Die Deutschen haben beim ICF-Weltranglistenrennen in den vier Kanuslalom-Disziplinen Augsburg mit drei Siegen, zwei zweiten Plätzen und einem dritten Rang gezeigt, dass der Eiskanal ihre Heimstrecke ist. Gold ging an Sportsoldatin Ricarda Funk (KSV Bad Kreuznach) im Kajak-Einer und Sportsoldatin Andrea Herzog (Leipziger KC) sowie Sideris Tasiadis (KS Augsburg) im Canadier-Einer. Silber holten Canadier-Spezialist Franz Anton (Leipziger KC) und Stefan Hengst (KR Hamm) im Kajak-Einer.
Die Lokalmatador Sideris Tasiadis und die Wahl-Augsburgerin Ricarda Funk zeigten erneut ihre Klasse: drei Rennen, drei Siege. Dennoch ärgerte sich der Canadierspezialist über eine Torstabberührung im Finale. Mit seinen überragenden Läufen bereits in der nationalen Qualifikation und jetzt wieder beim ersten internationalen Wettkampf auf dem Eiskanal – bei dem Olympiasieger Benjamin Savsek aus Slowenien wegen eines verpassten Tores das Finale verpasste – wächst der Druck auf den Augsburger, bei der WM Ende Juli zu liefern. Zumal in Tasiadis‘ Sammlung noch eine WM-Goldmedaille fehlt. „Locker easy wird das hier aber nicht“, betonte der Kanu-Schwabe. Zum einen ist die internationale Konkurrenz extrem stark, „und mir kann ja auch mal ein Fehler passieren.“ Er habe heute gezeigt, dass er „gut drauf ist“, denn trotz eines Fehlers paddelte er noch auf Rang eins. „Aber es wird schwer sein, die Form zu halten“, meinte er. Einer seiner größten Rivalen, der ihm den Weltmeistertitel streitig machen will, kommt mit Franz Anton aus dem eigenen Lager. Der gleichaltrige Leipziger holte 2018 WM-Gold und will seine Klasse in diesem Jahr erneut unter Beweis stellen. Nachdem der Start in die Saison nicht optimal verlief, ist er wieder da, entsprechend zufrieden sein Fazit vom Wochenende. Dennoch: „Es waren immer noch ein paar kleine Fehler dabei, auch wenn es eine Null-Fahrt war.“ Dass er sich hinter Tasiadis einordnete, „damit kann ich gut leben“, resümierte er. Seit Jahren ist es ein heißer Kampf der beiden deutschen Vorzeige-Canadier um die Medaillen. „Dieses Jahr ist es natürlich eine besondere Situation, weil es Sideris‘ Heimstrecke ist. Aber wir sind geboren, um Herausforderungen anzunehmen und deshalb nehme ich sie gerne an“, sagte Anton mit einem Lachen. Dritter wurde Michal Martikan aus der Slowakei.
U23-Canadierspezialist und Sportsoldat Lennard Tuchscherer zeigte mit seinem fünften Platz eine deutlich bessere Leistung als zur nationalen Qualifikation Anfang Mai auf dem Eiskanal. „Schade, dass es zur Quali noch nicht so geklappt hat.“ Der vierte deutsche Finalist, U23-Paddler Benjamin Kies (BSV Halle) wurde Neunter. Timo Trummer von KV Zeitz scheiterte im Halbfinale, ebenso U23-Fahrer Julian Lindolf (KS Augsburg).
Olympiasiegerin und Weltmeisterin im Kajak-Einer Ricarda Funk strahlte nach ihrem Endlauf. „Es war ein fast optimaler Lauf“, sagte die 30-Jährige voller Freude. „Nur das letzte Aufwärtstor habe ich nicht so richtig gut erwischt. „Ich bin happy, dass mir so ein Lauf gelungen ist. Aber das muss immer wieder aufs Neue geschafft werden.“ Stefanie Horn aus Italien paddelt auf Rang zwei. Die zweite deutsche Top-Kajakpaddlerin Elena Lilik (KS Augsburg) krümmte sich nach ihrem Bronzelauf vor Schmerzen. Sie hatte massive Probleme mit ihrer Schulter. Dennoch biss sich die 23-Jährige Sportsoldatin kurz darauf im Canadier-Finale durch, bei dem sie mit schmerzverzerrtem Gesicht auf Rang sieben fuhr. Jasmin Schornberg „Im Finale zu sein, ist immer cool.“ Die 36-Jährige konzentriert sich komplett darauf, den Leistungsnachweis für die WM zu schaffen. Entsprechend habe sie das Training bereits intensiviert, aber natürlich heißt es dabei, nicht zu übertreiben. Die U23-Paddlerin Annkatrin Plochmann (SGV Nürnberg-Fürth) belegte einen guten siebten Platz. Zu viele Torstabberührungen verhinderten eine bessere Platzierung. „Schade, mein Halbfinallauf war besser“, sagte sie. Ihre Team-Kollegin Emily Apel (KS Augsburg) war nach ihrem neunten Platz mit ihren Kräften am Ende, „die Pause war einfach zu kurz“, sagte sie. Halbfinalistin Franziska Hanke (Augsburger KV) vom U23-Team schied im Halbfinale aus.
Im Canadier der Damen hat sich die Olympia-Dritte Andrea Herzog eindrucksvoll zurückgemeldet. „Ich bin unglaublich froh, dass ich mich so zurückkämpfen konnte, nachdem die Quali und auch die Europameisterschaften nicht ganz so liefen. Ich bin froh, dass ich auch wieder gesund bin. Und jetzt schaue ich wieder positiv auf den Weltcup in Prag“, sagte die Sportsoldatin sichtbar erleichtert. „Dort versuche ich dann noch einmal unter Beweis zu stellen, was ich auch hier gezeigt habe.“ Zweite wurde die Slowakin Emanuela Lukarnova, gefolgt von der Ukainerin Viktoriia Us. Erneut stark präsentiert mit Rang fünf hat sich ihre Vereinskollegin Nele Bayn, die in diesem Jahr sich erstmals in die Nationalmannschaft paddelte. Im ersten Streckenabschnitt sehr gut unterwegs, berührte sie einen Torstab, „der flog dann weg und ich musste noch eine kleine Runde drehen“, was eine noch bessere Platzierung verhinderte.
Bei den Kajak-Herren zauberte Stefan Hengst einen starken Lauf den Eiskanal herunter, ärgerte sich dennoch im Ziel. Wütend über die verlorene Zeit an einem Tor sich selbst schimpfte er, „so ein Mist, ich habe in der acht eingeparkt. Ansonsten war der auch der zweite Lauf heute richtig geil.“ Somit fehlten dem 28-Jährigen 17 Hundertstelsekunden auf den Sieger Peter Kauzer aus Slowenien. Dritter wurde Finn Butcher aus Neuseeland. Der zweite deutsche Finalist Hannes Aigner landete wegen zwei Torstabberührungen auf Rang sechs. „Ich hatten einen kleinen Fahrfehler drin, das passiert.“ Die Fahrzeit allein stimmte, denn ihm fehlen trotz vier Strafsekunden nur 1,55 Sekunden zum Erstplatzieren. Kanu-Schwabe Noah Hegge erreichte das Finale wegen eines Fahrfehlers nicht, auch für die U23-Kajakfahrer Sportsoldat Tim Bremer (KST Rhein-Ruhr) und Joshua Dietz (RKV Bad Kreuznach) war das Halbfinale Endstation. Luis Erschig (KCE Waldkirch), der für den verletzten Maximilian Dilli (VfL Bad Kreuznach) startete, scheiterte bereits in der Qualifikation.
Es war ein anstrengendes Programm an diesem Wochenende. Das die Wettkämpfe am Sonntagmorgen wegen eines Gewitterschauers um eine halbe Stunde verschoben werden mussten, war die Zeit zwischen den Läufen sehr kurz. Denn ein Aufschieben in den Abend war keine Option, erneute Starkregen waren angesagt. U23-Bundestrainer André Ehrenberg zeigte sich zufrieden mit seinem Team. „Einige sind zwar nicht an ihre Grenzen gekommen, haben nicht ganz gezeigt, was sie können. Aber andere haben mehr erreicht als vielleicht zu erwarten war“, sagte er und ergänzte, „man muss aber auch daran denken, dass wir gerade aus dem Trainingslager in Ivrea gekommen sind und keine Zeit zur Erholung hatten.“
Text: Uta Büttner
Fotos: Thomas Lohnes