WM Mailand: Vierfach goldener Glanz, aber auch so mancher Schicksalsschlag

WM_Kanu_MailandBis zum fünften A-Finale mussten die deutschen Fans am Samstag warten, dann erlöste sie der Titelverteidiger im C1 über 1000m Sebastian Brendel in einem Wimpernschlagfinale mit dem ersehnten Gold. Der Potsdamer gewann um 17 Tausendstelsekunden vor dem Tschechen Martin Fuksa und Serghei Tarnovschi aus Moldawien. „Ich war mir heute vor dem Start relativ unsicher, zumal der Wind für mich von der falschen Seite kam. Ich habe versucht an dem Tschechen, der schon eine Länge weg war, dranzubleiben und dann am Ende meine Chance zu suchen. Vielleicht ist Fuksa auch etwas nervös geworden als er sah, dass ich näherkomme. Im Fotofinish war dann das Glück auf meiner Seite. Ich freue mich riesig mit meiner Familie“, sagte der Champion und fügte hinzu: „Zum einen ist es natürlich ein super Erfolg, zum anderen aber wird nun der Druck noch größer. Damit muss ich leben.“

Für das zweite Gold des Tages sorgten die U23-Weltmeisterinnen Sabrina Hering (Hannover) und Hauptgefreiter Steffi Kriegerstein (SportFöGrp Bw Frankfurt/Oder) im K2-Finale der Damen über 1000 m. In dem souverän geführten Rennen verwiesen sie das weißrussische Boot Yurchanka/Grishina und die Ungarinnen Sarudi/Bodonyi auf die Plätze. Eine überglückliche Schlagfrau Sabrina Hering gestand nach dem Finale: „Ich habe heute Morgen gedacht, der dritte Platz könnte eventuell drin sein, mit Gold aber haben wir nie und nimmer gerechnet. Wir sind sehr, sehr zufrieden.“

Das Gold-Triple perfekt machten dann im vorletzten Rennen des Finalvormittags die Europameister im K2 über 1000m Max Rendschmidt (Essen) und Marcus Groß (Berlin). Sie hielten von Beginn an engen Kontakt zur Spitze des Feldes und setzten sich am Ende mit einer knappen Sekunde Vorsprung vor den Australiern Wallace/Tame durch, auf Rang drei kam das serbische Duo Tomicevic/Zoric. „Bei 250 Meter waren wir in der Spitze in etwa auf gleicher Höhe, da wusste ich, dass wir vorn mit dabei sein können“, meinte Schlagmann Max Rendschmidt. Marcus Groß ergänzte: „Es hat echt Spaß gemacht. Wir haben in diesem Jahr schon mehrfach gezeigt, was wir können. Von daher war ich mir fast sicher, dass wir mit vorn landen können. Dieser Erfolg motiviert ungemein, es ist ein guter Grundstein für das nächste Jahr.“ Unmittelbar nach der Siegerehrung setzte Marcus Groß dem goldenen Tag noch einen besonderen emotionalen Moment obendrauf. Mit der Goldmedaille um den Hals lief er mit den anderen vor die Tribüne, holte Eheringe aus der Tasche und macht seiner Freundin Kathi einen Heiratsantrag, den sie mit „Ja“ beschied.
Freude überwog auch bei den K2-Olympiasiegerinnen Franziska Weber (Potsdam) und Oberfeldwebel Tina Dietze (SportFöGrp Bw Frankfurt/Oder). Sie holten in einem harten 500 m-Endlauf hinter den souveränen Siegerinnen aus Ungarn Szabo/Kozak und nur knapp hinter dem Duo Starovic/Ruzicic-Benedek aus Serbien Bronze. Franziska Weber schätzte danach ein: „Wir wussten ja, dass die Weltspitze ganz eng beisammen ist. Bis auf ein, zwei Boote können da alle Finalisten in die Medaillenränge fahren. Unser Rennen war ganz ok. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn es zu Silber gereicht hätte. Aber wir sind zufrieden, das Wichtigste ist, dass wir den Quotenplatz geholt haben.“

Geplatzte Medaillenträume

Den Quotenplatz holten auch Max Hoff (Essen) im K1 über 1000m sowie Oberfeldwebel Ronald Rauhe und Hauptgefreiter Tom Liebscher (beide SportFöGrp Bw Frankfurt/Oder) im K2 über 200m, dennoch war bei allen drei die Enttäuschung nach ihren Finals groß. Max Hoff, in diesem Jahr über 1000m noch ungeschlagen, hatte ebenso eine Medaille im Visier wie die diesjährigen Europameister Rauhe/Liebscher. Im Finale hatte der Essener jedoch Mühe, dem hohen Anfangstempo seiner Hauptkonkurrenten zu folgen. Er startete auf den letzten 250 Metern zwar wie so oft seine Aufholjagd, doch es reichte nicht mehr, um in die Medaillenränge zu fahren. Den WM-Titel gewann Rene Holten Poulsen (DEN) vor Josef Dostal (CZE) und Fernando Pimenta (POR). Max Hoff kam auf Rang vier und zeigte sich nach dem Rennen dementsprechend enttäuscht: „Ich wollte auf den ersten 500 Metern mit den anderen mitfahren, aber es ging nicht. Die waren einfach besser, da brauche ich gar nicht nach irgendwelchen Ausreden zu suchen. Meine Enttäuschung ist schon ziemlich groß.“

Sprachlos quittierten zunächst auch Ronald Rauhe und Tom Liebscher ihr Finale, das eine besondere Vorgeschichte hatte. Das eigentliche Finale, in dem Rauhe/Liebscher in Medaillenreichweite waren, wurde wegen Fehlstarts nicht gewertet, das entsprechende Signal hatte das Starterfeld nicht gehört. Fünfzig Minuten später wurde das Rennen wiederholt – es gewann das ungarische Duo Totka/Molnar vor den Olympiasiegern Postrygay/Dyachenko aus Russland und den Serben Grujic/Novakovic. Für Rauhe/Liebscher blieb Rang sechs, immerhin der ersehnte Quotenplatz. Als erster fand Tom Liebscher die Worte wieder: „Da hat man nun die letzten drei Jahre hart gearbeitet und dann so was. Das darf bei einer Weltmeisterschaft nicht passieren, da muss sich die Jury echt Gedanken machen. Der Quotenplatz war unser Minimalziel, wenn der Flöten gegangen wäre, ich glaube, dann hätte ich erstmal eine Pause gebraucht.“
Auch Chefbundestrainer Reiner Kießler äußerte nach dem Ausgang im Sprint-Zweier der Herren, „ich bin schon etwas niedergeschlagen“. DKV-Präsident Thomas Konietzko sah das Abschneiden der deutschen Boote unterm Strich dennoch positiv: „Wir sind zurück. In wichtigen Rennen haben wir Gold geholt und wir sind im Plan bei den Quotenplätzen. Aber wir müssen wir auch ganz persönliche Enttäuschungen verkraften“, so tue insbesondere das Abschneiden von Max Hoff und Rauhe/Liebscher auch ihm persönlich weh, meinte der Präsident.

In weiteren Entscheidungen des ersten Finaltages blieb für den C2 über 500m mit Yul Oeltze (Magdeburg) und Stabsunteroffizier Ronald Verch (SportFöGrp Bw Frankfurt/Oder) Rang neun und in den B-Finals zu Beginn gleich am Morgen kamen Ophelia Preller und Annika Loske (beide Potsdam) im C2 der Damen über 500m auf Platz vier, Stefan Kiraj (Potsdam) belegte im C1 über 200m ebenso wie Hauptgefreiter Melanie Gebhardt (SportFöGrp Bw Frankfurt/Oder) im K1 der Damen über 500m Rang sechs.

Brendel erneut Langstrecken-König, außerdem zweimal Silber und dreimal Bronze
Sebastian Brendel (Potsdam) gelang mit seinem Sieg im Langstreckenrennen zum Abschluss der Rennsport-Weltmeisterschaften in Mailand das Kunststück, beide Titel der Vorjahres- WM von Moskau zu verteidigen. Der Potsdamer bewies einmal mehr, dass immer mit ihm zu rechnen ist. Auf der ersten Runde des 5000m-Kurses zunächst gemeinsam mit dem Ungarn Attila Vajda in Führung gegangen, lag er nach der ersten Wende jedoch schon relativ weit hinter der Spitze zurück: „Attila und ich haben die letzte Wendeboje übersehen, mussten dann stoppen und etwas zurückrühren, um die Wende noch regelkonform zu passieren. Da sind die anderen an uns vorbeigefahren. Ich hab’ mich dann durch die Wellen durchgekämpft und einen nach den anderen geholt“, kommentierte der 27-Jährige seine Aufholjagd, die im Ziel mit dem Sieg vor dem Spanier M. A. Campos und dem Polen M. Kaminski endete. „Für mich war es ein richtig gutes Wochenende“, so das Fazit des doppelten Champions. Zufrieden zeigte sich auch Max Hoff (Essen) nach seinem 5000m-Rennen, bei dem er einmal mehr im Schlusssprint dem Australier Kenny Wallace den Vortritt lassen musste: „Es war ein gutes Rennen. Kenny ist halt eine harte Nuss, die man erstmal knacken muss. Ihn zu schlagen ist nicht leicht“, anerkannte der Essener.

Zuvor gab es in den A-Finals mit deutscher Beteiligung zunächst gleich dreimal Bronze hintereinander: Zuerst holten sich die Vizeweltmeister des Vorjahres Robert Nuck und Stefan Holtz (beide Leipzig) mit Platz drei hinter den Booten aus Russland und Weißrussland die Medaille, ihnen folgten die 1000m-Weltmeisterinnen von gestern Sabrina Hering (Hannover) und Hauptgefreiter Steffi Kriegerstein (SportFöGrp Bw Frankfurt/Oder), die hinter der Konkurrenz aus Weißrussland und Ungarn ins Ziel kamen, und schließlich paddelte auch der K4 der Damen über 500m mit Franziska Weber, Stabsunteroffizier Conny Waßmuth (SportFöGrp Bw Frankfurt/Oder), Stabsunteroffizier FA Verena Hantl (SportFöGrp Bw Bruchsal) und Oberfeldwebel Tina Dietze (SportFöGrp Bw Frankfurt/Oder) auf den letzten Metern noch an Polen vorbei hinter Weißrussland und Ungarn auf den Bronzerang.

Noch einen drauf setzte wenig später im K1 über 500m der Weltmeister von 2013 Tom Liebscher (Dresden). Er musste lediglich dem 1000m-Weltmeister vom Vortag Rene Holten Poulsen (DEN) den Vortritt lassen und sicherte sich vor dem Russen Roman Anoshkin die Silbermedaille.
Eine Medaille im Visier hatten auch Peter Kretschmer (Leipzig) und Michael Müller (Magdeburg) im C2 über 1000m. Sie konnten nach ordentlichem Beginn auf der zweiten Streckenhälfte den Anschluss an die Spitze nicht halten und fielen am Ende auf Rang sieben zurück. Damit war die erhoffte Medaille, leider aber auch der Quotenplatz für Rio verfehlt worden und muss nun im kommenden Jahr bei der Kontinentalqualifikation erkämpft werden.
Nicht für eine Medaille gereicht hat es auch für Champion Sebastian Brendel (Potsdam) im C1 über 500m, wo er auf Rang acht fuhr, sowie für den K2 der Herren über 500m mit dem Hauptgefreiten Lukas Reuschenbach (SportFöGrp Bw Köln) und Kostja Stroinski (Berlin), die Platz sieben belegten. Zu Beginn des letzten Finaltages wurde in den B-Finals bereits der K4 der Herren für ein erneut couragiertes Rennen mit dem Sieg belohnt, Sabine Volz (Karlsruhe) sprintete im K1 auf Platz vier und sicherte dem DKV damit noch den Quotenplatz im K1 über 200m und im C1 über 200m kam Cathrin Dürr (Karlsruhe) auf Rang acht.

Chefbundestrainer Reiner Kießler bemerkte als Fazit der WM, bei der die Rennkanuten insgesamt viermal Gold, zweimal Silber und viermal Bronze erkämpfte, „Insgesamt sind wir eigentlich ganz gut weggekommen. Viele Nationen teilen sich hier die Medaillen und die Quotenplätze für Rio waren äußerst hart umkämpft. Ein Wermutstropfen für uns ist, dass wir den Quotenplatz im C2 nicht geholt haben. Ihn und den im C1 über 200m zu erkämpfen wird nächstes Jahr ganz wichtig sein“, so der Chefcoach. DKV-Präsident Thomas Konietzko unterstrich: „Für uns war es eine ordentliche, wenngleich keine herausragende WM. Wir haben nicht alles erreicht, was wir uns vorgenommen hatten. Dennoch habe ich in den meisten Disziplinen den Eindruck, es geht aufwärts. Im Vergleich zum Vorjahr war das hier jedenfalls eine deutliche Leistungssteigerung. Daran müssen wir anknüpfen. Ich bin sicher, dass wir im kommenden Jahr ein starkes Team nach Rio schicken können.“

Text und Foto: DKV

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