EM Luftdruckwaffen in Ungarn – Nur Sportsoldatin Jolyn Beer erreicht das Finale

Als die olympischen Wettbewerbe bei der Europameisterschaft im ungarischen Györ beendet waren, gab es im deutschen Lager lange Gesichter. Von einer Medaille waren die Frauen und Männer in den olympischen Entscheidungen weit entfernt. Nur eine Sportlerin, Jolyn Beer, schaffte es überhaupt ins Finale. Am Schlusstag besserten die beiden Pistolenteams in den nichtolympischen Mannschaftswettbewerben die Bilanz noch etwas auf.
Der Erfolg und damit die Leistungssteigerung war nach dem Vorkampf erkennbar. „Bei meiner zweiten Luftdruck-EM bin ich zum ersten Mal ins Finale eingezogen“, betonte Hauptgefreiter Jolyn Beer. Wie der Vorkampf begann das Finale mit einem Problem. Der erste Schuss landete in der 8,5. „Damit hatte sie im Grund keine Chance mehr“, meinte Bundestrainer Claus-Dieter Roth. Beer selbst ärgerte sich. „Ich hätte den Schuss absetzen müssen, das lerne ich vor allem aus diesem Finale.“ Beinahe hätte es trotz des Patzers zu Beginn doch noch gereicht, sich zumindest um ein paar Ränge weiter nach oben zu schieben, doch mit 121,0 Ringen musste die Sportsoldatin als Erste im Finale den Platz auf den Stühlen bei den Trainern einnehmen und wurde Achte.
Bei den anderen beiden deutschen Frauen herrschte nach dem Vorkampf Enttäuschung, sogar Traurigkeit vor. Julia Simon, die ihre erste EM-Teilnahme im Alter von 26 Jahren mit der eindrucksvollen Empfehlung von 634 Ringen in der Ausscheidung klar gemacht hatte, brauchte einen Moment, um eine Erklärung für ihren Wettkampf zu finden. „Ich habe von Anfang an nicht reingefunden. Schon in der Probe war das Gefühl nicht da, ich bin völlig verkrampft“, meinte sie etwas verzweifelt nach Platz 41 mit 620,6 Ringen.
Fassungslosigkeit, Trauer, Bitterkeit – wie es in Isabella Straub nach diesem Wettkampf aussah, konnte man von außen sehen. „Bis nach 55 Schuss war alles gut“, sagte denn auch C.D. Roth. Sie lag klar auf Finalkurs. Doch dann begann diese kleine, aber entscheidende Serie: 9,9 mit Schuss 56, 9,5 mit 57, 9,6 mit 59 und 10,0 mit 59 – in einem Wettkampf, dessen Feld mehr als eine 10,4 im Schnitt für die Finalteilnahme erzielt, bedeutete dies den tiefen Fall auf Rang 14. Aus, vorbei, und das Drama der kleinen Bayerin nahm seinen Lauf.
Es herrschte allenthalben Frust. Nicht die Tatsache, dass alle drei Luftgewehr-Männer das Finale im Einzel verpasst hatten, sorgte für die Unzufriedenheit, es war mehr der Ärger über die vergebene Chance. Denn das Finaleingangsniveau lag bei gerade 626,1 Ringen. „Das hätten alle unsere drei Schützen drauf gehabt, das haben sie vorab bewiesen“, meinte enttäuscht Bundestrainer Claus-Dieter Roth.

Doch seine drei international erfahrenen Männer präsentierten sich zu wechselhaft. Maximilian Dallinger etwa begann stark mit 104,4 und sogar 105,9 Ringen, um dann die dritte Serie, beginnend mit einer 9,5, mit lediglich 101,5 Ringen abzuschließen. Oder Julian Justus: Der Olympiateilnehmer startete mit 103,6 und 102,8 Ringen – da war für ihn der Wettkampf trotz einer Steigerung praktisch beendet. André Link, der zweite Olympiateilnehmer des deutschen Trios, schoss zwar schnell und war nach 39 Minuten mit seinen 60 Schüssen fertig, doch nur in zwei Serien lag er auf Finalniveau.
Das Mixedergebnis am vorletzten Tag passte zu den vorherigen Ergebnissen. Die Deutschen schossen gut, sie lagen lange Zeit auf Finaltuchfühlung, doch am Ende fehlten beiden Teams etwa zwei Ringe. Isabella Straub und Maximilian Dallinger landeten auf Rang neun mit 833,2 Ringen, Julia Simon und Julian Justus auf Rang 13 mit 832,3 Ringen. „Diese Ergebnisse waren in dieser Größenordnung zu erwarten, wir brauchen uns nicht zu verstecken“, meinte Dallinger stellvertretend für alle vier Schützen.
Und auch mit den beiden Mannschaften hieß es: Nah dran, gute Leistung gezeigt, aber am Ende mit leeren Händen dastehend. Beide Teams drangen ins Viertelfinale vor, das ist ohne Frage ein Erfolg. Die Männer unterlagen dort jedoch dem späteren Sieger Russland, besetzt mit dem Gold- und Silbermedaillengewinnern Wladimir Maslennikow und Alexander Driagin sowie dem Olympiazweiten Sergej Kamenskij, mit 625,3: 628,7, die Frauen mussten sich Dänemark mit der neuen Einzeleuropameisterin Stine Nielsen und später Silbergewinner, mit 616,6:621,8 geschlagen geben.
Für den Mixedwettbewerb, erstmals in Györ mit dem ernsthaften Hintergrund der olympischen Zugehörigkeit durchgeführt, ergeben sich viele neue taktische, technische und psychologische Überlegungen. „Du hast das Bewusstsein, dass neben dir einer steht, der mit dir kämpft und dem du vertraust. Das ist beruhigend“, empfand es Hauptfeldwebel Sandra Reitz, nachdem sie zusammen mit Michael Schwald mit 767 Ringen den neunten Platz belegt hatte. Das zweite Duo, Hauptfeldwebel Monika Karsch und Philipp Käfer, kam mit 762 Ringen auf Platz 13.
Machten die Leistungen im Mixed Mut, gab es am nächsten Vormittag nur betretene Gesichter. Karsch, Reitz und Hauptgefreiter Carina Wimmer hatten ihre Negativgeschichten zu verdauen. Richtig unglücklich begann ausgerechnet für den Neuling bei einer EM, Carina Wimmer, der Wettkampf, eigentlich sogar die Vorbereitung. Bei der obligatorischen Waffenkontrolle brach ihr Maßgriff. Statt mit einem auf ihre Hand exakt angepassten Modell zu schießen, musste sie sich in der Not bei den anwesenden Firmenvertretern mit einem Griff „von der Stange“ bedienen. Vor diesem Hintergrund waren 565 Ringe und Platz 24 ein erfreuliches Resultat.
Eine große Portion Pech, aber auch eine verpatzte Phase kosteten Monika Karsch die zum Greifen nahe Finalteilnahme. „Und dann beginnt sie Serie zwei mit einer Neun, dachte davor, es ist alles super, und dann war mit einem Mal alles weg“, analysierte ihr Mann Thomas hinter ihr, der bayerische Landestrainer.
Das bestätigte sich, es folgten zwei weitere Treffer in die Neun und zusätzlich zwei Schüsse in die Acht. „Durch diese fünf Schüsse war alles andere umsonst“, meinte Monika Karsch später. 571 Ringe standen am Ende, exakt Finaleingangsniveau, aber die dreifache bulgarische Olympiasiegerin Maria Grozdewa kam auf das gleiche Resultat und wurde Achte, während Karsch mit gleichem Resultat aufgrund drei Innenzehnern weniger Elfte wurde und natürlich enttäuscht war.
Auch Sandra Reitz war enttäuscht. Noch am Vortag hatte sie mit 98 Ringen ausgeschossen, an diese Leistung kam sie in keiner der sechs Serien mehr heran. Trotzdem lag die Regensburgerin lange Zeit auf Finalkurs, bis sie sich in Serie fünf mit 92 Ringen der Chancen beraubte. Sie hätte zum Schluss schon eine 100 auf die Scheibe zaubern müssen, vergab mit ihren letzten fünf Schüssen jedoch fünf Ringe und verließ nach 567 Ringen und Platz 15 enttäuscht den Stand.

Nach der Männerentscheidung brodelte es in dem äußerlich ruhigen Bundestrainer Jan-Erik Aeply gewaltig. „Ich muss aufpassen, was ich sage, sonst bricht hier die Halle zusammen“, meinte er nach der Enttäuschung mit den Plätzen 39, 49 und 56 für Michael Schwald, Philipp Käfer und Matthias Holderried mit mindestens zehn Ringen hinter dem Finaleingangsniveau. „Denen, die hier waren, kann ich keinen Vorwurf machen, sie haben die Ausscheidung geschossen und sich hier bemüht.“
Nach diesen Enttäuschungen kamen die beiden Medaillen in den Mannschaftswettbewerben umso überraschender. Die Frauen zeigten gemeinsam ihre Stärke. Im Halbfinale rangen sie sogar Serbien nieder, besetzt mit der neuen EM-Zweiten Zorana Arunovic und der EM-Dritten Bobana Momcilovic Velickovic. Erst im Finale mussten sie sich den starken Russinnen mit 12:22 beugen.
Noch überraschender war der Bronzegewinn der Männer, im Einzel noch weit abgeschlagen. Das Trio qualifizierte sich über jeweils 30 Schüsse zunächst mit guten Resultaten für das Viertelfinale. In der Direktausscheidung bezwangen die Drei zunächst Weißrussland. Im Halbfinale unterlag das Trio Serbien hauchdünn mit 14:16, bevor es sich im Kampf um Bronze in einem hochspanenden Match mit 22:20 gegen den klaren Favoriten Russland durchsetzte.

Erfolge gab es im Nachwuchsbereich. Anna Janshen aus Kevelaer gewann bei den Juniorinnen Luftgewehr-Gold im Einzel und mit der Mannschaft zusammen mit Lisa-Marie Haunerdinger und Larissa Weindorf. Die Luftpistolen-Juniorenmannschaft mit Jonathan Mader, Robin Walter und Paul Fröhlich sicherte sich im Mannschaftswettbewerb durch das 22:20 über Weißrussland Bronze.

Text und Fotos: Harald Strier

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