Normalerweise sorgt die Langstreckenmeisterschaft auf dem Nürburgring bei Teilnehmern und Zuschauern für strahlende Gesichter. Bis zu 200 Sport- und Tourenwagen duellieren sich auf der schönsten und schwierigsten Rennstrecke der Welt, dem Nürburgring. Gefahren wird dabei die 24,433 km lange Kombination aus Kurzanbindung und der legendären Nordschleife. Von den 10 Saisonrennen geht ein Rennen über sechs Stunden, die anderen neun normalerweise über 4 Stunden. Aber am 22. Juni dieses Jahres war das anders. Etwa zu Rennhalbzeit rollte der Opel Astra OPC von Wolf Silvester in der Anfahrt zum Bereich Schwalbenschwanz aus und Silvester blieb regungslos hinter dem Steuer sitzen. Die unmittelbar eintreffenden Rettungskräfte versuchten alles, um den 55-Jährigen zu reanimieren. Im Medical Center konnte der leitende Rennarzt jedoch nur noch den Tod infolge eines internistischen Hintergrunds feststellen. „Wir sind tief betroffen, unsere Gedanken sind bei den Angehörigen“, sagt der VLN-Vorsitzende Rolf Krimpmann. Während die Rettungsmaßnahmen am Schwalbenschwanz andauerten, wurde das Rennen gegen 14:30 Uhr mit der roten Flagge abgebrochen und auch nicht wieder gestartet.
Bereits seit vielen Jahren startete Wolf Silvester für das Münsteraner Team von Bonk Motorsport. Häufig trugen die Fahrzeuge dabei das Logo der Burg Rabenstein, einer mittelalterlichen Adelsburg in Oberfranken, deren Miteigentümer Silvester war. Zusammen mit seinem Teamkollegen, Hauptfeldwebel Mario Merten, gewann Silvester zweimal die VLN-Meisterschaft und errang zahlreiche Klassensiege. Auch in diesem Jahr war sie wieder erfolgreich unterwegs. Beim zweiten Lauf der Langstreckenmeisterschaft holte das Duo den Klassensieg im Opel Astra Cup und zählte einmal mehr zum Favoritenkreis für den Meistertitel.
Trotz des Verlusts eines langjährigen Weggefährten und Teamkollegen startete das Team Bonk Motorsport auch beim nächsten Lauf, dem 53. ADAC Reinoldus-Langstreckenrennen. Zu Ehren von Wolf Silvester fuhren alle Wagen des Teams mit einem Portrait auf einer schwarzen Motorhaube. Für Hauptfeldwebel Merten aus dem Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr bedeutete dieser Tag einen 4-stündigen Dauereinsatz. Er pilotierte den Opel Astra OPC alleine und feierte beinahe einen weiteren Klassensieg. Erst eine defekte Antriebswelle verhinderte kurz vor Schluss den Erfolg. Bis zum Ausfall führte Merten souverän die mit 18 Startern stark besetzte Klasse Cup 1 an.
Für den Saisonhöhepunkt, dem Opel 6 Stunden ADAC Ruhr-Pokal-Rennen holte sich die Mannschaft mit Ulrich Andree erfahrene und erfolgreiche Unterstützung. Zusammen mit Dominik Brinkmann und Christian Krognes hatte Andree 2012 den Meistertitel für LMS Engineering am Steuer eines VW Scirocco GT24 eingefahren. Doch auch beim 6-Stunden-Rennen schlug der Defektteufel wieder zu. In Führung liegend verabschiedete sich das Getriebe des Bonk-Opel und sorgte somit für den dritten Ausfall in Folge. Es war auch das Ende aller Titelhoffnungen, die jedoch aufgrund der Geschehnisse im Juni ohnehin in den Hintergrund getreten sind.
In der Meisterschaft führen Elmar Deegener und Christoph Breuer mit 43,44 Punkten. Das Duo pilotiert einen von Raeder Motorsport eingesetzten Audi TT RS 2.0 und feierte bisher fünf Klassensiege bei den VLN Specials bis 2000ccm Hubraum und Turbolader. Knapp dahinter, mit 42,21 Punkten, liegen Michael Jacobs, Oliver Kainz und Georg Weiss, die im Porsche 911 GT3 RSR von Manthey Racing auf drei Klassensiege bei den Specials bis 4000ccm Hubraum zurückblicken können.
Im Kampf um den Tagessieg gibt es keine dominierenden Fahrer oder Fahrzeuge. Bisher konnte sich nur Frank Stippler über zwei Gesamtsiege freuen. Den 55. ADAC ACAS H&R-Cup gewann er mit Marcel Fässler am Steuer eines Audi R8 LMS ultra und im abgebrochenen dritten Lauf wurde er zusammen mit Johannes und Ferdinand Stuck, ebenfalls auf Audi R8 LMS ultra, zum Sieger erklärt. Ein besonderes Highlight war jedoch der Sieg des Frikadelli-Porsche beim 53. ADAC Reinoldus Langstreckenrennen. Seit acht Jahren gehört der rot-weiße Porsche von Klaus Abbelen und Sabine Schmitz zu den Publikumslieblingen am Nürburgring, konnte bislang aber noch keinen Gesamtsieg feiern. Zusammen mit Patrick Huismann und Patrick Pilet gelang Klaus Abbelen beim vierten Lauf des Jahres der Premierensieg. Sabine Schmitz musste bei dem Rennen aufgrund einer Knieverletzung auf den Start verzichten.
Der Gesamtsieg beim 6-Stunden-Rennen ging, wie auch beim ADAC 24-Stunden-Rennen, an einen Mercedes-Benz SLS AMG GT3. Jan Seyffarth, Nico Bastian und Lance David Arnold siegten mit einem Vorsprung von über vier Minuten vor zwei Phoenix Audi R8 LMS ultra von Frank Stippler, Marc Basseng und Roman Rusinov sowie Harold Primat, Christopher Haase und abermals Frank Stippler. Die ausstehenden vier Rennen finden jetzt immer in einem Zwei-Wochen-Rhythmus, beginnend mit dem 36. RCM DMV Grenzlandrennen am 14.09.2013. Auch bei den verbleibenden Rennläufen wird Hauptfeldwebel Merten wieder den Opel Astra OPC pilotieren.
Text und Fotos: Matthias Behrndt