67. Deutsche Hallen Meisterschaften 2020 – „Jan Fiedler ist schon ein megacooler Typ!“

Im Blitzinterview mit der Sportsoldatin von der sächsischen Bundeswehr-Sportfördergruppe Frankenberg, 2020 Deutsche Hallen-Vize-Meisterin im Kugelstoßen

Genau wie Idriss Gonschinska, der Generaldirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbands, glaubt Katharina Maisch an Teamwork und eine differenzierte Vorbereitung. Aus triftigem Grund, denn die talentierte Kugelstoßerin, die ihr Domizil in der einst sächsischen Industriehochburg Chemnitz aufgeschlagen hat, lebt seit rund einem halben Jahr in einer leistungssportlich synergetischen Wohngemeinschaft. „Ich wasche, er kocht. Es funktioniert optimal“, so eine freudige Katharina Maisch auf der Homepage des LV 90 Erzgebirge, als sie über ihre sportartspezifische Liaison mit Cedric Trinemeier berichtet. Ihr vor allem sportlich geprägtes Verhältnis zu Cedric, dem ebenfalls ausstrebenden 22-jährigen Kugelstoß-Leichtathleten, ist neben dem freundschaftlich-respektvollen Umgang von durchaus pragmatischen Gesichtspunkten geprägt. Schließlich ist es von der gemeinsamen Wohnung nur 15 Minuten, um im Olympiastützpunkt Sportforum Chemnitz in die Spezialschuhe zu schlüpfen und Kugel wie Eisen zu stemmen.

Der kurze Weg führt dort direkt zu Sven Lang, dem Kugelstoß-Bundestrainer des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV). Dass die beiden DLV-Nachwuchsathleten dort intensiv gemeinsam trainieren, ist dem Engagement von Sven Lang zu verdanken, der das Kugelstoßduo zum LV 90 Erzgebirge lockte. Ein kluger Schachzug des Chemnitzer DLV-Spitzentrainers, denn vor dem jubelnden Publikum der Sportarena Leipzig konnte Katharina Maisch innerhalb der DLV-Kugelstoßequipe dann auch ein deutlich vernehmbares Achtungszeichen setzen, das für die Athletin selbst als großer Auftaktwurf in Richtung Tokio 2020 zu werten war. Schließlich war die eigentliche Aspirantin des diesjährigen Deutschen Leichtathletik-Hallen-Titels, Maisch’s weltbekannte Trainingskameradin, die Weltmeisterin Christina Schwanitz, wegen nachverletzungsbedingter Wettkampfpause nicht am Start des 2,13 Meter durchmessenden Wurfkreises. Maisch, als wurfstarkes Talent die Gunst der Stunde nutzend, stieß die Sportsoldatin dann auch persönliche Bestweite und deutet damit ebenso an, dass sie später einmal durchaus in die Fußstapfen von Christina Schwanitz treten könnte.

„Die Olympianorm von 18,50 Metern hat sie definitiv drauf“, kommentierte ferner auch DLV-Chefkugelstoßtrainer Sven Lang, der der Militärsportlerin zukünftig große Leistungssprünge zutraut. Mit einer Weite über 17,98 Meter katapultierte sich Katharina Maisch letztlich zum hochverdienten Leipziger Silbertitel; 16 Zentimeter fehlten dabei zum begehrten deutschen Siegertreppchen. Ihr Wettkampfverlauf  zuvor glich allerdings einer echten Zitterpartie, wie ihre insgesamt sechs ungültigen Versuche verdeutlichten. Und so ist ihre Silbermedaille auch als echter Sicherheitswurf einzustufen. Das Katharina Maisch künftig neben Christina Schwanitz zu nationalen Aushängeschildern in der globalen Kugelstoßwelt arrivieren könnte, liegt auch an ihrer ausgefeilten Drehstoßtechnik. „Das ist die Zukunft“, so ihr Trainer Sven Lang, der ihre Form entsprechend richtungsweisend zu entwickeln versteht.Sportsoldatin Katharina Maisch aufstrebendes Kugelstoßtalent, von der Sportfördergruppe in Frankenberg, wurde diesmal deutsche Vizemeisterin.

Katharina Maisch aufstrebendes Kugelstoßtalent, von der Sportfördergruppe in Frankenberg, wurde diesmal deutsche Vizemeisterin.

Bundeswehr Sport-Magazin (BwSportMag): Erst einmal herzlichen Glückwunsch zum deutschen Vizetitel, Katharina. Damit ist die LG 90 Erzgebirge sicherlich hoch zufrieden, denn persönliche Bestweite hast Du ja gleich mit abgeliefert. Du bist ja im Kugelstoßen für viele Leichtathletik-Freunde noch ein recht neues Gesicht, wodurch hast Du Dich mit Deiner Lieblingsdisziplin angefreundet?    

Katharina Maisch (LV 90 Erzgebirge): Zur Leichtathletik bin ich durch die beste Freundin meiner Schwester gelangt, die damals Siebenkampf trainierte. In diesen Disziplinen habe ich  bis vor drei, vier Jahren auch noch trainiert, bis ich mich leider verletzte. Ich habe nach der Verletzung dann bald komplett auf Kugelstoßen umgestellt, hatte auch schnelle Erfolge und bin jetzt komplett dabei geblieben.

BwSportMag: Der LV 90 Erzgebirge scheint sich in den letzten Jahren zur festen Kugelstoß-Hochburg  zu entwickeln. Arriviert Sachsen damit zum deutschen Markenzeichen in dieser Disziplin; wie siehst Du das?    

Maisch: Auf jeden Fall, in unserer Trainingsgruppe mit Christina Schwanitz ist noch eine weitere Kameradin an Bord, und wir trainieren alle gemeinsam im Olympiastützpunkt Chemnitz. Mit Cedric Trinemeier zusammen, bei den Männern, ist das eine klare Ansage. Ich komme ja ursprünglich aus Stuttgart und bin vor drei Jahren nach Chemnitz gezogen. Ich bin dabei noch für TuS Metzingen gestartet, bin jetzt aber seit einem Jahr beim LV 90 Erzgebirge bestens integriert und fühle mich in Sachsen und meiner Trainingsgruppe um DLV-Trainer Sven Lang sehr wohl. Gerade Christina hat mich sehr gut aufgenommen.    

BwSportMag: Du bist ja auch Sportsoldatin, wie der Aufkleber auf Deinem Wettkampftrikot verrät; seit wann wirst Du von der Bundeswehr leistungssportlich gefördert?

Maisch: Ich bin seit 2016 bei der Bundeswehr, also nun schon im vierten Jahr und damit Stabsgefreite. Im kommenden Winter ist aber der Unteroffizierslehrgang geplant.

BwSportMag: Wie empfindest du die Atmosphäre hier in Leipzig: Ist das für Dich so etwas wie ein Auftaktgefühl für einen Kraftakt, der Dich motiviert im Olympiajahr noch die Qualifikationsweite stoßen zu können? Immerhin, Dein Disziplintrainer Sven Lang hat sich ja sehr zuversichtlich geäußert, dass Du die 18-Meter-Marke eigentlich schon heute hättest knacken können, weil Du als Drehstoßtechnikerin über eine sehr große Dynamik verfügst. Wie sind da Deine Pläne?

Maisch: Eine Olympiaperspektive sehe ich hier auf jeden Fall, natürlich am liebsten mit Christina zusammen in Tokio am Start. Christina puscht mich immer wieder hoch und unterstützt mich im Training auch extrem oft.   

BwSportMag: Christina ist definitiv die Leistungsstärkere und so etwas wie eine Medaillenbank. So wie Du euren Umgang im Trainingsprozess beschreibst, gibt es hier wohl eine echte Sogwirkung, die dich beflügelt – wie fühlt sich das an, denn ihr seid ja tagtäglich im Ring und an den Kraftstationen?

Maisch: Das ist wirklich sehr cool, was da im Training abgeht. Dafür bin ich Christina auch sehr dankbar. Also, dass sie mich immer wieder hochholt. Sehr schade deshalb auch, dass sie jetzt in Leipzig nicht am Start war. Aber umso cooler wird es, wenn wir bei den nächsten Wettkämpfen wieder gemeinsam starten können.

BwSportMag: Dann gib uns doch einmal einen Einblick in Deinen täglichen Regeltrainingsbetrieb mit Christina und Deiner Kugelstoß-Gruppe, was läuft da so ab in Richtung Schnellkraft, Maximalkraft und technischer Dynamik? 

Maisch: Das Training findet natürlich täglich statt. Morgens, so gegen neun Uhr, geht es grundsätzlich für zweieinhalb bis drei Stunden los. Dann geht’s erst einmal zum Mittagessen und am Nachmittag folgt die zweite Trainingseinheit. Zudem geht es zwei bis drei Mal in der Woche auch noch zur Physiotherapie. Sonnabend trainieren wir nur einmal am Tag und am  Sonntag ist trainingsfrei, der gehört dann komplett uns.

BwSportMag: Du wirst ja von der nahe Chemnitz gelegenen Sportfördergruppe Frankenberg bei dem ehemaligen internationalen Skilanglaufass Jan Fiedler betreut. Wie gestaltet sich euer Verhältnis, und wie zahlt sich das für euch Bundewehrsportler aus, dass Jan als sogenannter Vorgesetzter ehemaliger deutscher Spitzensportler ist? Sture Kommissköpfe, die nur Papier administrieren, dürften unter Spitzensportlern wohl klar als Fehlbesetzung wahrgenommen werden, wie beurteilst Du das Verhältnis zu Deinem Sportfördergruppenleiter? 

Maisch (lacht herzlich): Jan Fiedler ist schon ein megacooler Typ! Ja, das stimmt, nur solche Leute werden hier wirklich gebraucht! Es müssen Leiter sein, die etwas vom Geschäft Leistungssport verstehen. Deshalb fühle mich hier in Frankenberg auch bestens integriert. Man kann mit ihm über alles reden, und er hat immer ein offenes Ohr. Er kann sich gut in unsere Rolle hineinversetzen. Das ist es, was ihn auszeichnet und was wir Sportler brauchen. Vor allem auch Rückhalt, wenn es mal wegen Verletzungen oder anderen Problemen nicht so gut läuft. Da  hilft er uns dann nach besten Kräften und steht uns zur Seite.

BwSportMag: Dann wünsche ich Dir, dass Du die Höhenzüge des Erzgebirges in Deine Traumweiten ummünzen kannst, und ich freue mich auf unser Wiedersehen in Braunschweig. Bleib vor allem verletzungsfrei!        

Die Fragen stellte der Berliner Sportjournalist Volker Schubert für Bundeswehr Sport-Magazin. 

Alle Fotos: Volker Schubert                           

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