Bei ihren achten Weltmeisterschaften in Doha machte Elisabeth Seitz ihren Traum von einem Platz auf dem Treppchen wahr und bescherte sich selbst eine erinnerungsreiche Woche. Einen Tag nach dem Bronzesieg am Stufenbarren in Doha erzählte die 25-jährige Sportsoldatin im Interview, wie man sich mit Edelmetall um den Hals fühlt.
Liebe Eli, wie geht es dir nach dem ereignisreichen Tag gestern?
Mir geht‘s gut. Ich bin natürlich ein bisschen müde, weil die letzten Wochen einfach sehr anstrengend waren. Wir haben zum einen im Training relativ viele Übungen gemacht und ich hatte dann noch einige Wettkämpfe, die ich geturnt habe. In Doha ging es dann direkt weiter mit der Qualifikation und dem Teamfinale, dann das Mehrkampffinale und dann direkt ein Tag darauf das Stufenbarrenfinale. Da war natürlich der Stress ziemlich hoch und die Aufregung groß. Das hat dann allerdings gestern Abend beziehungsweise heute alles nachgelassen, der ganze Stress, die ganze Aufregung. Da merke ich schon, dass ich müde bin – aber müde und überglücklich.
Wie hast du den Moment wahrgenommen, als die letzte Turnerin Alija Mustafina, Olympiasiegerin am Stufenbarren (Rio 2016), die Übung beendet hat und du die Wertung gesehen hast?
Es ging relativ schnell, weil ich meine eigene Wertung noch genau kannte. In dem Moment wusste ich, dass ich Platz 3 sicher hatte. Es hieß, dass Mustafina auf jeden Fall weniger Punkte hatte als ich. Zudem hatte sie auch einen 4/10 niedrigeren Ausgangswert als ich, was bedeutete, dass sie nur gewinnen würde, wenn sie ihre Übung perfekt durchturnt. Es war einfach ein unglaublich toller Moment, ich bin auch direkt meinem Trainer Robbie in die Arme gefallen, weil ich es eben auch vor allem meinen Trainerteam zu verdanken habe, was ich hier geschafft habe und es war einfach einer meiner größten Träume. Zwei EM-Medaillen habe ich bereits und World Cups habe ich auch schon gewonnen, sowohl im Einzel, als auch im Mehrkampf. Also irgendwie hatte ich so gesehen alles, bis auf die WM-Medaille, die ich mir so sehr gewünscht habe.
Wie kam es dazu, dass dein Heimtrainer auch bei der WM mit dabei war? Das ist ja nicht üblich.
Auch die anderen Heimtrainer/innen neben unserer Cheftrainerin Ulla Koch werden nominiert für eine WM. Auch hier gibt es ein Ausscheidungsverfahren. Wir hatten dieses Mal das große Glück, wie auch schon bei den Olympischen Spielen oder auch bei den letzten WMs, dass Robbie mitkommen durfte und es ist dann natürlich besonders toll, wenn man dann gemeinsam mit seinem Heimtrainer den Erfolg feiern kann. Es sind nicht alle Heimtrainer mitgekommen. Gutti und Lena sind zu Hause geblieben, aber die beiden haben aus Deutschland mitgefiebert. So hat das alles dann ziemlich gut zusammengepasst und ich habe mich einfach unglaublich gefreut.
Wer war der Erste, dem du persönlich mitteilen wolltest, dass du jetzt eine Bronzemedaille hast?
So viel mitteilen musste ich gar nicht, weil, bis die Siegerehrung vorbei war und ich das erste Mal wieder Internet hatte, ist mein Handy schon fast vor lauter Nachrichten explodiert. Ich habe dann versucht allen zu antworten. Es hat mich so sehr gefreut, dass so viele Leute an mich gedacht haben und sich auch für mich mitgefreut haben. Das gibt mir nochmal zusätzlich ein schönes Gefühl. Zu sehen, dass andere sich mit dir freuen, ist dann nochmal besonders schön.
In Doha sind leider nicht so viele Zuschauer, wie empfindest du die Fanbase in Deutschland und wie kommt es bei dir an?
Gestern war zum Glück ein bisschen mehr los hier in Doha, aber insgesamt ist es von der Stimmung nicht ganz so toll. Bei den letzten Wettkämpfen, wie zum Beispiel der WM-Qualifikation, den deutschen Meisterschaften und auch beim Länderkampf haben wir gesehen und gespürt, dass die Fanbase in Deutschland in der letzten Zeit immer größer geworden ist. Die Hallen sind ausverkauft, wenn wir an den Start gehen und wie man mich auch kennt, macht es mir einfach nochmal besonders Spaß, wenn viele Zuschauer da sind, die mich anfeuern und dementsprechend freue ich mich natürlich, dass dann nächstes Jahr die WM in Stuttgart stattfinden wird. Ich bin mir da auch sicher, dass die Zuschauerzahl da um einiges größer sein wird, als hier in Doha.
Also freust du dich schon auf die Fanunterstützung. Wenn du jetzt daran denkst, dass du in Stuttgart Bronze gewinnen würdest, was geht da in dir vor?
Das wäre natürlich auch ein großer Traum, weil vor einem heimischen Publikum eine Medaille zu gewinnen – ich denke davon träumt jeder. Doch nicht jeder hat die Möglichkeit vor in der Heimat mal eine WM zu turnen. Ich hoffe, dass ich nächstes Jahr dabei sein werde, und dass ich die Chance bekomme. Mal schauen, was dabei rauskommt. Aber ja, schon allein die Tatsache, dass die WM im eigenen Land stattfindet, ist wirklich großartig.
Bei der Turn-WM Stuttgart 2019 sind für den Finalsamstag und Finalsonntag schon keine Karten mehr verfügbar. Was bedeutet das für euch, wenn ihr hört ‚Hey wir sind schon ein Jahr vor unserer WM so gut wie ausverkauft´?
Besser geht es nicht. Es ist noch ein Jahr bis zur WM und es ist hier gerade mal der letzte Finaltag der jetzigen WM. So etwas dann zu hören, ist natürlich verrückt. Da sieht man, dass in den letzten Jahren im Turnen viel passiert ist, auch in der Öffentlichkeit. Man sieht, dass wir mit unseren Leistungen wahrgenommen werden, dass wir Leute beeindrucken. Ich hoffe, dass wir das im nächsten Jahr genau so zeigen werden.
Das Interview führten Sina Beranek und Sabine Weichert
Foto: FIG / Minkusimages