitas Gesa Krause, die U20-Europameisterin von 2011, gehört in der nationalen Sportszene zu den absoluten Stars einer jungen Generation tapferer wie willensstarker Läuferinnen, die sich – wie die Mittel- und Langstreckenläuferinnen Konstanze Klosterhalfen und Alina Reh oder das deutsche Hürdenwunder Pamela Dutkiewicz ­– anschicken, in der Weltliga der Allerbesten um heiß begehrtes Edelmetall zu kämpfen.

Und so blickt die erst 26-jährige Hindernisikone bereits auf eine international absolut herausragende Sieges- und Platzierungserie zurück: Gesa Felicitas Krause trägt Weltmeisterschaftbronze von 2015 und zweimaliges Europameisterschaftsgold aus den Jahren 2016 und 2018 um den Hals. Auch bei den Olympischen Spielen von 2015 und 2017 rannte sich die Sportsoldatin nicht nur in die Endläufe, sondern auch in die Herzen der Zuschauer – landete hier jeweils unter den Top Ten. Spektakulär war indes ihr Sturz bei den Weltmeisterschaften 2017, als Gesa Felicitas Krause im Londoner Edel-Oval nach 700 Metern schwer strauchelte, dennoch nicht aufgab, mit außergewöhnlicher Bravour weiterkämpfte und schließlich mit beachtlichem neunten Rang unter dem frenetischen Jubel der 60.000 internationalen Leichtathletik-Fans finishte.

Seit 2013 ist die Spitzensportlerin mit dem Talent zur Regierungssprecherin Sportsoldatin der Bundeswehr. Trotz ihrer herausragenden Erfolge rangiert die nationale Vorzeigeathletin dort völlig unter Marktwert, wie es ihr sogenannter Dienstgrad widerspiegelt. Denn für die Truppe ist Gesa Felicitas Krause trotz der hohen internationalen Anerkennung und ihres gesellschaftlichen Engagements im Hochleistungssport gerade einmal die Dotierung als „Unteroffizier“ wert. Allerdings ist die weibliche Form der weiterhin maskulin dominierten Dienstgradhierarchie – anders als beispielsweise bei der Polizei, wo es selbstverständlich ist, die weiblichen Exekutivbeamten als Polizeiobermeisterin oder Polizeirätin zu bezeichnen –, in der Truppe weiterhin nicht en vogue.

Zu strukturkonservativ erscheint die Armee, die es neben den konzeptionell noch immer nicht allzu segensreich organisierten Karriere- und Verpflichtungschancen für hochverdiente Militärathleten zudem kaum versteht, ihre Sportsoldaten auch medial-öffentlich wertschöpfend zu vermarkten. Doch dem fehlenden Modernitätsschub  zum Trotze: Auch für die Weltmeisterschaftsaison Doha 2019 lieferte die Olympiakaderathletin bereits zwei aussagekräftige Visitenkarten ab – lief Ende Januar beim traditionsreichen Hallen-Meeting in Dortmund  die 1.500 Meter in 4:14,60 Minuten und trat dann Mitte Februar bei den nationalen Hallenwettkämpfen in der Arena Leipzig an, der 2002 eröffneten Multifunktionshalle, die zu den modernsten Europas zählt.

Spitzensportlich weiterhin in einer Interimsform, zeigte die 26-jährige in Leipzigs schnellem Hallenrund angesichts eines taktischen Bummelrennens erneut ein ansteigendes Leistungs- und Gesundheitsbild, der nur die Mittelstreckenspezialistin Hanna Klein von der SG Schorndorf 1846 widerstehen konnte und sich mit einer taktisch klugen Tempoverschärfung verdientermaßen den deutschen Titel vor der für Silvesterlauf Trier startenden Gesa Felicitas Krause erstritt. Nach dem spannenden Duell interviewte der Berliner Sportjournalist Volker Schubert die längst zum Publikumsliebling arrivierte Hindernisspezialistin und mehrfache Deutsche Mittelstrecken-Meisterin für das Bundeswehr Sport-Magazin.

Bundeswehr Sport-Magazin: Gesa, First-Impression-Report nach Deinem Ausflug auf die 1.500 Meter: Diesmal keine Hindernisse, kein Wassergraben, das war sozusagen ein barrierefreies Rennen. Was bedeutet die Deutsche Hallenmeisterschaft hier in Leipzig für Dich als saisonale Zwischenstation während der kalten Jahreszeit?  

Gesa Felicitas Krause: Also, ich habe mich – wie in vielen anderen Jahren ja auch –, für eine Hallensaison entschieden, denn bis zum Sommer ist es immer ein superlanger Weg. Man trainiert ja die ganze Zeit, und man braucht dann auch irgendwie so etwas wie eine Standortbestimmung. Und ich bin ja der Typ, der sich im Wettkampf dann dieses Resultat abholt und das dann auch besser bewerten kann. Es ist auch für die eigenen Nerven immer eine gute Probe, weil man im Training natürlich eine andere Anspannung hat als im Wettkampf. Ja, und so kann man sich einfach mal messen mit allen anderen Athletinnen. Man muss das Ergebnis mit Abstand aber ein bisschen anders einordnen. Die 1.500 Meter sind ja nicht meine Spezialstrecke, und ich brauche auch immer wieder ein bisschen mehr Zeit, bis ich wieder meine Höchstform erreichen kann.

Es ist mit dem Ergebnis heute ein bisschen schwer damit umzugehen, weil ich immer sehr viel von mir erwarte und die Zeit, die ich im Sommer laufe, in der Halle noch nicht erreichen kann. Ja, ich bin heute mit dem zweiten Platz sehr zufrieden. Die Zeit ist natürlich keiner Rede wert, aber das ist heute eine Meisterschaft und darum ging es heute auch nicht. Ja, mit den Hallen-Europameisterschaften hatte ich schon geliebäugelt. Ich hätte jetzt sicherlich noch die Chance bekommen dort an den Start zu gehen, aber ich habe einfach noch nicht die Verfassung mich international zu messen. Deswegen ist meine Hallen-Saison auch hier mit der Deutschen Hallenmeisterschaft mit dem zweiten Platz beendet.

Bundeswehr Sport-Magazin: Mal konkret zu Deinem Rennen: Du hast ja gegenüber den Spezialistinnen schon kurz nach dem Start recht schnell gezeigt, dass Du um die Führung kämpfen willst; die Mittelstrecklerinnen waren damit natürlich in der günstigen Lauerposition, um den finalen Angriff taktisch zu gestalten. Wie würdest Du Dein 1.500 Meter Rennen heute hier in Bezug auf Deine bisherigen Trainingsvorbereitung insgesamt bewerten, denn Du bist ja im Vorfeld beim Meeting in Dortmund schon 4:14 Minuten gelaufen?    

Gesa Felicitas Krause: Eigentlich würde ich sagen: Recht gut kontrolliert. Es war lahm, das kann man schon so sagen. Wobei aber die letzten 300 Meter – beziehungsweise genauer: Die letzten 400 Meter –, ja sehr, sehr zügig waren. Und darauf kommt’s halt an: Ok, dass ich weiß, Rennen werden am Ende entschieden, und da hatte ich jetzt bei den 1.500 Meter Spezialistinnen nicht arg viel Abstand, beziehungsweise, ich war ja Zweite und habe sogar eine hinter mir gelassen können, und das ist für mich natürlich auch ein gutes Feedback, dass ich hinten raus auch noch spurtstark bin; vorher muss man für die Sommersaison aber auch noch schneller rennen.

Bundeswehr Sport-Magazin: Höre ich da heraus, dass Du am Ende, trotz Deiner hohen Leistungserwartungen an Dich, nun gnädig mit Dir selbst bist und Dich mit dem Vizemeistertitel durchaus anfreunden kannst?  

Gesa Felicitas Krause: Ja, also mit ein bisschen mehr Mut – sage ich mal –,  wären sicherlich zumindest noch ein paar Hundertstel mehr drin gewesen. Aber, ja, sage ich mal, für diese ein bisschen holprige Hallen-Saison bin ich ganz zufrieden. Ich hatte einfach auch mit ein paar muskulären Problemen zu kämpfen, die ja auch eine gewisse Art Unsicherheit mitgebracht haben, aber ich denke, ich habe heute eher einen Platz gewonnen als verloren.

Bundeswehr Sport-Magazin: Wie sieht jetzt Dein Trainingsfahrplan Richtung Saison 2019 aus, was die Zeit nach dem europäischen Hallenhöhepunkt in Glasgow und dann die Freiluftwettkämpfe in Richtung Weltmeisterschaften in Doha betrifft?

Gesa Felicitas Krause: Ursprünglich hatte ich ja noch bis zur Hallen-Europameisterschaft geliebäugelt. Und da wäre ja noch ein bisschen Zeit gewesen. Ich denke mal, dass ich nächste Woche eine Leistungsdiagnostik mache und dann wieder ins Training einsteigen werde. Ich bin eigentlich ein recht belastbarer Typ. Also, das hängt mir jetzt heute nicht wirklich nach. Die 1.500 Meter kann man ganz gut wegstecken. Ich würde jetzt ganz gerne mit dem Niveau, das ich mir jetzt erarbeitet habe, weiter trainieren und dann geht’s in drei Wochen auch wieder ins Ausland. Und dann wird halt wieder intensiv weitertrainiert bis Doha.

Bundeswehr Sport-Magazin: Geht’s für dich dann auch wieder unter recht spartanischen Bedingungen in die afrikanische Höhe Kenias nach Eldoret?

Gesa Felicitas Krause: Nein, es geht erst einmal in die USA für fünfeinhalb Wochen.

Bundeswehr Sport-Magazin: Danke für das Stichwort, Gesa: Nämlich die Leichtathletik-Szene und das Training in den USA. Momentan ist das sogenannte Oregon-Projekt von Nike mit dem amerikanischen Ex-Spitzenmarathon-Läufer Alberto Salazar als Chefcoach in der hiesigen Leichtathletik-Community in aller Munde. Nicht zuletzt durch den Wechsel von Konstanze Klosterhalfen in die Staaten, die gestern neuen deutschen Fabel-Hallenrekord über 3.000 Meter und damit sogar Jahresweltbestzeit lief. Salazar ist wegen der angeblichen Verabreichung von verbotenen Substanzen heftig in der Kritik und kassiert medial entsprechende Kommentare. Das hat ‚Koko‘ aber nicht davon abgehalten, jetzt für ihr Training regelmäßig über den großen Teich zu pendeln. Wie sie selber sagt, wird dort wesentlich konsequenter trainiert, teils auch deutlich härter. Bringt die Oregon-Bilanz hier potentielle Neider auf den Plan? Die Dopingvorwürfe gegen Salazar sind ja noch nicht verifiziert. Also, wie verfolgst Du das Nike-Vorhaben, ist das eine neue Perspektive, und was stahlt da in den DLV hinein, der Koko während dieser Phase ja betreuend beraten will, wie Leichtathletik-Chefmanager Idriss Gonschinska es in etwa ausdrückte?      

Gesa Felicitas Krause: Ich will mich davon ganz lösen. Also, Konstanze hat eine Entscheidung getroffen. Ja, sie war auf Trainersuche, so wie ich das mitbekommen habe. Ja, und sie hat sich eben dem Oregon-Projekt angeschlossen, was, wie ich denke, eine sehr gute Entscheidung ist, wenn man da die Möglichkeiten hat, einfach weiterkommen zu wollen. Koko hat alle Konsequenzen gezogen und ist mit aller Konsequenz dort hingezogen. Ja, und hingegangen, um sich dort voll und ganz dem Sport zu widmen. Aber, ich bin jetzt nicht in der Position wie Konstanze. Ich habe einen Trainer, an den ich fest glaube, mit dem ich viel erreicht habe, und ich habe nicht den Drang dort wegzugehen und mir was Neues zu suchen. Aber ich kann jetzt nichts Negatives sagen. Konstanze scheint es gut zu tun. Und das Training an sich wird bei den Amerikanern sehr, sehr professionell gestaltet.

Und auch finanziell ist das alles sehr gut abgesichert: Nicht nur für die Athleten, sondern auch für die Trainer, woran man sieht, dass die Athleten in Deutschland zwar viele Förderungen bekommen können, aber die Trainer eben nicht. Und da ist es natürlich als Spitzensportler auch schwer, einen Trainer zu finden, der seine ganze Energie dort einbringt, wenn das Engagement halt nicht so toll bezahlt wird. Und ich habe nun mal einen Coach, der das mit großer Leidenschaft macht. Und dafür bin ich sehr dankbar. Deswegen kommen die USA für mich nicht in Frage, aber ich denke, es ist auf jeden Fall ein mutiger Schritt, den ich vielleicht, wenn ich diesen Hintergrund und diese Unterstützung hier nicht hätte, auch gemacht hätte. Aber, es kommt für mich nicht in Frage.

Bundeswehr Sport-Magazin: Gesa, damit lieferst Du mir das nächste Stichwort: Deine Unterstützung. Die erfährst Du auch durch die Bundeswehr, wirst von der Sportfördergruppe Mainz administriert. Was läuft da neben deinem professionellen Hindernislauf-Training an Lehrgängen und welchen Dienstgrad führst Du aktuell? 

Gesa Felicitas Krause: Ich bin zurzeit Unteroffizier. Nochmal kurz zu meiner letzten Antwort: Da habe ich nicht nur mich gemeint. Da ging es mir vor allem um das Trainertum und deren Unterstützung und das ganze Drumherum. Also, insgesamt aber habe ich mir viel aufgebaut: Mit der Bundeswehr und mit meinem Verein und diversen Sponsoren. Ich erfahre dort einen extrem hohen Rückhalt. Und, wie schon gesagt: Ich habe einen Trainer, der das mit extrem hoher Leidenschaft betreibt, und den ich da auch mit meinen Möglichkeiten unterstützte, so dass wir als kleines Team diesen Sport so optimal wie möglich gestalten können. Aber, das hat natürlich nicht jeder! Ich bin sehr dankbar dafür. Es ist nicht immer einfach, dann den richtigen Weg zu finden.

Wir haben in Deutschland keine Höhe und dann ist es oft sehr kalt. Das sind natürlich viele Punkte, die es einem oft erschweren. Lehrgänge habe ich keine gemacht, um auf die Bundeswehr zurückzukommen. Ja, aber das steht dann auch erst wieder nach Olympia an. Ich bin ja immer gewillt, die Bundeswehr bestmöglich öffentlich zu repräsentieren. Das konnte ich heute wieder machen, weil ich hier auf den zweiten Platz gelaufen bin.             

Bundeswehr Sport-Magazin: Die Bundeswehr will sich ja neu aufstellen, was die Konzeption der Sportförderung im Hochleistungssport betrifft. Bekommst Du diese geplanten Veränderungen als Militärathletin und letztendlich ja auch Betroffene eigentlich mit, beziehungsweise habt ihr als topversierte Spitzensportler bei der dringend notwendigen Neukonzeption irgendwelche Mitwirkungs- oder Mitsprachemöglichkeiten?  

Gesa Felicitas Krause: Also, ich will die Spitzenleichtathletik auf jeden Fall ja noch ein paar Jahre intensiv ausüben. Deswegen habe ich mich damit noch nicht so wirklich beschäftigt, was danach kommt. Mein Freund ist ja Offizier bei der Bundeswehr, der auch immer wieder mal nachhakt, was ich später denn mal machen möchte. Fakt ist aber: Ich möchte noch einige Jahre professionell laufen. Das heißt, dass ich die Bundeswehr als Förderer behalte, und ich denke, ich bin auf ganz gutem Weg, um in der Förderung zu bleiben.

Bundeswehr Sport-Magazin: Das sind natürlich unter spitzensportlichen Aspekten zunächst wohl erst einmal gute Perspektiven. Zum Schluss kurz zu Deinen weiteren läuferischen Ambitionen: Du bist im Frühling letzten Jahres beim Langstreckenlauf-Klassiker Berliner Halbmarathon gestartet, hast dort gleich mal die Spezialistinnen geschlagen und eine fabelhafte Zeit vorgelegt. Ist die Langstrecke – so ab 10.000 Meter aufwärts – für Dich eine ernsthafte Option zur längerfristigen Zukunftsplanung, um Deine dort offensichtlich noch schlafenden Potentiale auszureizen?     

Gesa Felicitas Krause: Da sage ich jetzt mal nicht nein. Das kann ich mir gut vorstellen, aber meine Ziele auf der Bahn sind noch nicht erfüllt. Und so lange da noch eine Rechnung offen ist, werde ich auf jeden Fall noch am Ball bleiben, um das zu erledigen.

Text und Fotos: Volker Schubert

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