Die Karriere des Boxers Mike Hanke hatte es in sich. Obwohl er den ostdeutschen Kaderschmieden den Rücken kehrte, wurde er zweimal DDR-Meister. Während seines Militärdienstes feierte er seine größten Erfolge im Boxsport. 10 Jahre war Hanke Bundesliga-Boxer für den Velberter BC, anschließend wurde er dessen Trainer. Nach Velberts Rückzug aus der 1. Liga steht Hanke vor einer schweren Entscheidung.
Aus als Trainer Es ist der 22. März 2014, der Velberter Box-Club (VBC) verliert auswärts gegen den Boxring Hanau. Das Duell der beiden Bundesligisten war für die Tabelle bedeutungslos, denn bereits vor der Begegnung stand der VBC als Deut-scher Mannschaftsmeister fest. Nichts Neues für die Fans des Vereins, der seit über einem Jahrzehnt die Bundesliga beherrscht.
Diesmal war es anders. Velberts Präsident Hans Gerd Rosik wollte nach der Saison aufhören. Damit verlor der Club nicht nur den Vorsitzenden, sondern auch seinen Gönner des Ligasports. Mike Hanke war einer der Ersten, den Rosik in die Rück-trittspläne einweihte. Unabsichtlich brachte er die Trainerlaufbahn des ehemaligen Schwergewichtlers ins Trudeln, denn der Rücktritt des Präsidenten bedeutete gleich-zeitig das Ende der 1. Bundesliga für den Velberter BC.
Durch Haken zum Hammer-Hanke
Im brandenburgischen Geltow liegt die Henning-von-Tresckow-Kaserne, in der Deutschlands Streitkräfte ihre Auslandseinsätze pla-nen.
In Geltow begann 1979 die Boxkarriere des Mannes, der so gar nicht in das Kader-system der DDR passte.
Hanke wollte Kampfsportler werden. Ringen und Judo hatte er ausprobiert, letztend-lich gefiel ihm das Boxen am besten. Bei der Betriebssportgemeinschaft (BSG) Motor Babelsberg und seinem Trainer Günter Mantwill lernte er sich im Ring zu bewegen, lernte, die Fäuste effektiv einzusetzen. Mantwill zeigte dem Neun-Jährigen die Techniken, denen er Jahre später seinen Spitznamen zu verdanken hat, „Hammer-Hanke“
Ulli Wegener und Manfred Wolke wollten ihn
Der Geltower hatte alle Vorausset-zungen, um in der Weltspitze anzuklopfen. Er besuchte im Alter von 13 die Kinder- und Jugend-Sportschule „Fritz-Lesch“ in Frankfurt/Oder, an der er bis zu dreimal täg-lich trainierte. Hanke gewann die DDR-Meisterschaft im Leichtgewicht, doch der ein-tönige Leistungs-Drill nahm ihm die Freude am Sport.
Mit 16 Jahren verließ er Frankfurt in Richtung BSG Motor Babelsberg. Er begann eine Lehre zum Kfz-Mechaniker und trainierte härter als zuvor. Hanke wollte allen beweisen, dass er auch ohne Kaderschmieden das Zeug zum Champion hatte.
1988 gelang ihm die Sensation. Der Junge aus der Provinz besiegte die Boxer der Eliteschulen und gewann den DDR-Titel im Halbschwergewicht.
Meistertrainer wie Ulli Wegener, Manfred Wolke oder Martin Neef bemühten sich um ihn. Er entschied sich für Ulli Wegener, der ihn zum Traditionsclub TSC-Berlin holte. Nach dem Mauerfall 1989 kühlte die Zusammenarbeit mit Wegener ab. Schließlich gingen sie getrennte Wege. Hanke blieb beim TSC, Wegener wechselte ins Profila-ger.
Hammer-Hanke bringt Velbert zum Beben
1993 überredete VBC-Manager Hans Gerd Rosik das Brandenburger Schwergewicht für sein Team in der 2. Bundesliga zu boxen.
Rosiks Mannschaft fehlte ein Zugpferd, einer der dem VBC ein Gesicht gab. Ihm fehl-te ein Mann mit Charisma, der durch seine Kämpfe die Box-Halle an der von-Humbold-Strasse zum Beben bringen konnte, ihm fehlte einer, wie Mike Hanke.
1994 stand Hanke zum ersten Mal für die Rheinländer im Ring. Zwei Jahre später war jeder Heimkampf ausverkauft. Scharenweise kamen die Fans, um Hammer-Hanke Siegen zu sehen, und er enttäuschte sie nicht.
Mit der Bundeswehrzeit kommen die internationalen Erfolge
Hanke kam mit 26 Jahren zur Bundeswehr. Nach der Grundausbildung im Jägerbataillon 581 in Berlin-Kladow diente er in der Sportfördergruppe Stahnsdorf.
Die Karriere des Zeitsoldaten hob ab:
- 1996 Riesa – Deutscher Meister
- 1997 Budapest – Vize-Weltmeister im Schwergewicht. Er verlor knapp gegen Russ-lan Chagaev
- 1998 Cuxhaven – Deutscher Meister
- 1999 Zagreb – Silbermedaille bei der Militär-Weltmeisterschaft
Nach der Militär-WM beendete der Stabsunteroffizier seine internationale Laufbahn und konzentrierte sich auf die Wettkämpfe für Velbert.
Neun Jahre boxte er für die Rheinländer in der 2. Bundesliga, bevor er die Staffel 2003 in das Oberhaus führte. Danach zog er die Handschuhe endgültig aus.
Vom Boxer zum Trainer
Rosik wollte auf den Schwergewichtler nicht verzichten. Er bot ihm an, zusammen mit Chefcoach Hennie van Bemmel die erste Mannschaft zu betreuen. Hanke nahm das Angebot an.
Van Bemmel half ihm, in die Aufgabe hineinzuwachsen. Wie ein Schwamm hat er alles aufgesogen, was van Bemmel ihm zeigte.
Zum Beispiel das Anspornen der Athleten in den Ringpausen. Das beherrscht van Bemmel wie kaum ein anderer. So etwas lernte der Brandenburger weder auf seinem Lehrgang zum A-Trainer noch bei dem Unterricht zum Ein-Sterne-Coach des Welt-Box-Verbands AIBA.
Hanke hat das Rüstzeug, um Spitzenboxer aufzubauen. Seit 2003 gewann er mit dem VBC eine Meisterschaft nach der anderen. Zusätzlich bildete er sich von 2009 bis 2011 an der Trainer-Akademie in Köln zum Diplom-Trainer weiter.
Neben dem Job in Velbert und der Ausbildung in Köln, betreute er die österreichische Nationalmannschaft auf Europa- und Weltmeisterschaften.
Bei der Militär-Weltmeisterschaft 2014 in Almaty coachte er gemeinsam mit Ober-feldwebel Markus Abramowski sowie Dr. Harry Kapell die deutschen Faustkämpfer. Das Trio teilte sich die Arbeit auf. Abramowski und Kapell gaben den Boxern in den unteren Gewichtsklassen Rückhalt, während Hanke die oberen Klassen betreute. Mit Erfolg, denn Hauptgefreiter Johan Witt gewann im Schwergewicht die Bronzemedail-le.
Aufgeben ist nicht sein Ding
Seit Velberts Rückzug aus der Bundesliga und Auflö-sung der 1. Mannschaft hat der Box-Verrückte keinen Trainerjob. Angebote hat Han-ke genug, doch die hat er alle zurückgestellt. Er möchte erst einmal Abstand gewin-nen und die Situation gründlich überdenken, bevor er den nächsten Karriereschritt plant. Hanke will im September die höchste Trainerprüfung der AIBA ablegen. Da-nach wird er entscheiden, wie es weitergeht. Sein Wunsch wäre es in Deutschland zu bleiben, um an einem der Leistungsstützpunkte des DBV zu arbeiten. Ob das klappen wird, ist ungewiss.
Mike Hanke beantwortet 10 Fragen in 100 Sekunden:
- Ich werde zum Tier, wenn … ich angelogen werde
- Die besten Ideen habe ich … nachts im Bett
- Heimat ist für mich … wo ich mich wohl fühle
- Am Liebsten höre ich … was dem Ohr gefällt
- Am Liebsten sehe ich … 3sat
- Ich wünsche mir … Weltfrieden
- Meine Freunde mögen an mir … da müssen Sie meine Freunde fragen
- Meine Freunde kritisieren … da müssen Sie meine Freunde fragen
- Ich wollte schon immer … mit der Transsibirischen Eisenbahn an die Chinesische Mauer fahren
- Am lautesten lache ich … über meine eigenen Witze
Text und Fotos: Wolfgang Wycisk