Silber bestätigt den AufwärtstrendDie Medaillenerwartung des Bundestrainers erfüllten Oberfeldwebel Karina Winter Hauptgefreiter Elena Richter und Lisa Unruh in der Mannschaftswertung und knüpften an die Erfolge der Jahre 2007 und 2009 an, als die deutschen Damenteams jeweils Silber gewannen.
„Ohne Medaille wäre es eine Riesenenttäuschung“, sagte Oliver Haidn vor dem Viertelfinale, in dem das deutsche Damenteam auf Russland traf. „Die Damen sind vom Papier her besser, doch die 24 Pfeile müssen erst noch geschossen werden.“ „Die Motivation war wieder voll da“, freute sich später Karina Winter. „Die Weltmeisterschaft ist der Höhepunkt der Hallensaison. Jedes internationale Turnier bringt uns dem Ziel Olympia näher.“ Den 232:231-Viertelfinalsieg über die Russinnen bezeichnete die Berliner Sportsoldatin als den „Befreiungsschlag“, dem das deutsche Damentrio mit dem 225:221 über die Polinnen den Einzug ins Goldfinale folgen ließ. „Wir haben uns in der internationalen Weltspitze einen Namen gemacht“, so Karina Winter, die die Chancen gegen das Team aus der Ukraine realistisch einschätzte. „Wir werden uns auf 230 Ringe steigern müssen, um eine Chance zu haben.“
Für den guten Namen hatte besonders Winter selbst im Spätsommer gesorgt. Bei den Weltmeisterschaften im Freien in der olympischen Recurvedisziplin war sie in Antalya voran gegangen – mit einem beherzten Marsch durch die Finalrunde bis ins Halbfinale vorgedrungen. Dabei trotzte Winter nicht nur den Konkurrentinnen, sondern auch dem böigen Wind in Belek. Der war so stark, dass die Weltklasseschützinnen über 70 Meter teilweise sogar die Scheiben komplett verfehlten. Ihre gewachsene Reife demonstrierte sie indem sie die Nerven bewahrte und in den kurzen Windpausen die Taktik des Bundestrainer konsequent umsetzte: Schnell den Bogen ausziehen, Ziel kurz anvisieren und möglichst schnell auslösen – denn die nächste Böe konnte jederzeit wieder aufkommen.
Im Finale der Hallen-WM von Nimes war den Ukrainerinnen, den Gegnern der Deutschen im Finale, die Sorge um die Entwicklung in ihrer Heimat anzusehen. Veronika Marschenko unterstrich die schwierige Situation, in der das Team gefordert sei, „sich anzustrengen und zu gewinnen“. Trotz aller Probleme hatten sich die ukrainischen Profisportler in Kiew gut vorbereitet und stellten ihre Leistungsstärke in den Teamwettbewerben eindrucksvoll unter Beweis. Das deutsche Damenteam hatte von Beginn an keine Siegchance und verlor mit 220:233.
Herren knapp an Medaille vorbei
Bundestrainer Oliver Haidn hatte bei den Männern vom erfahrenen Hauptgefreiten Rafael Poppenborg mehr erwartet, der scheiterte in der ersten Finalrunde an RyanTyack glatt mit 0:6. „Es war wichtig, dass er das Finale erreicht hat, doch als 30. der Qualifikation war die Ausgangsposition für das Finale sehr schlecht. Er hätte mehr bringen müssen.“
Nach der verpassten Einzelmedaille lagen die Hoffnungen der drei deutschen Männer auf der Mannschaftskonkurrenz, die nach Rang vier in der Qualifikation mit einem Auftaktsieg gegen Russland in der Finalrunde verheißungsvoll begann. An den konzentrierten 234:232-Erfolg konnte das deutsche Männertrio im Halbfinale gegen die Ukrainer nicht anknüpfen und verlor gegen die späteren Weltmeister klar mit 225:236. Im kleinen Finale gegen die Niederlande unterlagen die deutschen Herren im entscheidenden Shoot-Off mit 30:29.
Chance für Talente
Bundestrainer Haidn wusste die deutschen Erfolge bei der Weltmeisterschaft richtig einzuordnen: „Medaillen sind für uns alle wichtig.“ Er stellte die Erfahrungen für die Talente – Höhepunkt aus nationaler Sicht war das rein deutsche Finale zwischen Maximilian Weckmüller und Carlo Schmitz, das Weckmüller gewann – in den Vordergrund. „Die Hallenweltmeisterschaft gibt uns Orientierung, doch die Europameisterschaften im Freien sind unser Hauptziel.“ Der Bundestrainer kündigte für September 2014 eine Sichtung aller Athleten „unabhängig vom Alter“ an, um den Kader für die Jahre 2015 und 2016 zu bilden. „Wir wollen ein Maß an Sicherheit vermitteln und den Talenten die Möglichkeit geben, relativ druckfrei reinzuwachsen.“ Seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren sieht er mit zahlreichen „Top-Ten“-Platzierungen im Jahr 2013 eine positive Entwicklung. „Veränderungen brauchen Zeit, aber wir sind als Team gut zusammen gewachsen und marschieren vorwärts.“
Harald Strier