Timo Boll und Patrick Baum scheitern erst im Viertelfinale der Tischtennis-Weltmeisterschaften

Baum-WCC13_0033Eine deutsche Medaille konnte der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) bei der Einzel-Weltmeisterschaften in Paris zwar nicht feiern, die Leistungen der Spielerinnen und Spieler, von denen einige auch der Sportförderfördergruppe der Bundeswehr angehören, stimmten jedoch zuversichtlich. Allen voran die von Stabsunteroffizier Patrick Baum. Der 25-jährige Sportsoldat spielte sich bis in die Runde der letzten Acht vor. Dort war für den Jugend-Weltmeister von 2005 erst gegen den späteren Weltmeister und somit erfolgreichen Titelverteidiger Zhang Jike (China) Schluss. Deutschlands Nummer eins, Timo Boll, blieb eine zweite WM-Einzelmedaille nach Bronze 2011 nur knapp verwehrt.
In den Einzel-Wettbewerben dominierten – wenig überraschend – chinesische Akteure. Es gab allerdings auch zwei Weltmeister aus anderen Nationen.

Sportsoldat Patrick Baum hat sich bei der Einzel-WM in Paris ins Rampenlicht gespielt. Der 25-jährige vom Bundesligisten Borussia Düsseldorf setzte vor allem im Achtelfinale ein dickes Ausrufezeichen, als er seinen Nationalmannschaftskollege und Kumpel Dimitrij Ovtcharov (Orenburg) mit 4:1 aus dem Turnier war. Ovtcharov, zweifacher Bronzemedaillengewinner von London 2012, hatte sich als an Position gesetzter Spieler Hoffnungen auf eine Medaille gemacht – bis Kumpel Baum kam. „Wenn ich es jemandem gönne, dann Patti. Er hat ein schweres Jahr hinter sich“, bekannte Ovtcharov nach der Partie. 2012 war das Jahr der Rückschläge für Baum. Bei den Olympischen Spielen in London war er nur Ersatzmann, bei der Europameisterschaft in Herning (Dänemark) wurde Baum im Viertelfinale nach zweimal Silber 2011 und 2010 wegen eines nicht regelkonformen Schlägers disqualifiziert. Jetzt, in Paris, konnte Baum wieder jubeln. Und fast hätte er an einer Sensation geschnuppert.

Nach einem Jahr der Rückschläge spielt Baum eine gute WM
Nach dem Achtelfinalerfolg über Ovtcharov traf der 25-Jährige vor 9000 Zuschauern im Palais Omnisport de Paris-Bercy auf Titelverteidiger und Olympiasieger Zhang Jike. Baum begann forsch, hatte eine 2:1-Satzführung auf dem Schläger, vergab in Durchgang drei beim 10:5 allerdings fünf Satzbälle in Folge. Danach war der Chinese nicht mehr aufzuhalten. „Bei 10:5 im dritten Satz hat Zhang Jike mit mehr Risiko gespielt und ist näher am Tisch geblieben“, erklärt Bundestrainer-Assistent Zhu Xiaoyong, der Baum coachte. Nach dem 10:12 stand ein ganz anderer Patrick Baum am Tisch. „Er war danach stärker, und mich hat das völlig aus dem Konzept gebracht“, so Baum. „Klar ist es schwer, wenn man gegen den Weltmeister und Olympiasieger spielt. Trotzdem denke ich, ich hätte etwas machen können, wenn ich so weiter gespielt hätte, wie bis dahin.“ Das hätte er wohl. So aber war mit 2:11 und 3:11 zu schnell Schluss. „Natürlich ärgere ich mich, dass ich es nicht geschafft habe, auch nach dem Dritten noch dran zu bleiben. Da habe ich ganz klar mental Schwäche gezeigt“, sparte Baum nicht mit Selbstkritik.

Boll-WCC13_0440Timo Boll kratzt erneut an einer WM-Einzelmedaille
Auch für Baums Teamkollege bei Borussia Düsseldorf, Timo Boll, war gegen einen Chinesen im Viertelfinale Schluss. Gegen den im Vorfeld als einen heißen Turnierfavoriten gehandelten Weltranglistenzweiten Ma Long machte Boll ein bärenstarkes Spiel, musste aber seinem Kontrahenten letztlich zum 4:2-Sieg gratulieren. Es war eine Weltklasse-Partie, die sich die beiden Asse vor 9000 Zuschauern lieferten. „Entscheidend waren die ersten beiden Sätze“, erklärte Boll. „Den ersten Satz habe ich zu schnell verloren. Im zweiten habe ich 6:2 geführt und nachher noch verloren.“ Am Schluss sei er spielerisch auf dem Niveau des wohl besten Spielers der Welt gewesen. „Es hat heute eine Menge Spaß gemacht am Tisch, und den Zuschauern hat es auch gefallen, glaube ich. Deshalb ist mein Gefühl nicht so schlecht nach der Niederlage“, so Boll. „Es ist schade, so nah dran zu sein und dann trotzdem zu verlieren.“ Boll habe an seinem oberen Limit gespielt. „Ma Long hat am Ende Bälle ausgegraben, die nur wenige in der Welt noch auf den Tisch spielen würden.“ Die Niederlage in einem WM-Viertelfinale sei zwar eigentlich deprimierend, dieses Spiel und vor allem sein Niveau gebe Boll aber jede Menge Mut.
Mit dem Deutschen Meister Steffen Mengel (Frickenhausen) hatte ein Sportsoldat sein Debüt bei einer Einzel-Weltmeisterschaft gegeben. Nach souverän überstandener Qualifikation war für den Deutschen Meister 2013 in der ersten Hauptrunde gegen den Weltranglistenersten und späteren WM-Dritten Xu Xin (China) Schluss.
Was zum Wunschergebnis bei den Herren letztlich fehlte, war Edelmetall – auch wenn der DTTB mit zwei Viertelfinalteilnehmern im Einzel mit Timo Boll und Sportsoldat Patrick Baum sowie Dimitrij Ovtcharov als Achtelfinalist im olympischen Wettbewerb, dem Einzel, so breit vorne aufgestellt war, wie nie zuvor in der 87-jährigen WM-Geschichte.

Silbereisen-Wu-WCC13_0030Priorität bei den deutschen Damen liegt auf Europas Spitze
Die deutschen Damen hatten es aufgrund ihrer Setzung besonders schwer. Durch den krankheits- und verletzungsbedingten Ausfall war Dauer-Nummer-eins Wu Jiaduo (Kroppach) aus den Top 16 gefallen und zu früh auf eine Chinesin getroffen. Auch Zhenqi Barthel (Bingen) war gegen die spätere WM-Zweite Liu Shiwen machtlos. Immerhin Sportsoldatin Kristin Silbereisen war nah dran am Einzug ins Achtelfinale. „Wir müssen uns bei den Damen realistische Ziele setzen“, gibt der DTTB-Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig zu bedenken und liegt damit auf einer Linie mit Bundestrainerin Jie Schöpp, deren oberste Priorität ist, zunächst in Europa weit nach vorne zu kommen.

China nicht im Herren-Doppel und Mixed vorn
Zwei größere Überraschungen hielt die diesjährige WM parat. Zweimal standen nicht-chinesische Duos ganz oben auf dem Siegerpodest. Im Herren-Doppel beendeten die Taiwanesen Chuang Chih-Yuan/Chen Chien-An die 20 Jahre währende Siegesserie Chinas durch einen Erfolg über den sich aus dem Nationalteam verabschiedenden Ma Lin an der Seite von Hao Shuai. Noch bemerkenswerter: Es war der erste Titel für Taiwan überhaupt in der 87-jährigen WM-Geschichte. Auch im Gemischten Doppel überließ China einer anderen Nation den Titel: Kim Hyok Bong und Kim Jong aus Nordkorea gewann überraschend die Goldmedaille.

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Nächstes Highlight in Deutschland im November: German Open in Berlin
Die nächste Topveranstaltung in Deutschland steht für Tischtennisfans im November an. Die German Open finden vom 13. bis 17. November in Berlin statt. Der Kartenvorverkauf hat bereits begonnen. Zwischen sieben und 25 Euro kosten die Tickets für die einzelnen Hauptrundentage. Die Weekend-Karte für Samstag  und Sonntag gibt es für 43 Euro. Die Wochenend-Tickets sind nur bis 31. August und in einer begrenzten Anzahl zu haben. Und: An den Qualifikationstagen, Mittwoch und Donnerstag, ist freier Eintritt für alle.

Mehr Informationen und Tickets: www.tischtennis.de und www.tischtennis-tickets.de

Text: Florian Leidheiser
Fotos: Manfred Schillings

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