Erzgebirgsmädel im Geschwindigkeitsrausch

Shooting-Star auf schmalen Kufen. Aileen Frisch liebäugelt für die Winterolympiade Pyeongchang 2018 „insgeheim“ mit Edelmetall.

Aileen Frisch ist Rennrodlerin, eine von Deutschlands Allerbesten. Mit 11 Jahren eigentlich recht spät die aerodynamische Rückenlage des Rennschlittens bezogen, eilt die jetzt 21-jährige seit 2010 von Sieg zu Sieg. Ihr größter Junioren-Erfolg war 2012 die WM-Goldmedaille, der der WM-Sieg bei der U23-WM folgte. Auch bei den Damen sorgte die Newcomerin bereits für Furore und belegte bei der Rennrodel-WM 2013 mit Rang fünf im Weltklassement auf Anhieb eine der heiß begehrten Top-Ten-Platzierungen. Jetzt blickt die Geschwindigkeitsfaszinierte weit nach vorn, liebäugelt 2018 mit einer Olympiamedaille im koreanischen Pyeongchang. Sicherlich kein unrealistischer Wunsch, den das tempoaffine Erzgebirgsmädel aus Sachsens Rodelhochburg Altenberg da hegt.

Mit bis zu 130 Stundenkilometern ist sie unterwegs, ohne Bremse und immer bergab, atemberaubend scharfe Kurvenlagen inklusive: Aileen Frisch – ihr Nachname ist Programm – liebt es, wenn die frische, teils doch recht eisige Luft um ihre Nasenregion flattert. Umso heftiger, desto schneller ist sie dann im Eiskanal unterwegs. Deshalb ist die Bob- und Rennrodelbahn Altenberg wie ihr zweites Zuhause. Altenberg, das ist im Erzgebirge, ein pittoreskes Begstädtchen mit Weltklassetradition, wenn es um den Bob-, Skeleton- und Rennrodelsport geht. Eiskanalrodeln ist sei eine echte Rennsportart, sagt Aileen, die von den Athleten höchste Konzentration abverlangt. So entscheiden hier auch 1/1.000-Sekunden über Sieg und Niederlage, wie man in der kalten Hauptsaison im Fernsehen bei den TV-Übertragungen der rasanten Wintersportart immer wieder live in Altenberg oder am Bildschirm mit verfolgen kann.

Erfolgsrezept Aileen Frisch. Perfekte Rückenlage und gute Fehlerantizipation in den Kurven.
Erfolgsrezept Aileen Frisch. Perfekte Rückenlage und gute Fehlerantizipation in den Kurven.

Tausendstel-Jagd: Präzision und psycho-physische Coolness
Die perfekte Fahrt gebe es allerdings nicht, so Aileen Frisch, denn Fahrfehler machen nahezu alle ihrer Konkurrentinnen. So gewinne immer die Rivalin, die auf ihre Fehler am besten reagieren könne. Schlimme Fahrfehler sind sogar lebensgefährlich, wie man 2010 bei den Olympischen Winterspielen im kanadischen Vancouver leidvoll miterleben musste. Da wurde der georgische Rennrodler Nodar Kumaritaschwilli in der „Thunderbird-Kurve“, der letzten von insgesamt 16 Serpentinen, wegen eines gravierenden Fahrfehlers mit gut 144 Stundenkilometern aus dem Rennschlitten katapultiert und verunglückte beim Aufprall an einem Stahlträger so schwer, dass er noch mitten im Auslauf des Eiskanals verstarb.

Aileen Frisch weiß das natürlich, ist selber schon mehrfach und öfters als ihre Trainingskamerden gestürzt, baut aber dennoch vertrauensvoll auf ihren mittlerweile großen Erfahrungsschatz als Profiathletin. Pech könne jeder haben, meint sie, aber der gute koordinative Trainingsaufbau schütze doch sehr gut vor wirklich schlimmen Verletzungen, wie die deutsche Ausnahmesportlerin innerlich robust konstatiert. Bei der Jagd um tausendstel Sekunden, geht es neben hoher Präzision vor allem aber auch um physische wie psychische Lockerheit.

Dass bei ihr Training und Wettkampferfolg zu einer Einheit verschmelzen, hat die Sportsoldatin der Bundeswehr-Sportfördergruppe im sächsischen Frankenberg nun schon mehrfach nachhaltig unter Beweis gestellt. Im Jahr 2010 ließ die talentierte Nachwuchsathletin erstmals so richtig aufhorchen, als sie zum ersten Mal Deutsche Junioren-Meisterin wurde. Doch dies war nur der Auftakt zu weiteren Meriten, dem bald internationales Gold folgte.

In der Wintersportsaison 2011/2012 trumpfte Aileen Frisch dann endgültig auch im Weltmaßstab auf und drang unnachgiebig in die absolute Junioren-Weltspitze vor, wo sie zunächst den Europameisterschafts-Thron bestiegt, dann zur Gesamtsiegerin des Junioren-Weltcups arrivierte und sich schließlich bei der Junioren-WM abschließend auch noch die Goldkrone aufsetzte. Und auch bei den Damen gelang ihr Einstieg nahezu märchenhaft. Mittlerweile A-Kader-Athletin und Mitglied der deutschen Nationalmannschaft, feierte Aileen Frisch 2013 ihren bislang größten Triumph, als sie sich den fünften Platz bei den Damen-Weltmeisterschaften im kanadischen Whistler erstritt und sich damit katapultartige in der Creme de la Creme der weltweiten Top-Ten-Elite beschleunigte.

 Covergirl: Aileen Frisch ist nicht nur pfeilschnell sondern auf fotografisch gut in der Spur.
Covergirl: Aileen Frisch ist nicht nur pfeilschnell sondern auf fotografisch gut in der Spur.

Weltklasse-Duo lockte in den Eiskanal
Trotz ihrer großen Erfolge ist die ambitionierte Nachwuchsrodlerin erst verhältnismäßig in den tempogeladenen Wintersport vorgedrungen. „Mir war schon früh klar, dass Rennrodeln für mich mehr als ein Hobby ist“, schildert Aileen Frisch auf ihrer Homepage. Das war 2003, als Aileen bereits elf Jahre alt war. Im Vergleich zu so mancher Konkurrentin gelang ihr Start damit fünf bis sechs Jahre verspätet. Doch dem gesunden Ehrgeiz des jungen Rennrodeltalents schadete dies keineswegs. Das Gegenteil sei der Fall gewesen, denn so war sie hoch motiviert den Vorsprung der anderen durch viel Trainingsfleiß und unbeugsame Disziplin aufzuholen. Das Aha-Erlebnis Rennrodeln fand bei ihrer Einschulung ins Gymnasium statt. Ihren Schülerausweis habe sie im Wintersportzentrum Altenberg direkt aus den Händen des Weltklasse-Rodel-Duos Sebastian Schmidt und André Forker überreicht bekommen. Dabei durfte die Gymnasialaspirantin auch gleich mal die Startanlage runterfahren, was wie eine Initialzündung wirkte.

Ambitioniert: Pyeongchang 2018 im Visier
„Ich fand das so cool, dass ich kurz darauf zum Probetraining gegangen bin“, freut sich Aileen Frisch noch heute. Ihre Erfolgsbilanz verdankt die Spitzensportlerin vor allem ihrem jahrelangen Training bei SSV Altenberg. Motiviert wurde sie auch durch die großen Erfolge ihrer Vorbilder wie Silke Otto und Silke Kraushaar, die damals zur Weltspitze zählten. Später kamen Anke Wischnewski, Natalie Geisenberger oder Tatjana Hüfner hinzu, die sie heute als hautnahe Teamkameradinnen, aber vor allem als Konkurrentinnen schätzt. Jene will sie bald sportlich einholen, gibt Aileen Frisch selbstbewusst zu verstehen. So will die noch junge Athletin bald noch deutlich erfolgreicher an ihre Juniorenerfolge anknüpfen und sich zusehends in der Weltspitze des Rennrodelsports etablieren. Ihr Traumziele sind natürlich der Weltmeisterschaftstitel und das Olympiagold. Für die Winterspiele 2018 im koreanischen Pyeongchang ist sie bereits fest eingeplant.

Text: Volker Schubert
Fotos: bsd/Privat

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