Von Volker Schubert, Korrespondent Olympischer Spitzensport

Bei der diesjährigen „Olympiade der Unbezwingbaren“, die letzten Winter in elf Spezialdisziplinen und olympischen Kernsportarten in den kanadischen Austragungsorten Vancouver und Whistler ausgerichtet wurden, ging die deutsche Delegation mit 20 Militärathleten der Bundeswehr an den Start. Im Spätherbst ehrte Verteidigungsminister Boris Pistorius die an Herz und Körper erkrankten oder einsatzversehrten Soldaten, die in Kanada während der siebten Invictus Games die deutschen Farben vertraten, mit einem würdevollen Extraempfang im Berliner Bendlerblock. Der Berliner Sportjournalist Volker Schubert folgte der ministeriellen Presseeinladung und berichtet exklusiv für Bundeswehr Sport-Magazin.
Beim Berliner Bendlerblock, dem sogenannten Zweiten Dienstsitz des Bundesverteidigungsministeriums, gehören postolympische Ehrenempfänge zum festen Eventrepertoire, wenn es um die Würdigung und Wertschätzung von medaillenträchtigen Elitesportlern im Waffenrock der Teilstreitkräfte geht. Rund 900 deutsche Kaderathleten profitieren vom durch das Wehrressort getragenen Spitzensportprogramm, das mit der Schaffung von exklusiven Planstellen für Sportsoldaten für professionelle Rahmenbedingungen sorgt. Seitdem auf Initiative des britischen Prinzen Harry 2014 erstmals in London die „Invictus Games“ ausgetragen wurden, kommt die würdevolle Tradition des „Großen Bahnhofs für die Olympioniken“ auch jenen Militärsportlern zugute, die sich für die „Olympiade der Kriegs- und Einsatzversehrten“ qualifizieren konnten. Für die mittlerweile siebte Austragung der Invictus Games ging es für die deutschen Bundeswehr-Athleten per Big-Lift über den großen Teich.

Zusammenhalt der Invictus Games 2025 (IG25) Gemeinschaft.
Deutsch-kanadischer Basket-Auftakt frenetisch gefeiert
Nach rund zehn Stunden Flug landete der luftwaffengrau lackierte Airbus A-330 der multinationalen Transportflotte des Bundesverteidigungsministeriums mit der rund 100-köpfigen Bundeswehr-Delegation im kanadischen Vancouver, wo die insgesamt 550 Versehrtensportler aus 25 Nationen die imposante Auftaktveranstaltung der VII. Invictus Games zelebrierten. Nach den emotional mitreißenden Eröffnungsfeierlichkeiten mit 40.000 empathischen Zuschauern stand der erste Wettstreit im Rollstuhl-Basketball ebenso im Zentrum begeisterter Aufmerksamkeit, als die deutschen Kameraden gegen den Gastgeber Kanada im Centercourt des Vancouver Convention Centers nach den Klängen der beiden Nationalhymnen gegeneinander antraten. Ein echtes Fair-Play-Match sollte sich sodann entrollen, denn gleich, ob deutscher oder kanadischer Baseballer, jeder der spannenden Spielzüge wurde enthusiastisch von der Fan-Gemeinde gefeiert.

der Bundeswehr, freute sich über das würdevolle Wiedersehen im Bendlerblock.
Novum: Sommer- und Wintersport erstmals als Hybrid-Spiele vereint
Vom 6. bis 17. Februar 2025 – von großen Gefühlen getragen – sollten die diesjährigen „Spiele der Unbezwingbaren“ mit einem spitzensportlichen Novum starten. So wurden die Armeewettkämpfe der Militärversehrten erstmals als Invictus-Winter-Hybridspiele ausgetragen. Fanden die teils an die Versehrtensportbedürfnisse angepassten olympischen Kernsportarten wie Indoor-Rudern, Sitzvolleyball, Schwimmen und Rollstuhl-Basketball sowie Rollstuhl-Rugby in Vancouver statt, führten die Wettkämpfe in den klassischen Wintersportarten rund 135 Kilometer von Vancouver entfernt über den Sea-to-Sky-Highway ins eiskalte Whistler. Bei Temperaturen von bis zu minus 20 Grad unter Null, konnten sich die schneesportbegeisterten Invictus Gamer erstmals im alpinen Skifahren und Snowboarden, im Biathlon und Skilanglauf sowie im Skeleton als auch im Rollstuhl-Curling messen.
Trotz persönlichen Ehrgeizes und disziplinübergreifenden Engagements der Versehrtensportler sowie der Freude über nationale Einzel- oder Mannschaftssiege: auch bei den kanadischen Invictus Games bildete das sportliche Miteinander durchgehend den gemeinsamen wie verbindenden Rahmen des militärischen Special Events. So betonte der Invictus Games Initiator Prinz Harry in seiner Laudatio im kanadischen Vancouver erneut das Leitbild des militärsportlichen Highlights: „Die Werte, die Ihr verkörpert – Euer Mut, Eure Widerstandskraft, Eure Menschlichkeit – sind ein Vorbild für uns alle.“ Für den Schirmherrn und britischen Thronfolger stellen die Invictus Games einen wichtigen Meilenstein in der körperlichen und seelischen Rehabilitation von einsatzgeschädigten oder traumatisierten, verunfallten oder erkrankten Soldaten dar, die über die Wettkampfteilnahme einen individuellen Schritt in ein neues, selbstbestimmtes Leben verkörpern sollen.
Dieser Intention folgte dann auch die deutsche Delegation, die mit 20 Athleten an die Startlinien trat. Deren Ringen um Platzierungen und persönliche Bestleistungen wurde unter anderem von 16 Truppenpsychologen und Trainern betreut, die die bedeutsame Wegmarke zur gesellschaftlichen und beruflichen Reintegration intensiv begleiteten. Hinzu kamen 49 Familienangehörige und Freunde, die die spannenden Wettkampfverläufe mit frenetischem Jubel und oftmals unter Glückstränen verfolgten. Dass Generalinspekteur Carsten Breuer nach Vancouver gereist war, um die Soldaten mit Anteilnahme und sehr persönlichen Worten und Glückwünschen zu unterstützen, gehörte während der Wettkämpfe und Platzierung ebenso zu den höchst emotionalen Momenten der kanadischen Versehrtenspiele.

„Der Geist der Invictus Games lebt weiter“
Kanadas große Bühne für große Leistungen stand im Berliner Spätherbst erneut im Zentrum höchster Wertschätzung, als der Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt (IBUG) die an Seele und Gliedern versehrten Militärathleten persönlich im Ehrensaal des Berliner Bendlerblocks begrüßte. In seiner Laudatio unterstrich Boris Pistorius, dass „der Geist der Invictus Games […] weiter“ lebe. Die kanadischen Spiele hätten hohe emotionale Wellen geschlagen und wären ein internationales Fest des Zusammenhalts, wie der Wehrressortchef betonte. Diese einmalige, nationenübergreifende Wertschätzung skizzierte in Kanada erneut den eigentlichen Charakter der ganz besonderen Spiele. Trotz allen persönlichen Erfolgs, den Boris Pistorius immer wieder lobend herausstellte, sei die Intention der Spiele durch den besonderen Charakter des Miteinanders gekennzeichnet. Diese zentrale Botschaft konnten die Athleten mit ihren Familien und Freunden unter Anteilnahme zehntausender Zuschauer in beiden kanadischen Austragungsorten in einer von grenzenloser Freundschaft getragenen Atmosphäre tagtäglich spüren.
Ministerielle Wertschätzung im Bendlerblock
So habe das hautnahe Erleben dieses besonderen Flairs viele der deutschen Athleten so stark beflügelt, dass etliche mit hervorragenden Einzelleistungen über sich hinauswuchsen. Etwa durch persönliche Topleistung beim Schwimmen oder Rudern, wie der IBUG mit großer Bewunderung herausstellte. Beim in Deutschland so geschätzten Biathlon konnten die Skijäger die Nation sogar auf den Thron heben, was „ein Zeugnis unbeugsamen Willens“ sei, so Boris Pistorius mit Stolz in der Stimme. Eine berauschende Atmosphäre habe durchgängig auch beim Skeleton im schneeweißen Eiskanal geherrscht, ebenso beim Rollstuhl-Curling und dass, obwohl die Wettkämpfe in eiskalter Umgebung ganze 12 Stunden andauerten. Dass die Invictus Games erstmals in Kombination von Winter- und Sommersportarten vereint ausgerichtet worden seien, sei trotz der eisig-klimatischen Bedingungen in Whistler wesentlicher Teil der Erfolgsgeschichte gewesen.
Im neuen Format der Versehrtenspiele spiegele sich durch die breitgefächerte Palette von Disziplinen einmal mehr die herausragende Rolle des Sports wider, und zwar gerade, wenn Sport ganz gezielt der körperlichen wie seelischen Rehabilitation und der individuellen Ermöglichung von Teilhabe diene. Deshalb stünden bei den Invictus Games der Wettstreit um Platzierungen und die sportliche Kameradschaft gleichberechtigt nebeneinander. Dieser Grundgedanke setze genau jene positiven Energien frei, die die Wettkämpfe bei jedem der startenden Athleten ausgelöst hätten.

Warendorfer Sportmediziner sind Weltklasse-Team
Am Ende seiner Laudatio rückte Boris Pistorius das Thema Verwundung und Rehabilitation in den Fokus öffentlicher Aufmerksamkeit. Die in Kanada im Wettstreit gestandenen Soldaten hätten auf eindrucksvolle Art und Weise gezeigt: „Sie sind unbezwingbar, Sie sind invictus“, so der Verteidigungsminister. Diese Botschaft müsse kontinuierlich in die Öffentlichkeit getragen werden. Sein besonderer Dank galt schließlich der Vielzahl militärmedizinischer Bundeswehr-Experten, die sich mit unermüd- lichem Einsatz der Rehabilitation von körperlich Verwundeten und seelisch Traumatisierten widmen würden. Konkret nannte Boris Pistorius das Warendorfer Team des Zentrums für Sportmedizin der Bundeswehr, dass der Bendlerblock-Chef angesichts des fortschrittlichen rehabilitationsmedi- zinischen Portfolios als Weltklasse-Organisation hervorhob.
Durch die Arbeit der Warendorfer Mediziner, Psychologen und Physiotherapeuten zur Möglichmachung der Invictus Games sei bei den Athleten eine besondere Art der Resilienz und Motivation entstanden, die den in Kanada hautnah erlebten Teamgeist beflügelt hätten. Nicht der Medaillenplatz sei für den Einzelnen das Erstrebenswerte, sondern die sehr bewusst getroffene Entscheidung, an den Invictus Games teilnehmen zu wollen. Das sei dann auch der Kern und besondere Stellenwert der Spiele, wie Boris Pistorius abschließend betonte, denn die Invictus Games seien für die Versehrtensportler weit mehr als reines spitzensportliches Kräfte- messen und längst zu einem völkerverbindenden Symbol für Hoffnung, Stärke und Zusammenhalt aufgestiegen.

- Text: Volker Schubert
- Fotos: Volker Schubert