Von Volker Schubert, Korrespondent Olympischer Spitzensport
Gut einen Monat nach den Leichtathletik-Europameisterschaften 2024 in Rom trainierte Karl Bebendorf nun schon zum vierten Mal mit Mitarbeitern am Standort des bayerischen Raketenbauers MBDA Deutschland. Diesmal war der Sportsoldat von der sächsischen Bundeswehr Sportfördergruppe Frankenberg mit Medaille an den Firmensitz des Defense-Unternehmens gereist, um dem MBDA-eigenen Sport- und Gesundheitsformat LaufCampus.24 ein exklusives Programm zu bieten. Nach seinem fabelhaften EM-Erfolg, bei dem der Nationalkader-Athlet des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV) in Roms sanierter Edel-Arena mit Olympianorm zum Bronzetitel gestürmt war, gewährte der Dresdner Hinderniskönig und fünffache Deutsche Meister diesmal tiefe Einblicke in den Trainingsalltag und das Seelenleben eines deutschen Profileichtathleten.
Mit LaufCampus.24, die Vierte, stand die laufsportlich wie gesundheitsorientierte MBDA-Initiative diesmal unter einem besonderen Stern, denn MBDA-Sportbotschafter Karl Bebendorf war mit EM-Medaille und Bestzeit-Laufschuhen angereist. Für die gut zwei Dutzend MBDA-Laufenthusiasten eröffnete das diesmalige Sport-Symposium zudem einzigartige Blickwinkel hinter die Kulissen des leichtathletischen Hochleistungssports. Ebenso freimütig ließ sich Karl Bebendorf dann auch in die Karten schauen, als der sächsische Sportsoldat, der bereits seit Jahrzehnten für den Traditionsverein Dresdner Sportclub 1898 startet, über seine trainingssportliche wie wettkampfspezifische Vorgeschichte zum kontinentalen Spitzensportereignis in Rom berichtete. Den Einstieg in das LaufCampus Programm machte DLV-Trainer Volker Schubert mit einer sporthistorischen Reise.
Die Wurzeln des 3.000 Meter Hindernislaufs stammen aus Deutschland. Bereits im 16. Jahrhundert fanden Hindernis-Rennen in Deutschland statt, wie sporthistorische Quellen des damals als „Barrlaufen“ bekannten Wettkampfs belegen – eine Wortschöpfung, die vermutlich auf „Balkōn“ (Balken), den westgermanischen Wortstamm aus dem 9. Jahrhundert (n. Chr.) in Assimilierung mit dem französischen Lehnwort „Barriere“ zurückzuführen ist. Mitte des 19. Jahrhunderts an den renommierten britischen Universitäten Cambridge und Oxford zum akademischen Traditionsrennen avanciert, wurde die olympische Kerndisziplin bei den Amsterdamer Sommerspielen des Jahres 1928 in die bis heute angewendete Wettkampf-Norm gegossen.
Karl Bebendorf, Profil eines Läufers
Die Spezifik des 3.000 Meter Hindernislaufs fordert einen motorisch und geistig vollumfänglich ausgebildeten Athleten. Dazu gehören neben der koordinativ anspruchsvollen Beidbein-Hürdentechnik auch exzellente Mittelstreckler-Qualitäten ebenso wie ausgeprägte taktische Finesse. Alles gepaart mit Willenskraft, um im allesentscheidenden Momentum die entscheidenden Sekunden einfahren zu können. Summa summarum ein Athleten-Profil, wie es sich Karl Bebendorf im Laufe seiner vielen Trainingsjahre auf den Leib geschneidert haben dürfte. Und so sollten die seit 96 Jahren unverändert gültigen Wettkampf-Regularien den 28-Jährigen am Spätabend des 10. Juni inmitten des komplett sanierten 1960iger „Stadio Olimpico“ in ein römisches EM-Finalrennen führen, bei dem sich der Dresdner Sportsoldat auf der Ziellinie in eine bis dato unerreichte Zeitdimension katapultierte.
Mit raketenartigem Schlussspurt zu EM-Bronze
Nach dem Startschuss positionierte sich der Sportsoldat zunächst im Verfolgerfeld, beobachtete den Rennverlauf, hielt sich dabei aus Scharmützeln mit den hochkarätigen Konkurrenten heraus. In der letzten Runde schien der 28-Jährige dann förmlich zu explodieren; schob sich kontinuierlich an der Konkurrenz vorbei. Auf den letzten 200 Metern – den letzten Wassergraben inklusive – trat Karl Bebendorf dann wie von allen Zwängen befreit aufs Gaspedal. Sprichwörtlich den Turbo gezündet, stürmte der Sachse schließlich mit außergewöhnlicher Leichtigkeit und Eleganz Richtung Ziellinie, um mit elektronisch exakt gemessenen 8:14,41 Minuten zu finishen – der ersehnten EM-Medaille in Bronze, neuer persönlicher Bestzeit und der direkten Olympia-Fahrkarte zu den Sommerspielen nach Paris. Was für ein persönlicher Erfolg, denn mit seiner Medaillen-Platzierung durchbrach der Militärathlet den 26-jährigen Dornröschenschlaf des DLV vor dem sich der Deutsche Damian Kallabis 1998 zuletzt als Europameister krönen konnte.
Einzelkämpfer mit Profi-Einstellung
Nach dem kometenhaften Aufstieg in die Medaillenränge und der „geisteskranken Zeit“, die er gelaufen sei, so Karl Bebendorf direkt nach seinem Erfolg, ist der Hindernisspezialist nicht nur der der beste Deutsche seiner Disziplin. Entsprechend der aktuellen Bestenliste der Europäischen Leichtathletik Vereinigung (IAAF) rangiert Karl Bebendorf als Europas fünftschnellster Läufer über die 3.000 Meter Spezialstrecke, die pro Runde mit vier 91,4 Zentimeter hohen Balken-Hindernissen und einem knapp vier Meter langen Wassergrabenhindernis gespickt ist. In seiner Königsdisziplin gehört das Dresdner Ausnahmetalent mittlerweile zum erlesenen Kreis der engeren Weltspitze. Sein Weg dorthin war durchaus steinig und verlief nicht immer so stromlinienförmig wie manch klassische Spitzensportlerkarriere.
Nach dem kometenhaften Aufstieg in die Medaillenränge und der „geisteskranken Zeit“, die er gelaufen sei, so Karl Bebendorf direkt nach seinem Erfolg, ist der Hindernisspezialist nicht nur der der beste Deutsche seiner Disziplin. Entsprechend der aktuellen Bestenliste der Europäischen Leichtathletik Vereinigung (IAAF) rangiert Karl Bebendorf als Europas fünftschnellster Läufer über die 3.000 Meter Spezialstrecke, die pro Runde mit vier 91,4 Zentimeter hohen Balken-Hindernissen und einem knapp vier Meter langen Wassergrabenhindernis gespickt ist. In seiner Königsdisziplin gehört das Dresdner Ausnahmetalent mittlerweile zum erlesenen Kreis der engeren Weltspitze. Sein Weg dorthin war durchaus steinig und verlief nicht immer so stromlinienförmig wie manch klassische Spitzensportlerkarriere.
Das Profisportler-Dasein verlange neben der vollen Hingabe zum Hochleistungssport zudem unternehmerisches Geschick, wie Karl Bebendorf bei LaufCampus.24 mit durchaus kritischem Unterton sagte. Als individualistischer Freigeist und ausgesprochener Einzelkämpfer musste er sich gegen Widerstände durchsetzen, so der Militärathlet. Der große Sprung ins leichtathletische Profilager gelang Karl Bebendorf letztlich durch seinen Willen zum Erfolg, seiner unnachgiebigen Disziplin, gepaart mit dem Talent, das sein Heimtrainer Dietmar Jarosch über die Jahre so konsequent und einfühlsam in die Erfolgspur lenken konnte, wie er den LaufCampus.24-Teilnehmern erzählte. Dass er sämtliche Erfolge aus nahezu eigener Kraft heraus erzielen konnte, mache ihn innerlich stolz.
Von Rom nach Paris wie ein Ritt durch die Hölle
So sei für ihn die Zeit nach der EM in Rom folglich schon die Zeit vor den Olympischen Sommerspielen in Paris, kurze Verschnaufpausen gestattet: Von seiner grandiosen Bronzemedaille mit dem fulminanten Endspurt, von der er bei LaufCampus.24 noch immer überrascht zu sein schien, gewährte der Dresdner einen sehr individuellen Blick hinter die Kulissen des internationalen Spitzensports. Seit den Sommerspielen von Tokio nun zum zweiten Mal Olympionike, tauchte der Dresdner Vorzeigesportler dabei tief in die emotionale Seite seines leichtathletischen Höhepunktes; schilderte das Gefühl permanenten Leistungsdrucks, skizzierte mit großer Offenheit seine Bedenken und Versagens-Ängste, die ihn vor Großwettkämpfen plagten und ging dabei auch sehr detailliert auf seine mentale Herangehensweise ein, um dem immensen Erwartungsdruck vor internationalen Spitzenrennen dennoch standhalten zu können – Prognosen für künftige Wettbewerbe deshalb Fehlanzeige.
Ein Profi-Leben in Askese
Die gehen erfahrungsgemäß „nach hinten los“, wie Karl Bebendorf in der 90-minütigen Interviewrunde offenherzig gestand. Allerdings wisse er inzwischen, was in ihm stecke und dass er noch längst nicht am Ende seiner Möglichkeiten sei, so Karl Bebendorf Zuversicht ausstrahlend. Das erneute Privileg, die deutschen Farben beim spitzensportlichen Highlight des Jahres 2024 im 400 Meter Oval des Pariser Nationalstadions für den DLV vertreten zu dürfen, sei für ihn trotz aller körperlichen Anstrengungen wie seelischen Qualen natürlich das Megaereignis, auf das er jetzt fokussiert hintrainiere. Und dennoch, teils wären solche hochkarätigen Meisterschaften für ihn die „reinste Hölle“. Der Leistungsdruck, den er dabei erlebe, erzeuge eine enorme innere Anspannung, die „teilweise nicht mehr gesund“ sei. Unter diesem Aspekt sei Olympia `24 in Paris für ihn ein Megasportevent, der vor allem durch maximalen seelischen Kraftaufwand gekennzeichnet sei.
Um den Fokus für die internationalen Leichtathletik-Topevents kontinuierlich hoch zu halten, so schilderte er, sei er die meiste Zeit seines Trainingsalltags lieber allein. Die Konzentration auf das Wesentliche sei hier sein Ziel, das er deshalb auch mit absoluter Stringenz verfolge. Um seine sich selbst auferlegte Askese auch sozial und finanziell durchzuhalten, setzt Karl Bebendorf seit 2020 auch ganz auf die Bundeswehr. Als Sportsoldat könne er sich zu beinahe 100 Prozent auf den Spitzensport ausrichten. Die nachhaltige Orientierung auf die Leistungsentwicklung mache folglich nicht nur Spaß. Hochleistungssport sei sein „Job“ und „Business“, wie Karl Bebendorf bei LaufCampus.24 betonte. Und damit unverkennbar den Akzent zum laufsportlichen Part beim MBDA-Sportsymposiums setzte.
Mit schwungvollen Tempoeinheiten durch den Sommer
Bei hochsommerlichen Temperaturen führte das bei LaufCampus.24 obligatorische Praxisseminar dann in den etwas kühler temperierten Hagenauer Forst. Hier unterwies der Bronzemedaillist die Teilnehmer in vorbereitende wie stabilisierende Trainingsformen für kürzere und intensivere Laufübungen.
Zu den vielfältigen Bewegungsaufgaben zählten allgemeine Dehnungsformen nach dem Einlaufen sowie eine gezielte Stretch-Gymnastik, die vor allem dann zweckmäßig ist, wenn danach kürzere wie schnellere und koordinativ anspruchsvollere Steigerungsläufe folgen sollen. Unter fachlicher Anleitung von Karl Bebendorf und Volker Schubert konnten sich die LaufCampus.24-Teilnehmer hier entsprechend ihres individuellen Leistungsvermögens zunächst ausprobieren und dann schrittweise verbessern lernen.
In bester Aufbruchsstimmung für „LaufCampus.25“
Mit einem lockeren Auslaufprogramm ging es nach knapp zwei Stunden Richtung MDBA-Zentrale zurück: zum letzten Höhepunkt, dem gemeinschaftlichen Fotoshooting mit Karl Bebendorf und seiner formschön designten EM-Medaille. Am Ende zeigte sich MBDA-Unternehmenssprecher Dr. Roland Kuntze, engagierter Freizeitläufer und Initiator des LaufCampus.24, von der kontinuierlichen Zusammenarbeit mit dem Dresdner Topleichtathleten überzeugt: „Bei Karls Finale haben wir gespannt mitgefiebert und sind stolz, dass er als MBDA-Sportbotschafter einen internationalen Erfolg feiern konnte. Wir setzen das Programm nun als ‚LaufCampus.25‘ fort: Leistungssportler wie Karl motivieren mit Erfahrungen und Erfolgen – sie zeigen auch, dass Fehlschläge oft die Grundlage für spätere Erfolge sind.“
auf das Fortsetzungsformat „LaufCampus.25“
- Text: Von Volker Schubert, Korrespondent Olympischer Spitzensport
- Fotos: MBDA