Sport im Einsatz

P1020619Am 11.05.2004 erhielt das deutsche Einsatzkontingent ISAF zum ersten Mal eine sportfachliche Unterstützung, vom Hauptmann der Reserve Diplomsportlehrer Detlef Mielatz, im Hauptberuf Sportlehrer Bw-Truppe im Standortkommando Berlin. Dort setzte er seine Arbeit fort, die er 2004 in Kabul und Kunduz begonnen hatte. Seit Jahren begleitet er SFOR und KFOR in Sachen „Sport im Einsatz“ und jetzt auch ISAF, denn körperliche Fitness ist lebenswichtig. Bei seinem letzten Einsatz in Afghanistan wurde das Konditions- und Fitnesshaus im „Camp Warehouse“ in Zusammenarbeit mit dem Dezernat Bau-Infra im Juni eröffnet. Seine aus der Heimat mitgebrachte Expertise und die Gabe, mit Teamgeist zu motivieren, führten dazu, dass innerhalb kürzester Zeit das Konditions- und Fitnesshaus zu jedem Zeitpunkt mit Soldaten besetzt waren. Physische Leistungsfähigkeit und psychische Belastbarkeit der Soldaten sind wesentliche Voraussetzungen für das Bestehen im Einsatz. An die Soldaten werden höchste Anforderungen in Bezug auf körperliche Leistungsfähigkeit gestellt. Um die permanente sportfachliche Betreuung kontinuierlich fortzusetzen, wurde ein temporärer Dienstposten „Sportoffizier“ eingerichtet. Dieser wird regelmäßig genutzt, um Diplomsportlehrer Detlef Mielatz in die Einsatzgebiete zu verlegen, um vor Ort sportfachlich den Kommandeuren zur Seite zu stehen. Diese Tätigkeit wurde bisher kontinuierlich fortgesetzt. Im September 2012 erfolgte sein 14. Einsatz.P1020437

Bereits 2000 hat er das Konzept „Sport im Einsatz“ erarbeitet. Dieses Konzept bildet die Leitlinie für die sportspezifische Tätigkeit vor allem bei extremen Lage- und Witterungsbedingungen. Hierbei ging es von Beginn an darum, Konditions -und Fitnessgeräte bereit zu stellen, die extremen Rahmenbedingungen und fast 24-stündiger Belastung standhalten. Detlef Mielatz nahm die Situation zum Anlass und stellte sich parallel dazu den Anforderungen einer langjährigen Ausbildung zur „Befähigten Person für Konditions- und Fitnessgeräte, Sportinfrastruktur und Anlagen sowie Sport- und Turngeräte“. Des Weiteren wurden sehr spezifische Ausbildungen in langjähriger Zusammenarbeit mit dem Hersteller Schnell Trainingsgeräte GmbH durchgeführt, der gemäß Rahmenvertrag die Bundeswehr mit professionellen Konditions- und Fitnessgeräten ausstattet. Dadurch wurde gewährleistet, dass mit Beendigung der Einsätze von Detlef Mielatz ein sofortiger Gedankenaustausch vor Ort stattfinden konnte, der der Verbesserung von Pflege und Wartung sowie Optimierung der Nutzungsdauer unter extremsten bisher unbekannten Lage- und Belastungsbedingungen dient.P1020633

Mielatz hat sich im Laufe der Jahre als Spezialist für den Sport im Einsatz einen Namen gemacht. Vor Einsatzbeginn ist sehr schnell zwischen Kabul, Mazar -e- Sharif und OP – North bekannt, dass der „Sporthauptmann“, wie er betitelt wird, im Einsatz ist. Die Kommandeure, Leiter der Einsatz¬wehr-verwaltung und natürlich auch die Kameraden sind hoch erfreut, denn sie wissen, dass professionelle Unterstützung im Einsatz ist. Er ist ohnehin ein Mann für Einsatz bezogene, einfache und effektive Lösungen. Bereits im Jahr 2000 bei SFOR hat er sich damit auseinander gesetzt, wie er wirklich alle Soldaten für den Sport motivieren kann. Während seines Einsatzes 2005 in Kabul „Camp Warehouse“ wurde ein T-Shirt mit einem Laufabzeichen angefertigt, die dem Soldaten für seine erbrachte Leistung als Anerkennung übergeben wurde. Diese Motivationshilfe wurde mit großer Begeisterung in jedem Camp übernommen und bis heute fortgeführt. Der Spitzenwert der Laufleistung über alle Kontingente beträgt jetzt schon 2206 km. Kontingent unabhängig fällt insbesondere eine deutlich höhere Laufleistung pro Teilnehmer bei den Unteroffizieren und Offizieren auf. In den letzten Jahren wurde das Laufabzeichen auf die Disziplinen Rudern, Fahrradfahren sowie 100-kg-Bankdrücken erweitert. Die Lauftätigkeit wird vor allem auf Laufbändern, Fahrradergometern, „Indoor-Cycling“-Fahrrädern und Cross-Trainern bewertet. Da aufgrund der äußeren extremen Bedingungen sowie der Einhaltung des Gesundheitsschutzes das Laufen im Camp kaum möglich ist, wurden Bedingungen in den Camps geschaffen, die es ermöglichen, dass ein großer Teil der Soldaten trotzdem Sport treiben kann. Damit die Konditions- und Fitnessgeräte ständig genutzt werden können, ist eine kontinuierliche professionelle Pflege und Wartung dringend notwendig. Auch die tägliche Sicherheitskontrolle an den Geräten ist nicht nur festgelegt, sondern aufgrund der hohen Belastung dringend erforderlich, um Verschleiß- und Ersatzteile auszuwechseln und Unfälle zu vermeiden. Detlef Mielatz hat 2006 in Zusammenarbeit mit den Einsatzwehrverwaltungen in Afghanistan den Vorschlag unterbreitet, afghanische Mitarbeiter als Sport– und Gerätewart auszubilden. Heute ist sichergestellt, dass in allen Camps zivile Mitarbeiter dafür sorgen, dass die Geräte gepflegt, gewartet und einsatzbereit sind. Sie leisten ausgezeichnete Arbeit und werden von Herrn Mielatz in jedem Einsatz in Theorie und Praxis weitergebildet.OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Wie wichtig seine Aufgabe ist, erfährt er am eigenen Leib bei jedem Einsatz. Er kennt den Alltag im Camp und weiß, dass Sport nicht nur für Fitness und Ausdauer wichtig ist, sondern auch als sinnvolle Freizeitbeschäftigung, die Spaß macht: Sport bringt Ablenkung, baut Stress ab, hilft Konflikte zu bewältigen und erleichtert das Leben über Wochen und Monate fern von zu Hause. Deshalb spürte er von Anfang an, dass er gebraucht wird. 2011, in den Monaten April und Mai, hat er während seines Einsatzes in Afghanistan einen Auftrag erhalten, der ihm sehr viel von seinem sportfachlichen Repertoire abverlangte. Sein Auftrag war es, die Fitnesseinrichtungen im Camp „OP – North“ zu erweitern bzw. zu erneuern. Die Stellung „OP – North“ befindet sich mitten im Gebirge auf 800 m Höhe. Die Lagebedingungen für die Kameraden sind äußerst extrem und können mit anderen Feldlagern nicht verglichen werden. Hier lebt man in Zelten. Auch die Möglichkeiten der Betreuung und Ablenkung sind stark eingeschränkt. Um zwischen den Einheiten hin und her zu pendeln, sind mehrere hundert Meter bergauf bzw. bergab zurückzulegen. Zusammen mit einem verantwortlichen Offizier ist Detlef Mielatz bei allen Stellungen auf „OP – North“ gewesen. Danach war ihm bewusst, dass die Kameraden dringend in ausreichendem Maße mit Konditions- und Fitnessgeräten ausgerüstet werden müssen. Er erfuhr von den Verantwortlichen jegliche Unterstützung. Innerhalt von 14 Tagen war die neue Fitnesseinrichtung zur Nutzung freigegeben. Kaum vorstellbar, mit welcher Freude die Kameraden ihr erstes Training begonnen haben. Mielatz wurde gebeten. noch ein paar Tage länger zu bleiben, um Unterstützung sowie Anleitung zum physischen Training unter den äußerst harten Bedingungen zu geben. Während des Einsatzes ist Detlef Mielatz zusammen mit einem Kameraden ständig in den Stellungen unterwegs gewesen, um nach weiteren Lösungen zu suchen, den Sport im Einsatz auch unter diesen extremen Bedingungen weiter auszubauen.P1020623
Hierbei fand er auf 800 m Höhe einen Golfball. In den Einheiten wurde gefragt: Wer schlägt hier Golfbälle in das Gelände ab? Die Kameraden waren schnell gefunden. Sie berichteten, das Spiel haben sie von amerikanischen und englischen Soldaten übernommen. Mit einem Golfschläger Bälle in einem vorher markierten Geländeabschnitt zu schlagen, macht riesigen Spaß, lenkt ab, macht den Kopf frei, entspannt und lässt den Soldatenalltag besonders auf „OP – North“ für einige Zeit in den Hintergrund rücken. Golfschläger und Bälle hatten sich die Soldaten persönlich zuschicken lassen. Durch die äußerst hohe Konzentration wird der Kopf so frei, dass man nur daran denkt, den Ball in den markierten Bereich zu schlagen. Aber alle Kameraden hatten das gleiche Problem: keine Kenntnisse der Abschlagtechnik. Detlef Mielatz konnte als C-Trainer und aktiver Golfer helfen und den Soldaten ein Erfolgserlebnis verschaffen. Nach Rücksprache mit dem Kommandeur, der sofort von der Idee begeistert war, wurde ein zielgerichtetes Abschlagtraining in den dafür festgelegten Zeiten durchgeführt. Die Begeisterung war so groß, dass sehr viel weitere Soldaten ihr Interesse gezeigt haben, an der Ausbildung teilzunehmen. Bei kleinen Meisterschaften war eine positive Entwicklung zu spüren. Die Soldaten waren wie ausgewechselt und wieder mit großer Freude und Entschlossenheit zur Erfüllung ihres Auftrages bereit. Dieser Riesenerfolg fand große Beachtung bei der Auswertung des Auslandseinsatzes von Diplomsportlehrer Detlef Mielatz. Er erhielt 2011 wieder eine Einladung zur Teilnahme an einem Golfkongress des Deutschen Golfverbandes, an dem er auch als Leiter der Neigungsgruppe Golf Bundeswehr Berlin teilnahm. Dabei konnte er dem Präsidenten des Deutschen Golfverbandes, Joachim Nothelfer, sowie einigen DGV-Präsidiumsmitgliedern von seinen Erlebnissen auf „OP – North“ berichten. Spontan legte der Präsident fest, der Truppe sofort zu helfen. Am Rande eines Turniers 2012 im Golfclub Berlin Wannsee konnte Mielatz ein Geschenk des Deutschen Golf-Verbandes für seinen nächsten Auslandseinsatz auf „OP – North“ entgegennehmen: eine komplette Schlägerausrüstung mit Bällen, die er im August dem Kommandeur auf „OP – North“, Oberstleutnant Mayer, übergab. Dieser gab spontan seine Zustimmung für die Weiterführung des Abschlagtrainings. Die Zustimmung kam zur richtigen Zeit, denn die Bedingungen für die Kameraden auf „OP – North“ haben sich wesentlich erschwert. Vordergründig für den erneuten Afghanistan-Aufenthalt von Detlef Mielatz war aber die Kontrolle der Konditions- und Fitnesseinrichtungen mit Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten sowie die Sicherheitskontrolle insgesamt. Die Erweiterung mit Konditions- und Fitnessgeräten wurde vor Ort mit großer Freude entgegengenommen. Danach wurde in kürzester Zeit mit den Verantwortlichen auf „OP – North“ ein Geländeabschnitt gefunden, in dem das Abschlagtraining auf markierten Flächen stattfinden konnte. Zuerst wurden aus allen Einheiten Sportausbilder befähigt, damit sie die Betreuungsmaßnahme kontinuierlich fortsetzen können. In einem Brief hat sich Oberstleutnant Mayer für das Geschenk des Deutschen Golfverbandes bedankt und den DGV-Präsident nach Beendigung des Auslandseinsatzes nach Bad Salzungen eingeladen. Zugleich hat er den Wunsch der Truppe geäußert, das Abschlagtraining am Standort fortzuführen.Das Bundeswehr Sport-Magazin wird auch im Auslandseinsatz gelesen

Aufmerksam geworden ist der Oberstarzt Dr. Zimmermann vom Bundeswehrkrankenhaus Berlin auf die Arbeit von Diplomsportlehrer Detlef Mielatz in den Auslandseinsätzen. Diesen Erfahrungsschatz wollte er in seiner neuen Studie zur Betreuung seiner Soldaten (Patienten) einbeziehen. Die sportliche Betreuung während des Bundeswehrkrankenhausaufenthaltes ist ein neues Konzept. Es ist medizinisch erwiesen, dass körperliche Aktivität, zielgerichtete Bewegung und allgemeiner Sport bei physischen Erkrankungen die gesundheitliche Regeneration fördern, weil dadurch Stresshormone abgebaut werden. Zudem wird der Körper durch die Anstrengung auf natürliche Weise ermüdet, was auch den gerade bei Trauma-Patienten häufig gestörten Schlaf positiv beeinflussen kann. Ergänzend empfiehlt sich das Erlernen von Entspannungstechniken. Auch Golfspielen ist gut geeignet aufgrund seiner hohen Konzentrationsphasen sowie der ständigen Bewegung und Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit, denn schon Neueinsteiger sind vier bis fünf Stunden bei einer 18-Loch-Anlage unterwegs. Golfspielen wurde schon des Öfteren in das Betreuungsangebot einbezogen. Was Detlef Mielatz dabei erlebte, kann man kaum wiedergeben: Die Freude und Begeisterung war immens und der Wunsch, wieder spielen zu gehen, wurde von allen Teilnehmern geäußert. Ein Teilnehmer brachte zum Ausdruck: „Herr Mielatz, ich war lange nicht so glücklich wie heute, das müssen wir öfter machen.“ Der Dank gilt vor allem Thomas Bonk vom Berliner Golfclub Stolper Heide und der Golfakademie von Gregor Tilch sowie der katholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung e.V., hier in Berlin vertreten durch Hildegard Stumm. Um noch mehr Verständnis für die Kameraden (Patienten) zu entwickeln, qualifiziert sich Detlef Mielatz auf dem Gebiet der Truppenpsychologie ständig weiter und besucht Fachlehrgänge. Immer wieder bekommt er die Bestätigung, dass er sein Hobby zum Beruf gemacht hat. Wer mit ihm zu tun hat, spürt seine Leidenschaftlichkeit, seine Motivation und seine Professionalität.

Text: Chris English
Fotos: Diplomsportlehrer Detlef Mielatz

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