Bei den Einzel-Weltmeisterschaften in Suzhou (China) hat es für den Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) nicht zu Edelmetall gereicht. Timo Boll, Patrick Franziska im Herren-Einzel sowie das Mixed Petrissa Solja/Steffen Mengel waren nah dran, schieden allerdings im Viertelfinale aus.
Es war absolutes Weltklasse-Tischtennis, das Timo Boll und Fan Zhendong den 5.500 Zuschauern im ausverkauften International Expo Centre im Viertelfinale der Weltmeisterschaften von Suzhou boten. Die überwiegend chinesischen Zuschauer waren derart begeistert, dass sie sogar in die „Ti-mo, Ti-mo“-Anfeuerungsrufe der wenigen deutschen Fans in der Halle einstimmten. „Es war ein Spiel mit Wahnsinnsballwechseln – ein Jahrhundertspiel, egal ob man Fan von Timo oder von Fan Zhendong ist“, brachte es Michael Geiger auf den Punkt, Präsident des Deutschen Tischtennis-Bundes. Allein, es reichte nicht für den Rekord-Europameister. Am Ende einer Partie auf Augenhöhe mit beeindruckenden Rallyes, in der sich beide Athleten kaum eine Schwächephase leisteten, triumphierte der 18-jährige Fan Zhendong in sechs Sätzen. „Fan Zhendong ist ein saustarker Spieler. Ich habe starke Bälle gespielt, auf die er eine noch bessere Antwort hatte. Da musste ich manchmal selbst staunen und den Punkt auch einfach mal abnicken“, lobte Boll. „Es war ein großartiges Spiel, das riesen Spaß gemacht hat. Ich habe sogar die chinesischen Zuschauer auf meine Seite gezogen, und das bei einem Spiel in China gegen einen Chinesen. Das macht mich stolz, denn das bedeutet, dass ich in meiner Karriere wohl nicht viel falsch gemacht habe.“
Franziska: „Ich soll genießen, dass ich im Viertelfinale gestanden habe“
Auch Patrick Franziska gelang der Griff nach der Medaille nicht. Der 22-jährige Überraschungs-Viertelfinalist, der zuvor unter anderem den Weltranglisten-Zehnten Marcos Freitas (Portugal) ausgeschaltet hatte, unterlag dem späteren Vize-Weltmeister Fang Bo (China) mit 1:4. So dicht vor einer Medaille war der wie Boll gebürtige Hesse zwar etwas enttäuscht, aber auch stolz auf das Erreichte. Das hatte ihm auch Bundestrainer Jörg Roßkopf vermittelt: „Rossi war zufrieden mit mir. Er hat mir nach dem Spiel gesagt, ich solle mich nicht zu sehr ärgern und zu hart mit mir ins Gericht gehen, sondern genießen, dass ich hier im Viertelfinale gestanden habe“, sagte der Düsseldorfer. Die drei anderen deutschen Starter kamen nicht über die zweite Runde hinaus. Enttäuschend verlief die WM für den Weltranglisten-Sechsten Dimitrij Ovtcharov, der sich in Runde zwei dem Koreaner Lee Sangsu geschlagen geben musste.
Keine Medaille für das „Legendary Pair“
Seinen ersten Weltmeistertitel im Einzel sicherte sich Ma Long (China) durch einen 4:2-Finalerfolg über Landsmann Fang Bo. Damit besiegte Ma Long den Fluch als vermeintlich bester Spieler auf der Welt noch nie einen der ganz großen Einzel-Titel gewonnen zu haben. An der Seite von Timo Boll im Doppel-Wettbewerb blieb dem 26-jährigen Chinese der doppelte WM-Titel verwehrt. Das gemischtnationale Duo, als „Legendary Pair“ getauft und bei der WM nur an Position 17 gesetzt, hatte Lospech und unterlag in der zweiten Runde den späteren Weltmeistern Zhang Jike und Xu Xin (China) in sechs Sätzen.
Deutsches Mixed verpasst Medaille nach Sieg über die an zwei Gesetzen
Das einzige deutsche Mixed im Turnier, Steffen Mengel/Petrissa Solja, verkaufte sich zu keiner Zeit unter Wert, war am Ende aber dennoch selbst enttäuscht. Noch im Achtelfinale hatten die beiden Sportsoldaten die an Position zwei gesetzten Hongkong-Chinesen Jiang Tianyi/Lee Ho Ching in fünf Sätzen ausgeschaltet. Zehneinhalb Stunden später markierten dann Xu Xin/Yang Haeun (China/korea) das Aus in der Runde mit Blick auf die Medaillen, dem Viertelfinale. Die Deutschen konnten in Satz eins Führungen von 7:3 und 10:8 nicht nutzen, auch den dritten Satz hielten sie lange offen. „Es ist schade: Wenn man schon mal so weit gekommen ist, will man auch eine Medaille, und wir hatten wirklich unsere Chancen“, sagte Solja. Die junge Deutsche, nach ihrem famosen zweiten Platz bei den German Open im März in Bremen auf Position 23 in der Weltrangliste geklettert, schied im Einzel früh aus. Die amtierende Deutsche Meisterin kassierte eine unerwartete Niederlage gegen die stark aufspielende Polin Katarzyna Grzybowska.
Ivancan erreicht das Achtelfinale
Zur besten Deutschen in Suzhou avancierte Abwehrspielerin Irene Ivancan vom Champions-League-Sieger Fenerbahce Istanbul, die das Achtelfinale erreichte und dort gegen die spätere Weltmeisterin Ding Ning (China) verlor. Die Niederlagen der Sportsoldatinnen Sabine Winter (Kolbermoor, zweite Runde) und Kristin Silbereisen (Berlin, erste Runde) gegen die Weltranglistenvierte Feng Tianwei beziehungsweise die starke Chinesin Mu Zi waren keine Überraschungen. WM-Debütantin Nina Mittelham konnte trotz großen Trainingsrückstands gegen Europas Topspielerin Elizabeta Samara aus Rumänien mehr als gut mithalten und hatte ihre Chancen in den sechs Sätzen. Beide Damen-Doppel schieden nach ansprechenden Leistungen gegen top eingespielte asiatische Favoritinnen aus, Kristin Silbereisen/Sabine Winter gegen Ai Fukuhara/Misako Wakamiya aus Japan mit 2:4, Nina Mittelham/Petrissa Solja gegen Chinas Beste, Ding Ning/Li Xiaoxia.
Positives WM-Fazit
„Alles in allem war es eine gute WM für uns“, bilanzierte Heike Ahlert, die DTTB-Vizepräsidentin Leistungssport. „Wir waren dreimal im Viertelfinale vertreten, außerdem einmal im Achtelfinale.“ Neben Boll und Franziska stand auch das einzige deutsche gemischte Doppel im Turnier, Steffen Mengel/Petrissa Solja, in der Runde der besten Acht. Abwehrass Irene Ivancan erzielte mit der Runde der besten 16 im Einzel das beste WM-Resultat ihrer Karriere.“ Die nächsten Einzel-Weltmeisterschaften finden 2017 in Düsseldorf statt. Im kommenden Jahr wird turnusmäßig wieder eine Mannschafts-WM gespielt. Austragungsort ist Kuala Lumpur.