Schnell sein ist nicht alles

Merten/Silvester/Akata fahren in der VLN den BMW M3 E46.

Die Langstreckenmeisterschaft auf dem Nürburgring wird in neun Läufen von jeweils vier Stunden Renndauer ausgetragen, den Jahreshöhepunkt bildet ein weiteres Rennen über sechs Stunden. Schauplatz ist der Nürburgring, genauer gesagt die Kombination aus der Kurzanbindung des Grand-Prix-Kurses und der Nordschleife des legendären Eifelkurses. Schon drei Mal konnte Hauptfeldwebel Mario Merten dieses Championat gewinnen, jeweils am Steuer eines BMW des Bonk-Motorsport-Teams aus Münster. 2002 holte der gebürtige Nürburger den Titel alleine, 2006 und 2010 zusammen mit seinem Teamgefährten Wolf Silvester. Dabei setzten sich die beiden Nordschleifenexperten jeweils in einer besonders stark besetzten Klasse durch, was die endscheidende Grundlage für ihren Erfolg bildete, denn die zu vergebenden Meisterschaftpunkte richtet sich nach der Anzahl der Konkurrenten in der jeweiligen Klasse. 2011 verringerte eine Änderung des Reglements die Chancen des Erfolgsduos zunächst deutlich. Für die bis dahin in ihrer Klasse startenden Renault Clio wurde eine eigene Cup-Wertung geschaffen und plötzlich brachten die weiterhin sehr guten Ergebnisse von Merten und Silvester nicht mehr so viele Meisterschaftspunkte wie zuvor. Mit ihrem Bonk-BMW Z4 holten sie zwar weiterhin Klassensiege, fielen aber in der Tabelle immer weiter zurück. Drei Rennen vor Ende der Saison wechselte das Bonk-Team dann die Klasse und brachte einen BMW 325 i90 mit 2,4 Liter Hubraum und 218 PS an den Start. Drei weitere Klassensiege brachten das Erfolgsduo in der Tabelle wieder weiter nach vorn, aber für den Titel reichte es leider nicht mehr.

Beim 24-Stunden-Rennen pilotierten Akata/Flack/Merten/Silvester einen BMW M4 GT4.

Für 2012 wurde dann ein erneuter Klassenwechsel erforderlich. Die meisten Meldungen wurden in der Klasse V6 verzeichnet, in der Serienwagen mit V6-Motor und einem Hubraum zwischen 3000 ccm und 3500 ccm an den Start gehen. So kam nun ein BMW M3 E46 mit 3,2 Liter Hubraum und 343 PS zum Einsatz. In dieser heiß umkämpften Klasse belegten Merten/Silvester in den bisherigen drei Saisonläufen zwei Mal Rang zwei, im dritten Lauf verhinderte ein Getriebeschaden die Teilnahme am Training, am Ende blieb ein magerer zwölfter Platz als Resultat. Da von den zehn Läufen nur die besten acht Resultate gewertet werden, ist die Meisterschaft zwar noch offen, aber die Chancen auf einen dritten gemeinsamen Titelgewinn sind schon jetzt nicht mehr die besten.

Dass das Team Bonk-Motorsport und die erfolgsverwöhnten Nürburgringspezialisten nichts von ihrem Können eingebüßt haben, zeigten sie jetzt beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring.

Die 40. Auflage des 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring war für den veranstaltenden ADAC wieder ein Motorsportereignis der Superlative. Das Organisationsteam um Rennleiter Walter Hornung bestand aus rund 2.000 Personen, alleine 1.200 Streckenposten waren an der Nordschleife im Einsatz. Ausgeschrieben war das Rennen für Tourenwagen und GT’s, wobei in den großen Klassen die Chancengleichheit über die sogenannte „Balance of Performance“ angestrebt wurde. Darin waren die leistungsrelevanten  Eckdaten wie z. B. Mindestgewicht, Tankinhalt, Durchmesser des Air-Restrictors für jedes Fahrzeugmodell individuell definiert worden.

Die deutschen Premium-Hersteller Audi, BMW, Mercedes-Benz und Porsche waren mit Werks- oder werksnahen Kundenteams am Start. Aston Martin, Ford und Ferrari durften zum erweiterten Favoritenkreis gezählt werden. Aber es ging nicht nur um den Gesamtsieg, kämpften doch die anderen Teams in insgesamt 22 Klassen um gute Platzierungen.

Für das 24-Stunden-Rennen stiegen Mario Merten und Wolf Silvester auf einen BMW M3 GT4 um und wurden im Cockpit durch Emin Akata und den Australier Damien Flack uterstützt. Der M3 GT4 verfügt über einen 420PS starken Vierliter-V8-Motor und startete in der Klasse SP10. Neben diesem von Burg Rabenstein gesponsorten, BMW brachte Bonk Motorsport noch einen baugleichen BMW, eine Callaway Corvette und zwei BMW 320SI an den Start.

Bei Bonk Motorsport konzentrierte man sich voll auf das Rennen. Nachdem bereits im Nachttraining am Donnerstagabend alle Fahrer ihre Pflichtrunden absolviert hatten, wurden die Fahrzeuge am Freitag in der Box gelassen und für das Rennen präpariert. „Bei einem 24-Stunden-Rennen ist die Startposition nebensächlich und wir wollen das Auto nicht bereits im Training durch einen Unfall verlieren.“ begründete Merten die Entscheidung des Teams. So stand vor dem letzten Qualifying der Startplatz 56 für Merten/Silvester/Akata/Flack bereits fest.

Das oberste Ziel hieß zunächst „Ankommen“, aber Teamchef Michael Bonk rechnete sich bereits etwas mehr aus: „Mit dem ein oder anderen Fahrzeug sollte zumindest ein Podestplatz innerhalb der Klasse möglich sein.“

Als das Rennen pünktlich am Samstag um 16:00 gestartet wurde, übernahm der Schubert-BMW mit Startfahrer Jörg Müller sofort die Führung und kehrte mit neun Sekunden Vorsprung auf seine Verfolger aus der ersten Runde zurück. Doch schon in der vierten Runde musste der der Führende zu einem Reifenwechsel an die Box. Trotz eines Stopps fiel der Z4 hinter die Spitzengruppe zurück und rangierte nach der ersten Stunde nur auf Platz 21. In Führung lag zu diesem Zeitpunkt Lance David Arnold im Mercedes-Benz SLS AMG des Hankook-Team Heico, gefolgt von Richard Lietz im Manthey-Wochenspiegel-Porsche, Claudia Hürtgen im BMW Z4 GT3 und Frank Stippler im Audi R8 LMS ultra.

Auch das Quartett Merten/Silvester/Akata/Flack erlebte in den ersten Stunden einen Rückschlag. Elektrikprobleme warfen das Team eine Runde zurück. Auch an der Corvette gab es für die Bonk-Mechaniker viel zu tun, hier mussten sie das Getriebe wechseln. Eine Prozedur, die an dem amerikanischen Muscle-Car etwa vier Stunden in Anspruch nimmt. Beide Herausforderungen meisterten die Münsteraner mit Bravour und die Teams konnten ihre Fahrt fortsetzen.

Die McLaren MP4-12C GT3 von Dörr Motorsport sahen die Zielflagge nicht.

Während der gesamten Nacht blieb der Rennausgang völlig offen. Einige mit favorisierte Teams mussten sich zwar verabschieden, aber bei Sonnenaufgang lagen an der Spitze noch neun Teams innerhalb einer Runde. Den wohl spektakulärsten Abflug erlebte Klaus Ludwig in einem McLaren MP4-12C GT3 am Schwedenkreuz. Beim Überrunden eines langsameren Teilnehmers kam es zu einer Kollision, weil dieser die Ideallinie nicht freigab. Der frühere DTM-Champion prallte mit rund 260 km/h in die Leitplanken und entkam dem Zwischenfall glücklicherweise unverletzt.

Beide Schubert-BMW bekamen Probleme mit den Halbachsen und wurden durch längere Stopps aussichtlos zurück geworfen.

Die Crew um Merten und Silvester hatte die Nacht nutzen können und lag bei Tagesanbruch auf Position 35 und auf Rang 2 in der Klasse SP10. Die verbliebenden Konkurrenten auf dem Weg zum Klassensieg kamen nun aus dem eigenen Team. Henry Walkenhorst, Andreas Möntmann, Ralf Oeverhaus und Jens Moetefindt im Schwesterauto des Bonk-Teams lagen nur noch eine Position vor dem Burg-Rabenstein-BMW. Doch die Freude über einen möglichen Doppelerfolg währte nicht lange. Nach einem Unfall verlor der Dunlop-BMW drei Runden auf die Spitze und wurde schließlich als Vierter in der Klasse SP10 gewertet.

Audi R8 und Mercedes SLS AMG im Zeichen der Nürburg.

Am Sonntagmittag hatten sich zwei Audi R8 LMS ultra vom Team Phoenix und von Mamerow Motorsport an der Spitze etabliert und warteten sehnsüchtig auf die Zielflagge. Dass auch kurz vor Rennende noch viel passieren kann, mussten Heyer/Schneider/Arnold/Margaritis erleben, deren Mercedes SLS GT3 eine halbe Stunde vor Rennende ausfiel. Den dritten Rang erbte zunächst der Wochenspiegel-Porsche aus dem Manthey-Team, der wie die anderen Wagen des Teams durch kleinere Zwischenfälle zurückgefallen war. Er wurde dicht gefolgt vom Mercedes SLS GT3 der Fahrerpaarung Christiaan Frankenhout, Andreas Simonsen, Pierre Kaffer und Lance David Arnold. Am Beginn der letzten Runde blieb der Manthey-Porsche auf der Start- und Zielgeraden jedoch ohne Treibstoff liegen und wurde zudem noch von einem unachtsamen Konkurrenten am Heck getroffen. Nur wenige Sekunden später überquerte Marc Basseng im Phoenix-Audi die Ziellinie und bescherte den Ingolstädtern, nach mehreren Klassensiegen den lang erhofften Gesamtsieg im 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Neben Basseng standen Christopher Haase, Frank Stippler und Markus Winkelhock ganz oben auf dem Treppchen. Der Audi-Triumph wurde durch Chris Mamerow, Christian Abt, Michael Ammermüller und Armin Hahne komplettiert, die den Mamerow-Audi auf Rang zwei fuhren.

Bonk Motorsport blieb von weiteren Überraschungen verschont. Nach 24:02:42.513 Stunden und 139 Runden hießen die Sieger in der GT 4-Klasse Mario Merten, Wolf Silvester, Emin Akata und Damien Flack.

 

Die Bonk-Corvette verlor rund vier Stunden bei einem Getriebeschaden.

Auch die anderen drei Bonk-Fahrzeuge erreichten das Ziel. Die Corvette mit Tobias Guttroff, Jens Richter, Peter Bonk und Joachim Kiech wurde Sechste in der Klasse SP8. Bei den beiden BMWs in der Klasse SP3 erreichten Michael Holz, Peter Bonk, Andreas Schwarz und Christian Sporenberg als Zehnte das Ziel. Direkt dahinter kamen Jürgen Meyer, Toshiya Ito, Guy Stewart und Axel Burghardt auf Rang elf ins Ziel. Mit allen Autos im Ziel und dem Klassensieg in der SP10 war es somit ein sehr erfolgreiches Rennen für Bonk Motorsport.

Die insgesamt 235 000 Zuschauer erlebten an diesem Wochenende ein ausgesprochen spannendes Rennen mit mehr als 30 Führungswechseln an der Spitze des Feldes, so dass zahlreiche Stimmen gleich nach dem Fallen der Zielflagge von einer sehr gelungenen 40. Ausgabe dieses Langstreckenklassikers sprachen.

Von diesem Erfolg wird auch die Langstreckenmeisterschaft profitieren, wenn sie am 23.Juni 2012 zum vierten der zehn Läufe auf den Nürburgring zurückkehrt. Dann werden Mario Merten, Wolf Silvester und Emin Akata wieder auf die Jagd nach Klassensiegen gehen. Spannender als der weitere Saisonverlauf ist für Hauptfeldwebel Merten aber die Frage, wie es beruflich mit ihm weitergeht. Wie viele andere Soldaten wartet er auf die Personalentscheidungen, die aufgrund der Umgliederung der Bundeswehr erforderlich werden.

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