In der Weltspitze etabliert – Soldaten in der DAV Nationalmannschaft Skibergsteigen sorgen sportlich für Furore

Weltmeister, Europameister und Gesamtweltcupsieger – über diese und viele andere Titel durften sich die deutschen Skibergsteiger in den letzten Jahren freuen. Mittlerweile gehört das kleine aber schlagkräftige deutsche Team zur Weltspitze. Die Leistungsträger der DAV Nationalmannschaft Skibergsteigen sind die „Ramsauer Rakete“, Anton Palzer von der DAV Sektion Berchtesgaden und das 80 Kilogramm Muskelpaket von der DAV-Sektion Rosenheim, Seppi Rottmoser.

Der bullige Rosenheimer, Seppi Rottmoser, lehrt die Konkurrenz mit seinen explosiven Antritten in der Disziplin Sprint immer wieder das Fürchten. „Ich mag den Sprint einfach! In jedem Durchgang musst du drei Minuten lang voll am Limit laufen. Da ist alles drin, was das Skibergsteigen ausmacht. Schwierige Abfahrten, technisches Geschick, Tragepassagen mit Ski am Rucksack und Spitzkehren“, beschreibt der 25-jährige Landschaftsbaumeister aus Rosenheimer „seine“ Disziplin.

Schmächtig und fast schon lausbubenhaft wirkt im Unterschied zu Rottmoser der 60 Kilogramm leichte Anton Palzer. Das sportliche Ausnahmetalent aus den Berchtesgadener Bergen gehört seit Jahren zur internationalen Elite der Skibergsteiger – und das mit 21 Jahren. Unzählige Weltcuperfolge sowie Welt- und Europameistertitel in den Jugendklassen und bei den Espoirs (U23) zieren seine sportliche Vita. „Im nächsten Schritt will ich mich jetzt bei den Herren etablieren. Mein Ziel ist aber ganz klar: Ich will irgendwann Weltmeister werden und den Gesamtweltcup gewinnen“, blickt er in die Zukunft.

Neben den beiden sportlichen Aushängeschildern der deutschen Skibergsteiger-Szene war es im letzten Winter der junge Toni Lautenbacher von der DAV Sektion Bad Tölz, der spätestens bei der Weltmeisterschaft in Verbier mit seinen Leistungen auf sich aufmerksam gemacht hat.

„Unser kleines aber schlagkräftiges Team hat sich seit einigen Jahren fest in der Weltspitze etabliert. Wir vom DAV unterstützen die besten deutschen Skibergsteiger, damit wir auch in den nächsten Jahren ganz vorne mitmischen können“, stellt der Ressortleiter Leistungssport des DAV, Matthias Keller, fest.

Viele der jungen deutschen Skibergsteiger sind oder waren bei der Bundeswehr. Neben Toni Lautenbacher ist Cornelius Unger Soldat im Gebirgsjägerbataillon 231 in Bad Reichenhall und nutzt dort die idealen Trainingsbedingungen im Berchtesgadener Land. Dort leistete auch Seppi Rottmoser für mehrere Monate seinen Dienst. Toni Palzer hat einen Platz in der Sportfördergruppe in Bischofswiesen. „Die Bundeswehr bietet mir ideale Trainingsmöglichkeiten. Das ist die Voraussetzung, dass ich ganz vorne mitlaufen kann“, erklärt Palzer. Mittlerweile sind in der Weltspitze nur noch die Athleten  konkurrenzfähig, die unter professionellen Bedingungen – quasi als Profi – trainieren können. Für einige der deutschen Skibergsteiger bietet die Bundeswehr diese Rahmenbedingungen.

Das Skibergsteigen hat sich mit den Anforderungen an Mensch und Material zu einer der komplexesten Wintersportarten entwickelt. Neben der fulminanten Entwicklung des Materials (Leichtbauwiese von Ski und Stiefeln), sind es die technischen Anforderungen an die Athleten im Aufstieg und in der Abfahrt sowie die körperlichen Grenzbelastungen, die die Sportart ausmachen. Und all das wird bei den meisten Rennen im Hochgebirge bei Kälte, Wind und Wetter abgefragt. Kein Sport für Weicheier also. Die Wurzeln der Sportart liegen im militärischen Bereich: Die allerersten Wettkämpfe wurden in den 1920er Jahren als Wettkämpfe zwischen Militärpatrouillen im Hochgebirge ausgetragen. Dieser militärische Patrouillenlauf war sogar zwischen 1924 und 1948 vier Mal Teil des Olympischen Programms.

In Deutschland ist das Berchtesgadener Land die Kaderschmiede des Skibergsteigens. Schon seit Generationen kommen die leistungsstärksten und erfolgreichsten Sportler aus der idyllischen Bergwelt rund um den Watzmann. „Die Trainingsbedingungen sind natürlich nicht so gut wie in Italien, oder in der Schweiz. Aber a bissal was geht scho“, gibt der gebürtige Ramsauer Palzer schmunzelnd zu. Am Jenner findet alljährlich das größte deutsche Skitourenrennen, der Jennerstier, statt. Die anspruchsvolle Wettkampfstrecke erfüllt alle Kriterien für ein spannendes Rennen. Vor allem die berühmt-berüchtigte Abfahrt durch den engen und steilen Spinnergraben sorgt Jahr für Jahr wieder für mulmige Gefühle bei den Skibergsteigern.

Im Weltcup gehen die deutschen Athleten in drei Disziplinen an den Start. Beim Vertical geht es „nur“ bergauf ohne Abfahrt. Die Wettkämpfe sind zwischen 600 und 800 Höhenmeter lang.

Das „Individual“ ist Skibergsteigen in seiner reinsten Form: lange Aufstiege, steile Abfahrten und schwierige Tragepassagen – in denen die Ski am Rucksack befestigt werden müssen – fordern den Sportlern alles ab. Das Rennen dauert – je nach Höhenprofil – ca. 90 Minuten.

Für die Zuschauer ist der „Sprint“ die spektakulärste Disziplin. Zu Beginn gibt es einen Ausscheidungswettbewerb, bei dem alle Athleten nacheinander auf die Strecke gehen und „gegen die Uhr laufen“. Die besten 30 qualifizieren sich für die Finalläufe. 80 bis 100 Höhenmeter müssen die Skibergsteiger auf einem eng gesteckten Kurs mit Spitzkehren, Tragepassagen und rasanten Abfahrten hinter sich bringen. Die Besonderheit ist, dass die Athleten ab dem Viertelfinale gegeneinander – insgesamt zu sechst, ähnlich dem Ski-Cross – antreten. Spannende Positionskämpfe und Überholmanöver sind dabei vorprogrammiert. Die Renndauer pro Durchgang beträgt je nach Strecke um die drei Minuten.

Einige große alpine Rennen sind mittlerweile im „Long Distance World Cup“ zusammengefasst. Diese Klassiker oder „Grandes Courses“ haben eine lange Tradition und sind deshalb in der Szene sehr wichtig. Beispiele dafür sind die Patrouille des Glaciers (SUI), die Mezzalama (ITA) und die Pierra Menta (FRA). Sie werden jeweils als Teamrennen ausgetragen: Die Sportler müssen zum Teil angeseilt in Zweier- oder Dreierteams die anspruchsvollen Strecken bis an die Viertausendmetergrenze bewältigen.

Weitere Informationen zur DAV Nationalmannschaft gibt es unter http://www.alpenverein.de/Wettkampf/Skitouren/ und bei Facebook unter https://www.facebook.com/GermanSkimountaineeringTeam.

Die Europameisterschaft findet vom 5. bis 7. Februar 2016 im Schweizer Salvan/Les Marécottes statt.

Beim Jennerstier im Berchtesgadener Land kämpfen die Skibergsteiger am 27. Februar 2016 um die Deutsche Meisterschaft.

Text:    Johannes Schmid

Fotos:  Willi Seebacher; Andres Beregovich; Marco Kost

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