Julian Webers Europameister-Macher – Bundesstützpunktrainer Burkhard Looks: Medaillenschmied der Sportsoldaten

Seit August `22 ist der Sportsoldat Julian Weber Europameister im Speerwurf. Hinter dem wurfgewaltigen 1,90 Meter Recken, der bei den European Championships im Münchener Olympiastadion seinen 800 Gramm leichten Speer unangefochten auf Goldweite schleuderte, steht eine Potsdamer Koryphäe, die das Leistungspotential des engagierten wie mental starken Militärleichtathleten durch individuelle Trainingsoptimierung nun wettkampfstabil zur vollen Entfaltung bringen konnte. Vor wenigen Tagen wurde der Brandenburger Olympiastützpunkttrainer und Diplom-Sportlehrer Burkhard Looks durch den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) für sein deutsch-deutsches Lebenswerk als „Trainer des Jahres 2022“ geehrt.

Der Militärleichtathlet Julian Weber ist aktuell Deutschlands Wurftitan Nummer eins.

Wirft seit gut zwei Jahren ein professionelles Auge auf seinen Speerwurfschützling: Burkhard Looks ist Bundesstützpunkttrainer in Potsdam.

Seit der zweiten Auflage des Neuformats „European Championships“ gehört der Sportsoldat Julian Weber (USC Mainz) zu den nationalen Helden der Leichtathletik-Europameisterschaften 2022. Im August gelang es dem Spitzenathleten des DLV seinen Traum von einer internationalen Goldmedaille wahr werden zu lassen. Aus der Werfer-Ecke des traditionsreichen 1972er Münchner Olympiastadions herausbrechend, schleuderte der 27 Jahre alte Mainzer sein aerodynamisches Arbeitsgerät auf 87,66 Meter und düpierte damit seine hochkarätige kontinentale Konkurrenz – Silber ging mit 87,28 Metern an den Olympia-Zweiten und WM-Dritten Jakub Vadlejch aus Tschechien, Bronze mit 86,44 Metern an den Finnen Lassi Etelätalo. Mit seinem Sieg zierte der 1,90 Meter große Sperrwurfrecke und zweifache Deutsche Speerwurf-Meister die DLV-EM-Bilanz mit dem sechsten Spitzentitel.

In Hengelo an der 90 Meter Schallmauer gekratzt

Dass Julian Weber seine Siegesweite beim vierten Wurf erzielte, geht auch auf die akribische Trainingssteuerung seines professionellen Potsdamer Coachs zurück. Denn hinter dem stahlenden 22er Europameister steht jene graue Eminenz, die sich mit großem Fingerspitzengefühl auf den in Berlin lebenden Speerwurfschützling eingestellt hat.  Seit zwei Jahren betreut Burkhard Looks nun den talentierten Militärathleten überaus erfolgreich: Und so konnte Julian Weber – der Olympia-Vierte von Tokio und WM-Vierte von Eugene (USA) – seine triumphale EM-Bilanz bereits Monate vor dem Münchner Top Event mit seiner diesjährigen Bestleistung über 89,54 Meter krönen, die er Anfang Juni im niederländischen Hengelo als Zweiter im Duell gegen Weltmeister Anderson Peters aus Grenada (Hengelo-Sieger mit 90,75 Metern) realisierte. Nach Julian Webers furiosem EM-Titel fand nun auch das Lebenswerk seines Potsdamer Coachs eine würdige Ehrung. Vor wenigen Tagen wurde der Bundesstützpunkttrainer Burkhard Looks des legendären Sportclubs Potsdam (SC Potsdam) zum „Trainer des Jahres 2022“ gekürt.

Auf internationalem Speerwurfparkett erfolgreich: Potsdams Spitzenduo Looks & Weber.

Potsdamer Medaillenschmied Burkhard Looks ist „Trainer des Jahres 2022“

Potsdamer Stützpunktimpressionen: Für den Disziplin-Block Speerwurf verfügt das Stadion Luftschiffhafen über eine moderne, leistungsfördernde Sportinfrastruktur.

Er habe die Athleten-Entwicklung von Julian Weber von Beginn sehr strukturiert und prinzipientreu vorangetrieben, so Burkhard Looks, der auf einen langjährigen trainingswissenschaftlichen Erfahrungsschatz aus DDR-Zeiten zurückblickt und sein Wissen seit der Wende auch im vereinten Deutschland erfolgreich zur Wirkung bringen konnte. Nicht zuletzt auch aufgrund seines Engagements gehört der SC Potsdam zu den Nobeladressen innerhalb der olympischen Kernsportart Nummer eins. So firmiert die post-preußische Trainingsschmiede, die am Olympiastützpunkt Brandenburg im altehrwürdigen Potsdamer Sportpark Luftschiffhafen ansässig ist, auch als deutschlandweite Geher-, Werfer- und Läuferhochburg, die so klingende Namen, wie der Diskus-Weltrekordler Jürgen Schult und den 104 Meter Speerwurf-Triumphator Uwe Hohn (Major der NVA), den Weltklasse-Geher Ronald Weigel oder die olympischen Laufkoryphäen, den Mittelstrecker Jens-Peter Herold und die 3.000 Meter Hindernisspezialistin Antje Möldner, hervorgebracht hat. Für den hochmotivierten Sportsoldaten Julian Weber zahlte sich die Entscheidung, sich seit zwei Jahren konsequent wie auf Augenhöhe Burkhard Looks anzuvertrauen, nun im wahrsten Sinne in goldener Münze aus.

Sportsoldat Julian Weber, der propere Athlet

Seinen wurfstarken Schützling im Blick, lobt Burkhard Looks dessen Spontanität, die Schmerzresistenz des taffen Sportsoldaten und dessen akribische Einstellung zum hochkomplexen Disziplingeschäft, das unter streng sportwissenschaftlichen Aspekten nicht unbedingt als gesundheitsförderlich einzustufen ist. Wichtig sei Burkhard Looks deshalb auch die konsequente Vermittlung der „Technikschiene“ im Speerwurf. Konkret, die Verbindung von sportwissenschaftlicher Theorie und trainingsmethodischer Praxis, denn das sei auch das Erfolgsrezept, um verletzungsfrei zu bleiben. Sein als Potsdamer Bundesstützpunkttrainer emotional größter Höhepunkt war dann auch die EM-Medaille seines Schützlings: da sei im Münchener Olympiastadion alles aus ihm herausgebrochen, so Burghard Looks noch immer sichtlich gerührt. Vor Julian Webers triumphalen Sieg traf der Berliner Sportjournalist und Korrespondent Olympischer Spitzensport, Volker Schubert, den Europameister-Macher während der Freiluftsaison im Dessauer Paul-Greifzu-Stadion und interviewte Burkhard Looks exklusiv für Bundeswehr Sport-Magazin.  

Sieg, EM-Gold und ein schwarz-rot-goldener Trainer aus dem Häuschen: Burkhard Looks Moment des emotionalen Herausbrechens.

BwSportMag: Burkhard, Julian wirkt bei seinen Abwürfen heute sehr stabil, motiviert und konzentriert. Was verrät uns der Blick des Potsdamer Profitrainers?        

Looks: Julians Serie heute war top! Nur ein Ausreißer nach oben! Die Vorbereitung war wegen seiner Fußprobleme aber suboptimal. Er musste mehrmals zum Physiotherapeuten. Auch wenn der Kommentator sagte, dass Julian gesund sei, dann ist das nicht die ganze Wahrheit: Julian ist leider nie ganz gesund und hat immer Fußprobleme! Das wissen wir beide natürlich, und deshalb haben wir auch die Wurftechnik optimiert und speziell auf ihn zugeschnitten, damit die Würfe auch in die international konkurrenz- und medaillenfähigen Weiten gehen.

Was heute fehlte – und das ist auf die Fußsituation zurückzuführen – war die Flughöhe. Das war auch kürzlich beim Doha-Meeting sein Manko. Als seine Gegner um die 90 Meter warfen, kam Julian auf 86 Meter. Unser Ziel war es heute, dass Julian seine Serie hier verletzungsfrei durchziehen kann. Und das ist uns auch wirklich gut gelungen! Es kommen ja auch noch etliche Meetings und Julian ist auch schon über das Ranking für die EM und die WM nominiert, die Normen hat er also. Ziel ist es jetzt, noch weiter an seiner Form zu basteln.

BwSportMag: Julians Fußproblematik dürfte für Dich als Stützpunktrainer von Anfang an eine echte biomechanische Herausforderung sein?

Looks: Julian ist schon dreimal am Fuß operiert worden. Das wird orthopädisch nie wieder einen Normalzustand geben. Das Problem hat er im Training und im Wettkampf dauerhaft zu stemmen. Die biomechanische Ausgangssituation müssen wir beim Training abwurftechnisch kompensieren, um nicht in den Schmerzbereich zu rutschen. Denn läuft hier im Ablauf und Wurf muskulär etwas falsch, schmerzt das wie ein tiefer Stich mit dem Messer. Julian wirft deshalb auch immer etwas flacher ab als sie Konkurrenten. Er stemmt im Gegensatz zu den Gegnern seine 90 Kilogramm Körpergewicht nicht komplett über den Fuß, sondern bezieht seine Wurfkraft deutlich stärker über seinen Oberkörper.

BwSportMag: Wo legt ihr beide im Training neben der wurfspezifischen Athletik und der richtigen Krafttrainingsdosis noch den Schwerpunkt?   

Looks: Aufgrund seiner Fußproblematik lebt Julian immer von seiner Kraft im Oberkörper. Bei jedem Abwurf geht es deshalb immer wieder darum, die Gefahr eines Umknickens auszuschließen. Das ist auf jeden Fall ein weiterer Schwerpunkt, also immer möglichst verletzungsfrei bleiben!

Der Spitzensportmonat August im Kaleidoskop der Glücksmomente: Bei der Heim-EM im Münchener Olympiastadion wird der deutsche Sportsoldat Julian Weber Europameister im Speerwurf.

BwSportMag: Inwieweit wirkt sich Julians biomechanische Einschränkung auf die Trainingsmethodik und die Spitzenwerte bei den Kraftbelastungen aus?  

Looks: Wir trainieren hier sehr oft im submaximalen Bereich. Die ganz großen Belastungen hält sein Fuß einfach nicht aus und deshalb forcieren wir weitere Kraftsteigerungen auch nicht. Mit dem jetzt etablierten Training sind wir bisher auch gut gefahren. Das hat sich jetzt während der letzten zwei Jahre, seit er bei mir in Potsdam trainiert, bewährt und so werden wir das Krafttraining in jedem Fall auch fortsetzen. Mittlerweile haben wir uns gut aufeinander eingespielt, und ich denke da, ist nicht nur dieses Jahr noch Luft nach oben.

BwSportMag: Formstabilität und Verletzungsfreiheit sind also da, was die stabile Serie heute ja bestätigt haben dürfte. Doch Deine angesprochene Luft nach oben, was heißt das für Julians mögliche Wurfleistungen konkret in Weite ausgedrückt?

Looks: Also ich denke, zwei bis drei Meter weiter sind auf jeden Fall für Julian noch machbar. Er hat eine Bestleistung von gut 88 Metern. Unser Ziel sind natürlich klar die 90 Meter und weitere Würfe. Diese Weiten will natürlich jeder Spitzenspeerwerfer erreichen!

BwSportMag: Der Sportkamerad und weltweit beste Speerwerfer, Johannes Vetter – ebenfalls Sportsoldat -, war heute zwar der große Favorit, musste wegen muskulärer Schulterprobleme aber passen. Wie hat sich die Absage des Weltklassewerfers mental auf Julians Wettkampf ausgewirkt? 

Looks: Johannes wirft natürlich in einer ganz anderen Liga. Das ist Julian aber auch völlig klar. Natürlich kommt das Julians Platzierungen entgegen, wenn ganz vorne Athleten ausfallen. Seine Konzentration liegt im Wettkampf deshalb grundsätzlich darauf, seine persönliche Form abzurufen. Den Standard hat er jetzt in den Weiten auch regelmäßig drauf: Wenn er gesund ist, wirft er immer sehr konstant zwischen 85 Metern bis 86 Metern.

BwSportMag: Wie gestaltet sich das Verhältnis von Julian zwischen dem Ex-Weltklasse-Speerwerfer und zum DLV delegierten Bundestrainer Speerwurf, Oberstabsfeldwebel Boris Obergföll, und den Sportkameraden des deutschen Speerwurfkaders, immerhin treffen dort von introvertiert bis extrovertiert sehr unterschiedliche Charaktere aufeinander?   

Looks: Die kommen unter der trainerischen Leitung von Boris schon einigermaßen klar! Im Grunde sehen sich zwar alle als harte Konkurrenten an, aber der Umgang läuft doch sehr professionell ab.

BwSportMag: Viel Erfolg bei euren gemeinsamen Trainingseinheiten und bei Julians kommenden Attacken gegen die 90 Meter Schallmauern, vor allem aber Verletzungsfreiheit!

Looks: Danke, dass ist im Training ja auch unser vorrangigstes Ziel.

Das Interview führte der Berliner Sportjournalist und Korrespondent Olympischer Spitzensport, Volker Schubert, exklusiv für Bundeswehr Sport-Magazin.  

Fotos: Volker Schubert / Burkhard Looks privat

Über den Autor:

Der Sportjournalist und Korrespondent Olympischer Spitzensport Volker Schubert ist ehemaliger, langjähriger Leistungssportamateur und bis in die 1990er Jahre erfolgreicher Berliner Langstreckenläufer, mehrfacher Berliner Meister, Deutscher Mannschaftmeister, Deutscher Mannschaftvizemeister, Deutscher Hallenbronze-Meister, Berliner Polizeimeister im Crosslauf und Berliner Polizeimeister im Polizei-Dreikampf (3.000 m Geländelauf, 300 Meter Schwimmen, Schießen Olympische Ringscheibe) und DLV-Lizenztrainer.

 

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