Bronzeheld Karl Bebendorf: Zahnstatus siegfähig!

Von Volker Schubert, Korrespondent Olympischer Spitzensport

Für die pittoreske Landesmetropole Dresden ist er längst imageprägend und eine sächsische Kultfigur, wenn es um die klassische olympische Kernsportart Leichtathletik geht: Kein Wunder, denn schließlich verkörpert der Dresdener Spitzensportler Karl Bebendorf mit seinen fünf deutschen Meistertiteln in Folge und der jüngst im Sommer 2024 hart erkämpften EM-Bronzemedaille das zündende Marketing-Label „So geht Sächsisch“ wie kaum ein anderer freistaatlicher Topathlet. Seit Jahren ungebrochen an der nationalen Spitze seiner anspruchsvollen Spezialdisziplin, dem lauftechnisch hochkomplexen 3.000 Meter Hindernislauf, gilt der 28-Jährige uneingeschränkt als Vorbild für die aufstrebende sächsische Olympiajugend. Der ehemals erfolgreiche Leichtathletik-Amateur und Berliner Sportjournalist Volker Schubert begleitete die Spikesabdrücke des schneidigen Militärleichtathleten der sächsischen Bundeswehr-Sportfördergruppe Frankenberg über die letzten Monate – hier sein retrospektives Feature exklusiv für Bundeswehr Sport-Magazin.
Schweift der Saisonrückblick des engagierten Sportberichters durch die Leichtathletik-Höhepunkte der diesjährigen Bahnwettkämpfe, werden rasch jene Bildsequenzen wach, mit denen vor allem ein deutscher Spitzenläufer den nationalen Sportblätterwald in Verzückung versetzte. Und zwar als Retrospektive entlang der dramatischen Europameisterschaftsmomente, bei denen das Kopfkino in jenen denkwürdigen Juniabend schaltet, als in der olympischen Nationalarena Roms gleißendes Flutlicht die altehrwürdige 400 Meter-Kampfbahn ins Zentrum der sportmedialen Aufmerksamkeit rückte. Rom, 16. Juni, Punkt 22 Uhr, lichtstark in den Farbenglanz des 3.000 Meter Hindernislauf-Finals gehüllt, sollte der Dresdener Sportsoldat Karl Bebendorf innerhalb eines europäischen Elitefelds vor zigtausenden von Zuschauern Minuten später deutsche Sportgeschichte schreiben. Gleich nach dem Startschuss ging der Sachse des traditionsreichen Dresdner Sportclubs 1898 (DSC 1898) in taktische Lauer-Position über: dranbleiben, den Überblick behalten, bloß nicht auf den ersten beiden Kilometern überpacen, so seine klug gewählte Endlauftaktik.
Schließlich rechnete der geborene Rudolf-Harbig-Städter nach seinen akribischen Vorlaufanalysen mit einem von Anfang an gnadenlos schnellen Rennen. Bei dem würde vor allem der europäische Jahresschnellste und folglich haushoch gehandelte EM-Favorit, der Spanier Daniel Arce, schon während des Rennens mit plötzlichen Tempoverschärfungen für die Vorendscheidung sorgen. So galt für Karl Bebendorf die selbstverordnete Devise, sich auf den ersten Zweidritteln der Strecke stets in einer komfortablen Position im Verfolgerfeld aufzuhalten, dabei Ellenbogenrempeleien aus dem Weg zu gehen und mit hellwachem Überblick wie risikoarmer Hürdentechnik möglichst kraftsparend die 91,4 Zentimeter hohen Hindernisbalken und gleichhohen Wassergrabenübersprünge zu meistern.

Dass der Italiener Osama Zoghlami nach den ersten 1,5 Kilometern zwischenzeitlich schon uneinholbar zu enteilen schien, schürte aus italienischer Zuschauersicht zwar die Dramatik, ließ die Verfolgerspitze aber dennoch kalt. Den Rennverlauf auch in dieser Phase konstant im Visier, schien es auch für Karl Bebendorf glasklar zu sein, dass Zoghlami mit seinem Alleingang allenfalls das römische Publikum anrührte, am Ende aber nicht durchkommen würde. Ebenso wie die Spitze von Zoghlamis Fluchtversuch unberührt, ließ auch Karl Bebendorf keinerlei Verunsicherung aufkommen.
Und so spulte Deutschlands bester Hindernisläufer Meter für Meter sein feingetuntes Hindernisfinale ab; quasi wie von Zauberhand geführt. Eine Renngestaltung, die er wie einen leichtathletischen Parforce-Ritt abspulte, denn was Karl Bebendorf ab dem zweiten Kilometer an taktischer Antizipation wie läuferischer Adaption ablieferte, zählte in der Nachbetrachtung zweifelsohne zu den magischsten Momenten der 26. Leichtathletik-EM.
Mit großer Lockerheit sämtliche 35 Hindernisse einschließlich der Wassergräben immer mit punktgenauer Landung passierend, gelang es Karl Bebendorf auf den letzten 500 Metern immer dynamischer in seinen raumgreifenden Mittelstreckenschritt zu wechseln. Der Spitze um die beiden Franzosen Alexis Miellet und Djilali Bedrani sukzessive näherkommend, schluckte der Kaderathlet des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV) ebenso wie die geschrumpfte Führungsgruppe den gänzlich ausgezehrten Zoghlami, um schließlich seine sich ungebremst entladende Aufholjagd in Richtung EM-Medaillentraum einzuleiten.
8:14,41 Minuten: Karls „geisteskranke Zeit“ und die Liebe zur Planerfüllung

Zum Schluss entlud sich Karl Bebendorfs Reinkarnation zum 800 Meter Läufer schließlich auf den letzten rund 150 Metern: als fulminanter, unbändig erscheinender Steigerungslauf, bei dem der Dresdner bei seiner Tempoverschärfung förmlich zu explodieren schien. Kurz vor der Zielmarkierung ein Wimpernschlagfinale mit französischem Doppelsieg; Alexis Miellet entschied das heiß umkämpfte EM-Gold in 8:14,01 Minuten für sich, während Djilali Bedrani in 8:14,36 Minuten fast noch vor dem extrem stark aufkommenden Frankenberger Sportsoldaten um Silber bangen musste. Karl Bebendorfs Finale katapultierte ihn jedenfalls in eine „geisteskranke Zeit“ mit der er sich seinen langgehegten Kindheitstraum erfüllte.

Unfassbar, aber real: Karl Bebendorf liebt es, „wenn ein Plan aufgeht“!

EM-Bronze in 8:14,41 Minuten – zugleich seine persönliche Bestzeit und die Paris-2024-Fahrkarte mit der hochkarätigen 8:15 Minuten Olympia-Norm. Aus deutscher Sicht sporthistorisches Edelmetall, denn nach 25-jähriger disziplinspezifischer Auszeit konnte der DLV wieder eine international bedeutsame Medaille bilanzieren, die sich trotz Bronzeplatzierung wie goldschimmernd anfühlend dürfte, so fabelhaft erschien sein Endspurtspektakel.
Denn wäre die Wettkampfstrecke um wenige Meter länger gewesen, Karl wäre mit Gold um den Hals nach Sachsen zurückgekehrt, wie Sportreporter nahezu euphorisch kommentierten. Glücksmomente auch für seinen Elbestädter Heimatverein DSC 1898, denn nach WM-Bronze 2009 in Berlin, dass der DSCer Sportsoldat Raul Spank im Hochsprung erstritt, musste der Dresdner Traditionsverein 15 Jahre auf internationales Edelmetall verzichten. Nach der Freude über den Sieg, ließ es der Bronzemedaillist bei seiner persönlichen Karl-Bebendorf-Show im Stadio Olympico richtig krachen. Da schrie er seine unbändige Freude mit blitzenden Zähnen heraus, riss sein Nationaltrikot rekordverdächtig auseinander und stürmte voller Stolz in schwarz-rot-goldenen Flaggenschmuck gehüllt durchs Stadionrund.

EM-Bronze-Freuden: Mehr Biss und Zähne zeigen geht kaum.
Militärleichtathlet Synonym für Pistorius‘ „Kriegstüchtigkeit“

In Zeiten eines brutalen russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zudem eine unmissverständliche Botschaft, die von dem wettkampfstarken sächsischen Sportsoldaten ausgeht: Genau solche Patrioten braucht das Land! Männer, die gefährlichen Despoten die Zähne zeigen können und bereit sind, mit unbeugsamem Biss im Kampf ihr Äußerstes zu geben. Insofern spiegelt der ostdeutsche Sportsoldat Karl Bebendorf das, was die innere Haltung und die tägliche Disziplin, herausragende geistige Qualitäten zur kontinuierlichen Leistungssteigerung und den unbedingten Willen zum Sieg betrifft, die nationale Spitze dessen wider, was militärgeförderten Elitesportlern heutzutage unter regelbasierten demokratischen Rahmenbedingungen zugemutet werden kann.

Der Militärleichtathlet von der sächsischen Bundeswehr Sportfördergruppe Frankenberg bei Chemnitz verfügt nicht nur über exzellente Mittelstreckenqualitäten sondern ist auch ein versierter Hürdentechniker.

Auch wenn Karl Bebendorfs Kernauftrag die spitzensportliche Repräsentation Deutschlands auf olympischem Parket und internationalen Wettkampfbühnen beinhaltet, zählt der empathische Militärathlet dennoch zur Avantgarde jener herausragenden Elitekämpfer, die vergleichbar dem Kommando Spezialkräfte oder den Spezialisierten Kräften des Deutschen Heeres, weit mehr als nur symbolisch die von Wehrressortchef Boris Pistorius geforderte „Kriegstüchtigkeit“ widerspiegeln. So ist es neben seiner nahezu vollkommenen Hingabe zum Laufsport die unnachgiebige Akribie, gepaart mit konsequenter Planerfüllung in allen Trainingszyklen, mit der sich der selbstbewusste Sachse mit den Dresdner Wurzeln in den letzten fünf Jahren entlang seiner kaskadenartigen Erfolgsserie in die höchsten Sphären kontinentaler Topkonkurrenten manövriert hat.
In Europa ist das der Club jener 3.000 Meter Hindernislauf-Koryphäen, die die herausfordernde Spezialstrecke in Spitzenzeiten um 8:10 Minuten absolvieren können. Aktuell Europas Nummer fünf – so die Jahresbilanz der „European Athletics Association“ (EAA) – unter den kontinentalen Hindernisspezialisten, will der Frankenberger Militärathlet mit dem kühlen Kopf, dem heißen Herzen und den schnellen Beinen auch zukünftig mit Kontinuität überzeugen. Als Zeitenwender in eigener Sache will er weiterhin an seiner professionellen Performance schrauben, so der kerngesunde 1,85 Meter große und 65 Kilogramm leichte Militärleichtathlet mit dem schneidigen Infanterie-Haarschnitt und der charismatischen Ausstrahlung eines deutschen Fallschirmjägerführers.

Dresdner Zeitenwender vertraut neuer Akzentsetzung

Nachdem der Rudolf-Harbig-Städter während der vergangenen EM- und Olympiasaison weit über drei Monate im Vollgasmodus agierte, setzt der Sportsoldat mit den Leibgardemaßen zukünftig auf eine neue Spitzensportagenda, um sich seinen geplanten Weg in die Weltspitze zu ebnen. Für das trainingsplanerisch neu zu strickende Karrierekapitel baut der Militärathlet dennoch auf Bewährtes: Leistungssprünge in Drei- bis Fünf-Sekunden-Fenstern hätten seinen Erfolgskurs bestimmt. Daran wolle er auch zukünftig festhalten, so Karl Bebendorf zu Bundeswehr Sport-Magazin.
Nach dem Ende seiner neunjährigen Kooperation mit dem Dresdner Erfolgstrainer Dietmar Jarosch ginge es nun darum neue sinnvolle Trainingszyklen zu etablieren, die jene Reizimpulse in Aussicht stellen, mit denen der Sprung in Richtung absoluter Weltspitze zukünftig auch Früchte tragen soll. Trotz internationaler Trainingsgruppen-Orientierung käme ein Wegzug aus seiner Heimatmetropole keinesfalls in Frage, wochenlange internationale Trainingslager im Ausland stellten dabei aber keine Barriere dar. Auch die Wettkampfstreckenwahl stehe zu Disposition, wie Karl Bebendorf zu Bundeswehr Sport-Magazin sagte. So hält der Elitesportsoldat die Option offen, sich zukünftig verstärkt auf Unterdistanzen zu messen, beispielsweise vermehrt über die 800 Meter, um neue Frische zu tanken, so Karl Bebendorf weiter.

Volksnah in der Teamstaffel 2024. In Dresden gilt der schneidige Sportsoldat längst als Leichtathletikikone und Vorbild für die sächsische Olympiajugend.

An seiner Konkurrenzfähigkeit auf den Mittelstrecken hegt Karl Bebendorf jedenfalls keine Zweifel, da er ursprünglich ohnehin Meilenläufer sei, wie er gegenüber Bundeswehr Sport-Magazin kommentierte. Schnelligkeit sei sein Erfolgsrezept und berge erhebliche Vorteile, wie seine Dekoration mit römischen EM-Meriten bewiesen habe. Da internationale Wettkämpfe in seiner Spezialdisziplin eine Extrembelastung für den Körper darstellten, sei er auch auf der Suche nach neuen verletzungsprophylaktischen Bewegungsstrukturen.

Exzellentes Leistungs- und Gesundheitsbild mit Blickrichtung LA 2028

Und so schaut das hindernisläuferische Aushängeschild im DLV-Nationalkaderstatus mit eingeschaltetem Fernlicht bereits auf die Olympischen Sommerspiele 2028 im US-amerikanischen Los Angeles. Seine Nahsicht richtet Karl Bebendorf jedoch schon jetzt voller Stolz und Vorfreude auf die deutschen Titelkämpfe, die im Sommer 2025 im neuen Dresdner Edel-Oval am Ostra-Gehege und vis-à-vis des Rudolf-Harbig-Wegs stattfinden werden – vor seinem leichtathletikbegeisterten Dresdener Heimatpublikum. Was es für Karl Bebendorf bedeutet, wenn ein Plan aufgeht, dürfte auch das beeindruckende Leistungs- und Gesundheitsbild des sächsischen Volkshelden im Olympiajahr 2024 widerspiegeln:

8:16,84 min Internationales Meeting in Chorzów/Polen am 18.05.2024
8:14,41 min Leichtathletik-EM 2024 in Rom/Italien am 10.06.2024
8:20,43 min Internationales Meeting in Turku/Finnland am 13.06.2023
8:21,94 min „Goldenes Oval” in Dresden/Deutschland am 30.08.2024

Ein herausragendes Leistungsprofil, das dabei gleichwohl den hohen Stellenwert der olympischen Kernsportart Leichtathletik als wehrsportliche Kriegsertüchtigung zur Landes- und Bündnisverteidigung untermauert.

Topteam: Der Berliner Sportjournalist und Korrespondent Olympischer Spitzensport (li.) featured den Elitesportsoldaten von der sächsischen Bundeswehr Sportfördergruppe Frankenberg schon seit Jahren.
  • Text: Volker Schubert
  • Fotos: Volker Schubert / Karl Bebendorf (privat) / Stefan Mayer