Trainingslager war voller Erfolg – Der Wildwasserkanal auf La Réunion hat internationales Niveau

Eigentlich sollte der Wildwasserkanal auf der Insel La Réunion, ein französisches Übersee-Département im Indischen Ozean, nur eine Ersatzlösung in der Corona-Pandemie sein. Da der übliche erste Warmwasser-Lehrgang der Slalomkanuten in diesem Jahr nicht in Australien möglich war, suchte das Slalom-Team des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV) nach einer Alternative – und fand sie in Réunion, einer Vulkaninsel, die knapp 700 km östlich von Madagaskar liegt. „Réunion ist definitiv mehr als eine einmalige Ersatzlösung“, resümierte Chef-Bundestrainer Klaus Pohlen. „Wir konnten alles umsetzen, was wir technisch umsetzen wollten. Die Bedingungen waren super.“

So waren wesentlich weniger Boote bei einer Trainingseinheit unterwegs, in Australien wären es circa 30, in Réunion deutlich weniger. Das mag vielleicht auch mit der Corona-Pandemie zu tun haben. Dennoch: Auch alles andere stimmte. Ein Kraftraum stand zur Verfügung, die Unterkünfte waren super und der Weg zur Strecke nicht sehr weit. Selbst das Essen stimmte, „es gab alle Läden, die man auch von Frankreich kennt.“ Zudem fühlten sich alle sicher, die Ansteckungsgefahr war minimiert, „das Gelände war hermetisch abgeriegelt. Kein Unbefugter konnte es betreten“, sagte Pohlen.

Der Wildwasserkanal ist etwa zehn Jahre alt und gleicht architektonisch dem in Markkleeberg, da beide Strecken vom selben Planungsbüro stammen. „Der Kanal in Réunion hat nur ein bisschen weniger Wasser“, sagt Pohlen.

Für die Athleten war es ein sehr gelungener Einstieg in das spezifische Techniktraining. So sagte Olympia-Qualifizierte Oberfeldwebel Ricarda Funk vom KSV Bad Kreuznach: „Ich konnte die technischen Fähigkeiten, die in den vergangenen Wochen nur im Flachwasser trainiert wurden, nun im Wildwasser umsetzen. Das war ganz wichtig. Auch konnte ich mich international seit langer Zeit einmal wieder ein bisschen vergleichen und schauen, wo andere stehen und ob ich auf einem guten Weg bin. Bisher hat man nur für sich trainiert. Ich habe bisher sehr, sehr hart gearbeitet und weiß, dass ich noch harte Arbeit vor mir habe“, sagt die 28-jährige Kajakfahrerin.

Ebenfalls für Olympia gesetzt ist Hauptfeldwebel Hannes Aigner aus Augsburg. Der 31-Jährige resümierte: „Die Strecke hat mir sehr gut gefallen. Durch das Trainingslager konnten wir uns trotz der schwierigen Situation gut und sicher auf die Saison vorbereiten. Angesichts der Temperaturen in Augsburg war auch das Timing perfekt. Natürlich waren im Vorfeld einige Dinge noch unklar, insgesamt ist aber trotzdem alles nach Plan verlaufen und hat gut funktioniert.“ Sein Teamkollege Obergefreiter Tim Maxeiner vom Wiesbadener KV, Olympia-Ersatzboot, resümierte, „die Bedingungen auf Réunion waren hervorragend. Wir konnten in den vergangenen drei Wochen sehr fokussiert arbeiten und wichtige Schritte auf dem Weg zu einer erfolgreichen Saison 2021 gehen.“ Zudem sagte er, „besonderer Dank gilt hierbei unserem Betreuerteam, das quasi für eine Rundum-Betreuung gesorgt hat.“ Nun hoffe er, bald in eine möglichst „normale“ Wettkampfsaison starten zu können.

Doppel-Starterin im Kajak- und Canadier-Einer, Hauptgefreiter Elena Apel aus Augsburg war ohne Erwartungen nach Réunion geflogen. „Im Nachhinein bin ich aber doch sehr positiv überrascht von der Insel und der neu kennengelernten Strecke. Anfangs dachte ich, es sei ein bisschen zu wenig Druck auf der Strecke, sodass es schnell langweilig werden könnte. Aber ganz im Gegenteil, am Ende war sie doch sehr vielseitig und ein bisschen tückisch, und ich wäre gerne noch mindestens eine Woche länger geblieben. Zuhause muss ich jetzt wieder in meinen Alltag reinkommen und das Training auf dem Flachwasser fortsetzen, in der Hoffnung auf ein weiteres Trainingslager in Paris Anfang März.“

Von den Canadier-Herren war nur der Leipziger Franz Anton auf die Insel mitgereist. Für ihn sei es ein sehr erfolgreiches Trainingslager gewesen, „weil die Strecke internationales Wildwasser-Niveau hat und die klimatischen Bedingungen ein sehr gutes Training zuließen.“ Die Phasen, in denen es sehr warm und schwül war, gebe es auch in Australien, „wenn nicht sogar häufiger und extremer“. Auch war er erfreut über das „Abenteuer-Feeling“: Neue Unterkunft, neue Strecke, keine Routine wie nach zehn Jahren Australien. Auch die Landschaft sei beeindruckend gewesen, auch wenn es nur wenig Zeit zur Erkundung gab. „Wir hatten zwei freie Tage, um uns zu erholen. Da waren wir aber auch sportlich aktiv, mit Wandern“, sagte der 31-Jährige. „Ich kann mir gut vorstellen, dorthin wieder zu kommen.“

C1-Teamkollege Sideris Tasiadis aus Augsburg entschied sich indes, zuhause weiter zu trainieren. „Es war mir freigestellt, ob ich nach Réunion fliege. Es war eine Entscheidung, die ich gemeinsam mit meinem Trainer Sören Kaufmann getroffen habe.“

Anfang März soll es für die Canadier-Herren nun ein Trainingslager im italienischen Ivrea geben, wo vom 6. bis 9. Mai die Europameisterschaften stattfinden sollen. Ob die Deutschen dorthin fahren können, ist derzeit noch unklar, da dort noch Baumaßnahmen stattfinden.

Text: Uta Büttner

Fotos: Franz Anton; Thomas Apel

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