7.844 Laufenthusiasten und reihenweise Weltklassezeiten – am zweiten Oktobersonntag stellte der ASICS Grand 10 erneut unter Beweis, dass Berlin im klassischen 10 km Straßenlauf deutschlandweit den schnellsten Asphalt bietet. Die Bundeswehr beteiligte sich via Extrawertung. Unangefochtene Siegerin wurde Stabsoffizierin Cornelia Schindler, die in hervorragenden 36:26 Min die Männerkonkurrenz chancenlos debütierte. Der Berliner Sportjournalist Volker Schubert berichtet.
Bundeshauptstadt Berlin. Fluchtgründe ins womöglich sichere Deutschland gibt es weltweit derzeit viele. Die einen fliehen vor dem mörderischen Islamischen Staat wie dem verbrecherischen Assad-Regime; andere laufen weg, um als Erste anzukommen. Wer das am zweiten Oktobersonntag beim ASICS Grand 10 in der deutschen Hauptstadt plante, musste schon sehr robust sein und über schnelle Beine verfügen. Denn trotz eitel Sonnenschein, ein heftiger Temperaturabsturz und eisig-böiger Wind stemmten sich dem Elitefeld aber auch den knapp 8.000 Laufsportlern entgegen, die es bei der achten Auflage des schnellsten 10 km Straßenlaufs auf deutschem Boden wissen wollten. Solchen Spitzenzeiten zum Trotze, präsentierte sich die 50-jährige Ex-Sportsoldatin Uta Pippig völlig losgelöst. Entlang der Startlinie führte die Grande Dame des Marathons da ein heiter-fröhliches Tänzchen auf. Zur Wendezeit ein deutsch-deutscher Leichtathletik-Star, hauchte die lauffitte Stimmungskanone da dem kältezitternden Läufervolk viel Wärme spendende Lockerheit ein – unter reichlich Willkommensapplaus für die einstige Berlin- und Boston-Marathon-Siegerin.
Tempohart gegen die eiskalte Windbremse
Im Elitefeld präsentierte man sich weitaus konzentrierter. Schnell noch einige 80 Meter lange Tempospitzen vor der Startergasse, immer wieder tiefes Einatmen – vor allem aber introvertiertes Fokussieren, das war durchweg im Mimikspiel der internationalen wie nationalen Favoritenscharen abzulesen. Dann der Startschuss: Polizeikräder und Zeitnahme-Auto voraus: Pfeilschnell ging die Phalanx ans Werk. Allen voran ein Sextett, bei dem der Deutsche Arne Gabius (LT Haspa Marathon Hamburg) im afrikanischen Favoritenfeld um den noch jugendlichen Ugandamann Joshua Cheptegei sowie Philemon Cheboi aus Kenia und den Äthiopier Abayneh Degu Tsehay gar nichts anbrennen lassen wollte.
Seine Renntaktik, keine Angst vor laufstarken Afrikanern, schien aufzugehen: Bei km fünf mischte der 34-jährige Spitzenläufer des Deutschen Leichtathletik-Verbands noch im kompakten Tempoquintett mit. Beim Zick-Zack-Kurs im Zoologischen Garten, beinhart an Affe, Löwe, Nashorn und pittoreskem Elefantentor vorbei, fiel die Vorendscheidung, als der frische, hoch konzentrierte Ugandaläufer das Tempodiktat abermals erhöhte; ein Vorsprung den er bis zum Ziel weiter ausbaute. Mit hervorragenden 27:50 min brach der ungestüme Jungspund den Ugandarekord um freche zwei Sekunden. Ein heißes Duell gab es um die Ränge zwei und drei zwischen Cheboi und Tsehay, die in 28:05 Min zeitgleich finishten. Dünne zwei Sekunden dahinter, in 28:07 Min, spurtete Arne Gabius mit persönlicher Bestzeit als Vierter ins Ziel.
Frauen mit IAAF- Weltjahresbestzeit
Der 21-jährigen, 150 cm kleinen Gladys Chesire aus Kenia, schienen die widrigen Wind- und Wetterbedingungen wenig anzuhaben. Schließlich startete der Lauffloh von einer kompakten Männergruppe gegen die bissigen Windböen abgeschirmt. Mit exzellenten 30:41 min stellte Gladys Chesire gleich eine neue IAAF-Weltjahresbestzeit auf. Ebenso im Highlight-Bereich rennend, kam die langbeinige Kenianerin Alice Nawonuna mit der Weltklassezeit von 31:02 min ins Ziel. Uta Pippig, an der die 50 Lenze abgeprallt zu sein scheinen, finishte spaßbetont in 42:52 min.
Schnelle Soldatin debütiert fußlahme Truppe
Mit 155 gemeldeten Soldaten, dennoch mit lediglich 95 startend, ließ die Bundeswehr per Extrawertung rennen. Beim „formierten Truppenkörper“ vom Kommando Territoriale Aufgaben aus der Julius-Leber-Kaserne, löste die bekanntermaßen schnelle Strecke nur sehr geringe Tempoeffekte aus. Gemach, gemach, so könnt man meinen, ließen es die die meisten Deutschlanddiener da angehen. Immerhin, der Truppenschnellste, Jan Rinsis Ludwig, kam in ansatzweise sportlichen 38:14 min ins Ziel – während die „unbewaffnet joggende Masse“ das Schloss Charlottenburg ganz bequem trimm-trabend, also vorwiegend in 50 min Plus-X-Zeiten erreichte.
Zu Von-der-Leyens-Ehrenretterin arrivierte Oberstleutnant Cornelia Schindler (SCC Berlin), die mit 36:26 Min nicht nur Gesamtsiegerin wurde, sondern auch eine beachtliche Amateurzeit bot – sehr zur Freude ihres Chefs, Brigadegeneral Michael Matz, der der durchtrainierten Militärathletin bei der Siegerehrung ganz persönlich gratulierte. Am Ende zeigte sich Renn-Direktor Gerhard Janetzky durchweg zufrieden, mit Weltspitzenzeiten und neuem Teilnehmerrekord. „Wir haben unsere Position als Deutschlands schnellster 10 Km Straßenlauf einmal mehr eindrucksvoll bestätigt“, so Janetzky zu Bundeswehr Sportmagazin.
Text und Fotos: Volker Schubert